Nestel

[533] Nestel (Senkel), dünner lederner Riemen oder Schnur, am Ende mit einer Art Nadel, Stift oder Beschlag zum Einsenken, Durchstecken oder Einschnüren versehen. Daran knüpft sich der Volksglaube vom Nestelknüpfen (Ligatura), der vorgeblichen Kunst, durch gewisse Manipulationen, namentlich Knüpfen von Knoten und Verschlingungen der Finger, allerlei Dinge, die den Fortgang eines Geschäfts, das Mahlen einer Mühle, namentlich aber geschlechtliche Beiwohnung und Entbindung zu verhindern (L. neonymphorum). Es ist ein uralter, weitverbreiteter Aberglaube, der schon im Mythus von Minos und Pasiphaë und von der eifersüchtigen Hera, welche die Geburt des Herakles auf diese Weise zu hindern sucht, vorkommt. In späterer Zeit war hauptsächlich nur von der Behinderung der Ehemänner durch diesen Zauber die Rede. Das Nestelknüpfen wurde schon vor Erlassung des Salischen Gesetzes für ein schweres Verbrechen erachtet und auf dem Konzil zu Regensburg mit der Strafe der Enthauptung bedroht. Über den Ursprung dieses Aberglaubens s. Knotenknüpfen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 533.
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