Lelewel

[396] Lelewel, Joachim, poln. Geschichtsforscher, geb. 22. März 1786 in Warschau, gest. 29. Mai 1861 in Paris, aus einem alten preußischen Geschlecht v. Lölhöffel, studierte in Wilna, wurde 1814 als Dozent der allgemeinen Geschichte dorthin berufen, 1818 zum Professor und Bibliothekar an der Warschauer Universität ernannt, kehrte jedoch 1821 wieder als ordentlicher Professor nach Wilna zurück, wurde 1824 aus politischen Gründen seiner Stelle entsetzt und hielt sich dann in Warschau auf. Nach dem Ausbruch der Novemberrevolution 1830 als eine der populärsten Persönlichkeiten der Hauptstadt zum Mitgliede der Nationalregierung ernannt, unterhandelte er mit dem Großfürsten Konstantin wegen Zurückziehung der russischen Truppen, wurde jedoch wegen mangelnder Energie und Menschenkenntnis 1831 gestürzt. Nach der Unterdrückung des Aufstandes ging er nach Paris, 1833 nach Brüssel, wo er 28 Jahre lang im Estaminet de Varsovie in freiwilliger Armut lebte, bis er, acht Tage vor seinem Tode, von seinen Freunden nach Paris gebracht wurde. Ungewöhnliches Wissen, unermüdlicher Fleiß und makelloser Charakter sichern L. in der polnischen Literatur und Geschichte eine der hervorragendsten Stellen. Von dauerndem Wert sind seine »Numismatique du moyen-âge« (Par. 1836, 3 Bde.), die »Géographie des Arabes« (das. 1851, 2 Bde.) und »Géographie du moyen-âge« (Brüss. 1852–57, 4 Bde.). Seine polnischen Werke erschienen gesammelt mit einer Einleitung und der Selbstbiographie des Verfassers u. d. T.: »Polska« (Posen 1853–76, 20 Bde.). Die wichtigsten davon sind: »Abhandlung über den Chronisten Mateusz« (1811); »Geschichte Polens unter Stanislaus August« (1818; deutsch, Braunschw. 1831); »Polnische Geschichte« (1829), deren Abschluß: »Das wiedergeborne Polen«, erst 1836 in Brüssel erschien; »Geschichte Litauens und Rutheniens bis zur Lubliner Union« (1839; franz., Par. 1861); »Die Teilungen« (1844); »La Pologne an moyen-âge« (Pos. 1846–51, 3 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 396.
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