[790] Reliquĭen (lat.), im allgemeinen »Überreste« von berühmten Personen der Vorzeit oder Gegenstände, die mit ihnen in naher Berührung gestanden haben; in der katholischen Kirche Überbleibsel von Heiligen oder ihren Sachen, namentlich Gebeine, Kleidungsstücke, Geräte, Marterwerkzeuge der Heiligen. Zur Aufbewahrung (Gebeine in Seide gehüllt, oft in Goldfiligran gefaßt) dienen Holz-, Metall- und Glasschreine, Monstranzen, Medaillons u. dgl. (s. Reliquiarium). Die R. sollen verehrt werden, weil die Heiligen lebendige Glieder Christi und Tempel des Heiligen Geistes waren, die zum ewigen Leben verherrlicht sind, und Gott durch sie viele Wunder getan hat (Bestimmung des Tridentinischen Konzils). Die Reliquienverehrung geht in die ältesten Christenzeiten zurück, wo über den Gräbern der Märtyrer (nach Offenb. 6,9) Altäre und Kirchen errichtet wurden unter Beziehung ihres Martyrtodes auf den Opfertod Christi. Da im Mittelalter, besonders zur Zeit der Kreuzzüge, die R. vielfach Gegenstand sakrilegischen Handels wurden und der Eifer, sie zu besitzen, abergläubischem Wesen Vorschub leistete, so erließ das Laterankonzil 1215 über den Gebrauch der R. strenge Bestimmungen, die späterhin namentlich vom Tridentinum noch verschärft wurden. Jede Reliquie muß über ihre Identität und Integrität eine Urkunde mit Sigel (sogen. Authentik) haben, vom Papst approbiert und vom Bischof rekognosziert sein. Berühmte R. sind: die R. des Herrn, vornehmlich die in der Peterskirche aufbewahrten, die Aachener Heiligtümer, der heilige Rock in Trier, die Walpurgisgebeine in Eichstätt, Haupt und Blut des Januarius in Neapel u. a. Vgl. Thalhofer, Handbuch der katholischen Liturgik, Bd. 1 (2. Aufl., Freiburg 1894); Stückelberg, Geschichte der R. in der Schweiz (Zürich 1902); Lucius, Die Anfänge des Heiligenkults (Tübing. 1904).