Näpfchensteine

[410] Näpfchensteine (Rillensteine, Grübchensteine, Opfersteine, Druidensteine, Hexenkessel), in der Schweiz Zeichen- oder Schalensteine, in Skandinavien Elfensteine, Elfenmühlen (dän. Elfkvarnar) oder Baldersteine, in Indien Mahadeo genannte anstehende Gesteine, erratische Blöcke, Menhirs, Dolmen-, Altar- oder Grabkammersteine, an deren Oberfläche sich muldenförmige, 5–30 cm breite Vertiefungen befinden, die zumeist von Menschenhand hergestellt sind, während andre auf die Wirkung des Wassers zurückgehen. Diese Vertiefungen treten bald einzeln oder in geringer Anzahl, bald in Mengen dicht nebeneinander auf, so daß sie die Gesteinsoberfläche vollständig bedecken; zuweilen sind sie kreisförmig geordnet und durch Rillen verbunden; seltener, wie z. B. auf dem Baldurstein bei Falköping (Schweden), sind die Gruben mit konzentrischen Ringen umzogen. In ihrer Verbreitung schließen sich die N. zunächst eng an die megalithischen Denkmäler an, doch hat man sie, unabhängig davon, eigentlich über die ganze Erde gefunden. Über Zweck und Bedeutung der Vertiefungen ist viel gemutmaßt worden, man hat in ihnen bald Sternkarten, bald eine Art von Schrift, dann wieder eine eigentümliche Dekoration oder eine bloße Spielerei gesehen; in den Augen des Volkes sind es bald Fingerabdrücke von Riesen und Kämpen, welche die Steine gegeneinander geschleudert haben, bald die Fingerabdrücke des Teufels selbst, der den Stein nach einer Kirche geworfen hat. In der Prähistorie neigt man heute vielfach zu der Ansicht, daß diese Vertiefungen den Ausdruck einer ganz bestimmten, vielleicht religiösen Idee darstellen, daß sie mit andern Worten die ältesten Zeugnisse für ein religiöses Gefühl seien. Noch heute legt das schwedische Landvolk Gaben für die Elfen in diese Vertiefungen; bekannt sind ähnliche Gebräuche auch bei Indianern. Häufig werden die Löcher zur Aufnahme von Blut und Fett geopferter Tiere bestimmt gewesen sein. Vgl. Opfersteine und Keller, Die Zeichen- oder Schalensteine der Schweiz (in den »Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft« zu Zürich, Bd. 17, 1870); Rau, Observations on cup-shaped and other lapidarian sculptures in the old world and in America (in »Contributions to North American Ethnology«, Bd. 5, Washingt. 1882); Désor, Les pierres à écuelles (Genf 1878).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 410.
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