Trier [1]

[709] Trier, vormaliges deutsches Erzstift und geistliches Kurfürstentum im kurrheinischen Kreis, umfaßte ein Areal von 8314 qkm (151 QM.) mit 280,000 meist kath. Einwohnern und teilte sich in das obere und niedere Stift, deren ersteres Trier, das andre Koblenz zur Hauptstadt hatte. Suffragane von T. waren die Bischöfe von Metz, Toul und Verdun und seit 1777 die neukrëierten von St.-Dié und Nancy. Der Erzbischof und geistliche Kurfürst stand unter den Kurfürsten an zweiter Stelle. Die jährlichen Einkünfte beliefen sich im 18. Jahrh. auf 1/2 Mill. Taler. Das Wappen war ein gevierter Schild mit einem roten Kreuz im silbernen Feld und einem weißen Lamme mit einem Fähnlein auf einem Hügel im roten Feld. Außer in der Stadt T. residierten die Erzbischöfe häufig im nahen Pfalzel, in Ehrenbreitstein und der darunter liegenden Philippoburg und seit 1786 in Koblenz. In Trier soll nach der Legende im 1. Jahrh. ein Bistum gestiftet worden sein; indessen ist erst um 314 ein Bischof Agritius nachzuweisen. Bei Maximin (332–349) fand Athanasius Zuflucht. Erst unter Hetti (814–847) erscheint T. als Erzbistum mit Metropolitangewalt über das Bistum Toul. Radbod (883–915) erlangte zuerst Grafenrechte. Robert (930–956) nahm als Inhaber des ältesten Kirchensitzes das Recht in Anspruch, Otto I. zu krönen; doch erkannte T. 1315 den Vorrang Kölns in dieser Hinsicht an. Heinrich I. (956–964) erhielt vom Papst Johann XII. das Pallium, Theoderich I. 969 von Johann XIII. den Primat in Gallien und Germanien. Das unter Diether III. von Nassau (1300–1307) arg verschuldete Erzstift nahm einen bedeutenden Aufschwung unter Balduin von Luxemburg (1307 bis 1354, s. d.), dem Bruder König Heinrichs VII. Er erwarb 1314 die an sich bedeutungslose Würde eines Erzkanzlers für Gallien und Arelat (d. h. Burgund), erweiterte die Besitzungen des Stiftes und begründete einen Territorialstaat. Dann aber verschlechterte sich die Lage des Erzstiftes infolge zwiespältiger Wahlen und zahlreicher Kriege, daß die Stände, um eine weitere Verschuldung des Landes zu verhüten, sich 1456 zu einer Union vereinigten und so den Erzbischof durch eine Wahlkapitulation von sich abhängig machten. Unter Richard von Greiffenklau (1511–31) begann die öffentliche Verehrung des heiligen Rockes. Der Reformation trat Richard entgegen. Johann VI. von der Leyen (1556–67) nahm die Jesuiten auf, für die sein Nachfolger Jakob III. von Elz (bis 1581) ein Kollegium in Koblenz errichtete, und denen Johann VII. (1581 bis 1599) auch den Unterricht in den Schulen der Stadt T. überwies. Zur Bildung der Geistlichen stiftete er 1585 Seminare in Trier und Koblenz. Erzbischof Philipp Christoph von Sötern (1623–52),[709] infolge seiner Hinneigung zu Frankreich dem Kaiser verhaßt, wurde 1635 von den Spaniern festgenommen und bis 1645 in Wien gefangen gehalten. Unter Karl Kaspar von der Leyen (1652–76) verzichtete die Abtei St. Maximin 1669 auf ihre Reichsfreiheit. Der letzte Erzbischof (1768–1802) von T. war Clemens Wenzeslaus (s. d., Bd. 4, S. 189), der auch die Bistümer Freising, Augsburg und Regensburg besaß. Er erließ zugunsten der Evangelischen 1782 ein Toleranzedikt. Während des ersten Koalitionskrieges hatte das Land viel von den Einfällen der Franzosen zu leiden; 1794 floh der Erzbischof. Als er im Frieden von Lüneville 1801 seine linksrheinischen Besitzungen an Frankreich verloren hatte, dankte er 1802 ab. Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 wurde der rechtsrheinische Teil des Erzstiftes zugunsten von Nassau-Weilburg säkularisiert. Schon 10. April 1802 war ein neues Bistum T. für das französische Saardepartement gebildet und dem Erzstift Mecheln unterstellt worden. 1814 fielen die kurtrierschen Lande wieder an Deutschland, worauf sie bis auf wenige Bezirke, wie St. Wendel (das an Koburg und erst 1834 an Preußen kam), Birkenfeld (oldenburgisch) und Meisenheim (bis 1866 zu Hessen-Homburg gehörig, jetzt auch preußisch), mit Preußen vereinigt wurden. Der preußische Anteil gehört gegenwärtig zu den Regierungsbezirken T. und Koblenz. 1821 wurde das Bistum T. gegründet und dem Erzbischof von Köln unterstellt. Die Diözese umfaßt seitdem wieder dieselben Gebiete wie vorher und ist nur auf dem linken Rheinufer geschmälert. Der Bischof Wilhelm Arnoldi (1842–64, s. Arnoldi 2) gab 1844 großen Anstoß durch die neue Ausstellung des Heiligen Rockes (s. d.). Nach dem Tode des Bischofs Eberhard (30. Mai 1876) blieb das Bistum während des Kulturkampfes unbesetzt; erst 1881 wurde der Bischof Korum (s. d.) ernannt, der 1891 wieder eine Ausstellung des heiligen Rockes veranstaltete. Vgl. Hontheim, Historia Trevirensis diplomatica (Augsb. 1750, 3 Bde.) und Prodromus historiae Trevirensis (das. 1757, 2 Bde.); »Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien« (hrsg. von Beyer, Eltester und Görz, Kobl. 1860–74, 3 Bde.); Görz, Regesten der Erzbischöfe von T. von Hetti bis Johann II. (Trier 1859–61); Marx, Geschichte des Erzstifts T. (das. 1858–64, 5 Bde.); Ney, Die Reformation in T. 1529 und ihre Unterdrückung (Halle 1906 f.); »Trierisches Archiv« (hrsg. von Kentenich, Lager und Reimer, Trier 1898 ff., mit Ergänzungsheften).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 709-710.
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