[46] Kirchengesetze, die von den Organen der Kirchengewalt zur Ordnung kirchlicher Angelegenheiten erlassenen Normen. Die kirchliche Gesetzgebungsgewalt ist eine zwar selbständige und ursprüngliche, aber im Verhältnis zur Staatsgesetzgebung untergeordnete Rechtsquelle. Kirchliche Rechtssätze sind, wie die Statuten aller andern im Staat existierenden Gesellschaften, nur insoweit rechtsgültig, als sie nicht mit Staatsgesetzen in Widerspruch stehen. Allerdings schrieb und schreibt sich noch heute die römisch-katholische Kirche ein ebenso allseitiges wie rechtlich unbeschränktes Gesetzgebungsrecht zu; zeitweise hat sie sich auch vermöge ihrer sozialen Mittel in ihren Kreisen die allgemeine Anerkennung dieses Rechts errungen und in der Form von Konzilbeschlüssen, päpstlichen Bullen etc. eine reiche, weit über das kirchliche Gebiet hinausgehende gesetzgeberische Tätigkeit entfaltet; dem modernen Staat gegenüber vermag sie mit diesem ihrem Anspruch nicht mehr durchzudringen. Die evangelische Kirche hat diesen Anspruch nie erhoben, und hätte ihn schon wegen ihres organisatorischen Zusammenhanges mit dem Staate nicht durchsetzen können. Eine eigentliche[46] Kirchengesetzgebung ist hier überhaupt und nur erst insoweit vorhanden, seitdem und insofern sich mit der Ausrichtung einer Synodalverfassung die organisatorische Auseinandersetzung von Staat und evangelischer Kirche vollzogen hat (vgl. Kirchenordnungen). Als K. im engern Sinne bezeichnet man dann nach Analogie des Staatsrechts nur die vom Landesherrn unter Zustimmung der Landessynode erlassenen Kirchenordnungen. Vgl. Kahl, Lehrsystem des Kirchenrechts und der Kirchenpolitik (Bd. 1, Freiburg 1894); Friedberg, Das geltende Verfassungsrecht der evangelischen Landeskirchen in Deutschland und Österreich (Leipz. 1883).