Lungenprobe

[852] Lungenprobe (Pneumobiomantik, Docimasia pulmonum hydrostatica), der zuerst von Schreyer in Zeitz 1682 mit der Lunge eines neugebornen Kindes angestellte Versuch, der aus dem Schwimmen oder Niedersinken der Lunge im Wasser dartun soll, ob das Kind nach der Geburt Luft geatmet hat oder nicht. Die Annahme, daß das Schwimmen der Lungen eines Neugebornen beweise, daß dieses nach der Geburt gelebt und geatmet habe, während das Untersinken der Lungen dartue, daß es bereits vor der Geburt gestorben sei, erleidet allerdings vereinzelte Ausnahmen: ein Kind kann nach der Geburt kurze Zeit leben, ohne zu atmen, wenn es noch durch den Nabelstrang mit dem mütterlichen Körper in Verbindung bleibt; anderseits aber kann ein Kind in einzelnen Fällen schon während der Geburt geatmet haben und vor deren Beendigung abgestorben sein. Auch können die Lungen unter gewissen Bedingungen selbst nach vorgängigem Atmen im Wasser untersinken, wenn sie z. B. durch ausgeschwitzte Stoffe ausgefüllt, hepatisiert, sind (wie bei angeborner Syphilis), anderseits, ohne durch Einatmen Luft aufgenommen zu haben, schwimmen und zwar durch eingeblasene Luft und durch Fäulnis, die in ihrem Gewebe Gase entwickelt. Muß demnach die L. als ein nicht in jedem Fall eindeutiges sicheres Verfahren anerkannt werden, so bleibt sie doch in der Hand eines erfahrenen Gerichtsarztes, der vorzeitige Atmung und angeborne Lungenentzündung mit dem Mikroskop, eingetretene Fäulnis aber mit bloßem Auge erkennen kann, von großer Wichtigkeit.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 852.
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