Slávata

[538] Slávata, Wilhelm, Graf von Chlum und Koschumberg, böhm. Staatsmann und Geschichtschreiber, geb. 1. Dez. 1572 in Böhmisch-Kosteletz, gest. 19. Jan. 1652 in Neuhaus, aus altböhmischem, schon im 12. Jahrh. nachweisbarem Geschlecht, studierte zunächst in Prag, ging 1592 zu längerm Aufenthalte nach Italien, und trat nach seiner Rückkehr in Neuhaus, wo er sich seit 1596 aufhielt, vom Utraquismus zum katholischen Glauben über. 1597 unternahm er größere Reisen nach Deutschland, Holland, England, Spanien und Frankreich. Zurückgekehrt, wurde er 1600 vom Kaiser Rudolf zum Hofmarschall ernannt und erwarb durch die Heirat (1602) mit Lucia Ottilie von Rosenberg-Neuhaus ein fürstliches Vermögen. Fortan stets in hohen Landesämtern tätig, war er 1618 einer der Statthalter, denen die protestantischen böhmischen Stände die Hauptschuld an den scharfen religiösen Verfügungen des Kaisers zuschrieben; deshalb wurde er 23. Mai mit Jaroslaw Graf Martinitz von den Aufständischen aus einem Fenster der Prager Burg hinuntergestürzt. Nach seiner Genesung begab er sich nach Bayern, während seine Güter von den Ständen eingezogen wurden. Nach dem Siege Ferdinands II. erhielt S. alle seine Güter und Würden zurück und wurde in den Grafenstand erhoben mit dem Vorrecht, im Landtag vor allen andern Grafen zu sitzen, 1628 wurde er zum obersten Kanzler von Böhmen, 1630 zum Palatin mit vielen Vorrechten ernannt. S. hinterließ handschriftlich 14 Bücher böhmischer Geschichte und Denkwürdigkeiten, meist in tschechischer Sprache, von denen[538] die Teile, welche die böhmische Geschichte von Kaiser Maximilian II. bis zur Schlacht am Weißen Berg umfassen, von J. Jireček (Prag 1857–68) herausgegeben wurden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 538-539.
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