Stātik des Landbaues

[865] Stātik des Landbaues, die Lehre vom Gleichgewicht der Entnahme und Zufuhr der Bodennährstoffe. Schon Thaer stellte für jede Pflanze einen Erschöpfungsgrad auf, der späterhin von Pabst u. a. durch den Stalldüngerbedarf der einzelnen Pflanzen ausgedrückt wurde. Liebig hat dann, um eine Erschöpfung der Felder hintanzuhalten, die Forderung aufgestellt, daß alle durch die Ernten dem Boden entzogenen Nährstoffe durch die Zufuhr von Nährstoffen im Dünger ersetzt werden müssen. In den seltensten Fällen wird jedoch der Ersatz im Gleichgewicht mit der Erschöpfung stehen; die Statik der Neuzeit legt daher das Schwergewicht nicht auf die Herstellung des Gleichgewichts, sondern auf die rationelle Verteilung des Düngers, damit der Boden für die nachkommende Pflanze in den entsprechendsten Zustand versetzt werde. Ob die durch die Pflanzenernten dem Boden entnommenen Aschenbestandteile vollständig ersetzt oder darüber hinaus vermehrt werden sollen, ist lediglich Sache der Rentabilität. Neben der Erhaltung des Bodennährstossvorrates auf einer entsprechenden Höhe ist auch ein günstiger physikalischer Zustand des Bodens zu erhalten. Der Ersatz erfolgt durch die Düngung, aber auch durch die Brachehaltung, welche die unzersetzten Gesteinstrümmer in Bodennährstoffe umwandelt, durch Herausholen von Bodennährstoffen aus tiefern Bodenschichten, durch Anbau tiefwurzelnder Pflanzen und durch Tiefkultur, durch Vermehrung des Viehstandes, durch Verwendung des Heues von Wiesen, durch Zukauf von Futter und Stroh von außen her und endlich durch Verwendung von Stallmist, Fäkalien und Kunstdünger, die außerhalb der Wirtschaft erworben wurden. Die statischen Berechnungen oder die Bilanz zwischen Erschöpfung und Ersatz leiden insgesamt an dem Fehler, daß die Erschöpfung durch die Ernten und der Ersatz durch die Düngung etc. nur nach Durchschnittsanalysen ermittelt werden können und die physikalischen Verhältnisse sich nicht ziffernmäßig festhalten lassen. Die Durchschnittsanalysen werden aber nur selten den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Die Ausstellung der Nährstoffbilanz kann sich auf alle Bodennährstoffe oder nur auf die am ehesten der Erschöpfung unterliegenden oder nur auf den in geringster Menge im Boden enthaltenen beziehen. In jedem Falle dienen derartige statische Berechnungen nur als Anhaltspunkte zur Überprüfung der Nährstoffbilanz von Wirtschaftsplänen, Ertragsanschlägen u. dgl. und zwar für die Zeit nach Ablauf der Wirtschaftsperiode. Die Statik der Neuzeitsucht die Verteilung des Düngers auf Grund des Düngerbedürfnisses der Pflanzen, die künftig angebaut werden sollen, zu ermitteln, und zwar mit Rücksichtnahme auf den im Boden vorhandenen Nährstoffvorrat und den im Minimum im Boden vorhandenen Nährstoff, dem Düngerbedürfnis des Bodens, somit nicht für einen abgelaufenen, sondern für einen kommenden Wirtschaftszeitraum. Die Behelfe zur Ausführung derartiger Berechnungen, bei denen der Zufuhr von notwendigen Stoffen im Stall- und Kunstdünger und sonstiger von außen kommender Zuflüsse als Gegenleistung gegenübergestellt werden, die Nährstoffmengen der ausgeführten Ernteprodukte, sind aber zurzeit kaum ausreichend, um mehr als nur ungefähre Winke zu bieten, ganz abgesehen davon, daß auch hier die Verwendung von Mittelzahlen für den Nährstoffgehalt von Dünger, Futter und Ernteprodukten selten zu vermeiden ist. Vgl. Krafft, Die Betriebslehre (7. Aufl., Berl. 1904); Drechsler, Die Statik des Landbaues (Götting. 1869); Heiden, Leitfaden der gesamten Düngerlehre und S. (3. Aufl. von Gräfe, Hannov. 1892). – In gleichem Sinne wie bei. der Landwirtschaft spricht man auch von forstlicher Statik (vgl. Forstrentabilitätslehre).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 865.
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