Kunstgenossenschaften

[812] Kunstgenossenschaften (Künstlergenossenschaften), Vereinigungen von bildenden Künstlern, die zur gemeinschaftlichen Vertretung ihrer Interessen, zu gegenseitiger Unterstützung und zur Förderung und Regelung des Ausstellungswesens gegründet sind. Die älteste dieser Vereinigungen in Deutschland ist der seit 1841 bestehende Verein Berliner Künstler. Auf Berlin folgten Düsseldorf (1856), Frankfurt a. M. (1857), Leipzig (1858), München (1860, Künstlergenossenschaft), Wien (1861, Genossenschaft bildender Künstler), Stuttgart (1862), Dresden (1867) und Zürich (1873). Neben diesen größern Künstlervereinigungen bestehen auch in fast allen Städten Deutschlands, in denen Kunstakademien oder Kunstschulen vorhanden sind oder ein reges Kunstleben herrscht, kleinere Vereine von Künstlern, die vornehmlich die künstlerischen Interessen in ihrer Umgebung zu fördern bestrebt sind. 1856 traten die Künstler Deutschlands zu einer Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft zusammen, deren Zweck die Wahrung und Förderung aller gemeinsamen Interessen der deutschen Kunst und der deutschen Künstler ist. Die Allgemeine deutsche Kunstgenossenschaft setzt sich aus den Mitgliedern der Lokalgenossenschaften zusammen, die gegenwärtig in 22 deutschen Städten (Wien eingerechnet) bestehen. Der Vorort der Deutschen Kunstgenossenschaft wechselt aller 3 Jahre unter den 6 größten Lokalgenossenschaften. Der Lokalvorstand ist dann zugleich Hauptvorstand der Deutschen Kunstgenossenschaft. 1867 wurde in Berlin auch ein Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen begründet. – In dem Vereinsleben der Künstler entstand 1892 eine Spaltung, indem in München 107 Mitglieder wegen Meinungsverschiedenheiten über die zukünftige Gestaltung der Jahresausstellungen im Glaspalast und auch aus andern rein künstlerischen Gründen aus der Kunstgenossenschaft austraten und den Verein bildender Künstler Münchens, kurzweg Sezession genannt, gründeten. Von 1893–96 veranstalteten sie Ausstellungen in einem eignen Gebäude und, nachdem dieses abgebrochen worden, seit 1898 im königlichen Kunstausstellungsgebäude. Nach diesem Vorgang bildeten sich von gleichen Bestrebungen geleitete sezessionistische Vereinigungen in Dresden (1893), Karlsruhe (1896), Berlin (1899) u. a. O., von denen besonders die in Berlin eine größere Bedeutung erlangt hat und jährlich Ausstellungen im eignen Hause veranstaltet. Im Frühjahr 1904 traten die sezessionistischen Vereinigungen aus der Deutschen Kunstgenossenschaft aus und gründeten in Weimar unter dem Namen Der deutsche Künstlerbund einen eignen Verband, der alle Mitglieder dieser Vereinigungen[812] umfaßt. Er veranstaltete im Sommer 1904 seine erste Ausstellung in München gemeinschaftlich mit der dortigen Sezession. – Über ganz Deutschland verbreitet ist auch der Verband deutscher Illustratoren, der seit 1898 jährlich Ausstellungen veranstaltet. – Seit dem Anfang der 1890er Jahre sind neben diesen größern Künstlervereinigungen in allen Kunststädten zahlreiche kleinere, meist zu Ausstellungszwecken gegründete entstanden, deren Mehrzahl aber nur von kurzer Dauer gewesen ist. In Berlin besteht zurzeit (1905) noch die 1898 gegründete Vereinigung Jagd und Sport, die jährlich Ausstellungen veranstaltet, in München die 1896 gegründete »Luitpold-Gruppe«, die sich von der Kunstgenossenschaft abgesondert hat, aber mit dieser ihre Ausstellungen im Glaspalast unter eigner Jury und in eignen Räumen veranstaltet. – In Frankreich sind die größten K. die Société des artistes français und die Société nationale des beaux-arts, die sich 1890 von jener abgetrennt hat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 812-813.
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