[256] Manutĭus (ital. Manuzio, Manuzzi und Manucci), 1) Aldus, der Ältere, geb. 1450 in Sermonetta bei Velletri in der Nähe Roms (daher auch Romanus genannt), gest. 6. Febr. 1515, studierte in Ferrara und in Rom, wirkte dann als Erzieher in fürstlichen Häusern, erlernte in Ferrara noch das Griechische und legte 1489 zur Hebung der humanistischen Studien in Venedig eine Druckerei an. Er selbst machte sich durch mehrere gelehrte Schriften über Gegenstände der hebräischen, griechischen und lateinischen Linguistik und Grammatik, die er in Latein verfaßte, einen Namen und unterhielt in seinem Haus eine gelehrte Gesellschaft: Neacademia (aus der später die Academia della Fama hervorging), welche die Textrevision der alten, bei ihm zum Druck gelangenden Autoren besorgte. In 28 sogen. Editiones principes erschienen bei ihm die ersten Drucke in griechischen Lettern (die ersten drei ohne Datum, ein solches trägt jedoch die griechische Grammatik von Laskaris, 28. Febr. 1494), im übrigen bediente er sich der Antiqua und der von ihm erfundenen und auf seine Veranlassung geschnittenen Kursivschrift. Seine unter dem Namen Aldinen geschätzten Ausgaben (über 130 Bde.), zu denen er vielfach Vorreden schrieb, zählen zu den schönsten Produkten der ältern Buchdruckerkunst. Er schrieb: »Dictionarium graecum« (1497); »Institutiones graeco-latinae« (15011508); »Grammaticae institutiones graecae« (1515); »De metris Horatianis« (1509).[256]
2) Paulus, Sohn des vorigen, geb. 12. Juni 1512, gest. 6. April 1574, übernahm 1533 in Venedig die inzwischen von Andrea d'Asola geleitete Druckerei seines Vaters und leitete seit 1561 den Druck der Kirchenväter in Rom. Aus der venezianischen Druckerei gingen 151574 etwa 635 Werke hervor. Er schrieb Kommentare zu Ciceros Schriften und »Epistolae selectae« (hrsg. von Fickelscherer, Leipz. 1892).
3) Aldus, der Jüngere, Sohn des vorigen, geb. 13. Febr. 1547, gest. 28. Okt. 1597 in Rom als Leiter dec Typographia Vaticana, war im Lehrfach der alten Sprachen an mehreren Orten Italiens und als Schriftsteller schon in frühester Jugend tätig, übernahm dann die väterliche Offizin in Venedig, die aber unter ihm, der mehr Gelehrter als Buchdrucker war, in Verfall geriet und bald einging, nachdem während eines Zeitraums von 100 Jahren über 900 meist vorzügliche Ausgaben griechischer, römischer und italienischer Klassiker aus ihren Pressen hervorgegangen waren. Vgl. Renouard, Annales de l'imprimerie des Aldes (3. Aufl., Par. 1834); Baschet, Aldo M., Lettres et documents 14951515 (Vened. 1867); Didot, Alde Manuce et l'hellénisme à Venise (Par. 1875); Schück, Aldus M. und seine Zeitgenossen (Berl. 1862); Frommann, Aufsätze zur Geschichte des Buchhandels im 16. Jahrhundert, Heft 2 (Jena 1881); Goldsmid, A bibliographical sketch of the Aldine Press at Venice (Edinb. 1887, 3 Bde.); Omont, Catalogues des livres grecs et latins, imprimés par Alde Manuce à Venise (Par. 1892). Ein Verzeichnis aller echten Aldinen gab Ebert in seinem »Bibliographischen Lexikon«, Bd. 1 (Leipz. 1821).