Rottweil

[190] Rottweil, Oberamtsstadt im württembergischen Schwarzwaldkreis, am Neckar, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Plochingen-Villingen und R.-Immendingen, 598–640 m ü. M., hat eine evangelische und 3 kath. Kirchen (darunter die schöne gotische Stadtpfarrkirche zum heiligen Kreuz), Synagoge, Rathaus, Gymnasium u. Realschule, ein niederes kath. Konvikt, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Sammlung von Altertümern, ein Landgericht, 2 Forstämter, eine Handels- und Gewerbekammer, Reichsbanknebenstelle, Eisenbahnreparaturwerkstätte, Fabrikation von Schaumwein, Teigwaren, Korsetts und Leder, Baumwollweberei, Emaillierwerk, Pulverfabrik (400 Arbeiter), Fruchtweinkelterei, Bierbrauerei, große Getreide- und Viehmärkte und (1905) 9008 meist kath. Einwohner.

Wappen von Rottweil.
Wappen von Rottweil.

Zu R. gehören: die Saline Wilhelmshall, das Dorf Altstadt-R. mit einer alten byzantinischen Kirche und die 1221 gestiftete, ehemals reichsfreie, 1838 aufgehobene Cistercienser-Nonnenabtei Rottenmünster, jetzt Irrenanstalt. Merkwürdig sind die in der Nähe befindlichen, noch sichtbaren Trümmer einer römischen Stadt. Zum Landgerichtsbezirk R. gehören die 8 Amtsgerichte in Balingen, Freudenstadt, Horb, Oberndorf, R., Spaichingen, Sulz und Tuttlingen. Die Stadt R., in der Karolingerzeit ein Kammergut mit königlicher Pfalz, wurde später Reichsstadt, schloß sich 1331 dem Schwäbischen Städtebund an und erwarb 1401 auch das Schultheißenamt. Sie lag mit den Württembergern, besonders mit Herzog Eberhard, dauernd im Kampf und trat 1463 und noch einmal 1519 in den Schweizerbund ein. In der Reformationszeit fand die evangelische Lehre auch in R. Eingang, allein 1529 mußten 400 evangelische Bürger flüchten. 1632 unterwarf sich R. dem Herzog von Württemberg. Am 19. Nov. 1643 wurde sie von dem französisch-weimarischen Korps Guébriants, bald darauf wieder von den Kaiserlichen erobert. Bis 1784 bestand hier ein kaiserliches Hofgericht, in dessen erblichem Besitz sich die Grafen von Sulz befanden. Noch jetzt erinnert der steinerne Stuhl des Hofrichters im Garten des Waisenhauses an dieses Gericht. Als R. 1803 seine Reichsfreiheit verlor, hatte es 220 qkm (4 QM.) Gebiet und 11,000 Einw. Im Sommer 1842 ward ein großer Teil der Stadt durch Feuer zerstört. Vgl. Ruckgaber, Geschichte der Stadt R. (Rottweil 1835, 3 Bde.); Greiner, Das ältere Recht der Reichsstadt R. (Stuttg. 1900); Kohler, Das Verfahren des Hofgerichts R. (Berl. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 190.
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