Landesverschönerung

[103] Landesverschönerung, das Bestreben, durch Gärten, Parke und sonstige Anpflanzungen auf die Verschönerung eines Landes in solcher Weise einzuwirken, daß es schließlich als ein einziger großer Garten erscheint. Derartige Bestrebungen herrschten seit Jahrtausenden in China, in neuer Zeit in England, wo Addison und Pope in ihren Gärten die freie Natur nachzuahmen suchten, nachdem schon Bacon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. einen Garten angelegt hatte, der nur ein Teil der Landschaft sein sollte. Dieser fruchtbare Gedanke ist aber in der Folge in England wenig beachtet worden; jeder der zahlreichen Gärten und Parke wirkt nur für sich, es fehlt das einheitliche Prinzip, der gleiche Geist, der alle Anlagen durchwehen und ihren Eigentümlichkeiten in einer harmonischen Verbindung Rechnung tragen sollte. In Deutschland brachte v. Sckell den freien Gartenstil in dem Englischen Garten in München zur Anwendung; aber mit Bewußtsein verfolgte die Idee der L. vor allen der Fürst Pückler-Muskau (s. d.), der in Muskau und noch mehr in Branitz die Umgebung mit seinem Park in Verbindung brachte und die ganze Gegend in einen Garten zu verwandeln suchte. Er kaufte einzeln stehende alte Eichen und zog diese wie die Wälder des Landes in den Plan seiner Anlagen hinein. In Weimar und Eisenach wirkte der Fürst in gleichem Sinn, zum Teil im Anschluß an die frühern ähnlichen Bemühungen Goethes und Karl Augusts. In Bayern waren in den 1820er Jahren mehrere Männer für die L. tätig, und Schuderoff in Ronneburg bei Altenburg versuchte nicht umsonst, den religiösen Geist des Volkes für die Idee empfänglich zu machen. Die Kunstrichtung Ludwigs 1. war aber diesen Bestrebungen wenig günstig, und so wurden viel bedeutendere Resultate in Norddeutschland erzielt, wo der 1821 gegründete Verein zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen bereits vorgearbeitet hatte, die durch Lenné begründete königliche Baumschule ein reiches Material lieferte und namentlich Friedrich Wilhelm IV. bei Potsdam die großartigsten Anlagen im Sinne der L. schuf. In den Provinzen Posen und Preußen entstanden um jene Zeit in vielen Städten Verschönerungsvereine, die ihre Tätigkeit auf die nächste Umgebung konzentrierten und viel mehr leisteten als die zahlreichen Gartenbauvereine in andern Teilen Deutschlands,[103] die meist sehr viel weniger versprechende Ziele verfolgen. Neuerdings hat die Idee der L. wieder mehr Freunde gefunden, und in vielen großen Städten sind zu ihrer Beförderung Gärtner angestellt worden. Vgl. Artikel »Gartenkunst« und K. C. F. Krause, Wissenschaft von der Landverschönerkunst (Leipz. 1883); Abel, Die Kunst in ihrer Anwendung auf den Grundbesitz (Wien 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 103-104.
Lizenz:
Faksimiles:
103 | 104
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika