Renaudot

[798] Renaudot (spr. rönodō), Théophraste, Frankreichs erster Journalist, geb. 1586 in Loudun in der Grafschaft Poitou, gest. 25. Okt. 1653, war mit 18 Jahren Arzt und erwarb sich großen Ruf. 1624 von Richelieu nach Paris gezogen, wurde er mit der Leitung des Armenwesens für das ganze Königreich betraut, gründete 1630 ein Bureau für Arbeitsnachweis und Auskunft erteilung und richtete dann in seinem Hans eine Poliklinik ein, wo er den niedern Klassen freie Behandlung und Arznei gewährte. 1631 gründete er ein Zeitungsunternehmen, die »Gazette de France«, die in den Straßen ausgeboten wurde und[798] reißenden Absatz fand. Mit Recht gilt daher R. als Begründer des modernen französischen Zeitungswesens. Seine hauptsächlichsten Mitarbeiter waren Richelieu, dessen verschlagener Gehilfe, der Kapuziner François Leclerc du Tremblay, und Ludwig XIII. Die Redaktion besorgten R. und seine beiden Söhne Isaak und Eusebius. 1637 schuf R. das erste Leihhaus (Mont de Piété), dem er später ein Verkaufshaus (Hôtel des Ventes) zugesellte. Hieraus gingen die öffentlichen Versteigerungen hervor, deren Mittelpunkt in Paris heute das Hôtel Drouot ist. Inzwischen gelang es den Feinden Renaudots, ihm seine sämtlichen Unternehmungen zu verbieten; es blieb ihm nur die Zeitung, in der er die Politik Mazarins, des Nachfolgers Richelieus, vertrat. 1646 wurde er zum Geschichtschreiber Ludwigs XIV. ernannt. In seiner Vaterstadt ward ihm 1893 ein Denkmal errichtet. Vgl. Bonnefont, Un oublié: Théophraste R., créateur de la presse (Limoges 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 798-799.
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