[839] Stall, Unterkunftsraum für die Haustiere. Der Viehstall muß so angelegt sein, daß den Tieren reine, gesunde Luft, Licht, ausreichender Raum, reine Ruhe- und Lagerplätze, Schutz gegen Witterung, Insekten etc. und genügende Wärme zukommen, überdies muß der Stall durch seine Einrichtung die Durchführung der Fütterung, Abwartung und Nutzung mit dem geringsten Arbeitsaufwand ermöglichen. Die Hauptfront des auf erhöhtem oder durch Drainierung trocken zu legendem Baugrund auszuführenden Stalles soll gegen Süden gerichtet sein; Nord- und Ostlage sind zu kalt und erstere überdies zu dunkel; Westlagen zu feucht und zu sehr dem Winde und den Insekten ausgesetzt. Die Stallmauern sind aus haltbarem, luftdurchlässigem, wärmehaltendem Material, am besten aus Mauerziegeln, herzustellen. Bruchsteine sind feucht und kalt, Holz nicht dauerhaft. Die auf hölzernen, steinernen oder eisernen Säulen ruhenden Stalldecken sind desgleichen aus luftdurchlässigem Material, am geeignetsten aus auf Eisenbahnschienen gewölbten Ziegeln ohne Kalkverputz auszuführen, um die Lufterneuerung zu erleichtern, welchem Zweck auch die Ventilationsvorrichtungen (Dunstschläuche und Luftkanäle) und Fenster dienen. Letztere, am besten aus wagerecht drehbaren Eisenrahmen mit mattem oder mit Kalk bestrichenem Glase hergestellt, sollen so hoch über den Köpfen der Tiere angeordnet sein, daß das Licht den Tieren nicht unmittelbar in die Augen gelangt. Die Stalltüren (Volltüren, Türen mit Oberund[839] Unterflügel, Volltüren mit dahinter angebrachten Latten türen) müssen hinreichend groß (für Rinder 1,4 bis 1,6 m breit und mindestens 2,2 m hoch) und so angeordnet sein, daß sie keine schädliche Zugluft hervorrufen. Übrigens müssen so viel Türen vorhanden sein, daß eine rasche Entleerung des Stalles möglich ist (Feuersgefahr); jede einzelne Tür muß genügend weit und hoch sein, eine nicht zu hohe Schwelle (kein Stolpern beim Austreten), abgerundete glatte Pfosten und keine hervorstehenden Eisenteile haben (zur Verhütung von allerlei Verletzungen). Die Türflügel, wenn es nicht Schiebetüren sind, sollen nach außen aufschlagen und mit Haken an der Wand befestigt werden können. Für Schafe und Fohlen sind an den Türpfosten leicht drehbare, vertikal stehende Walzen anzubringen. Zur nächtlichen Beleuchtung dienen feuersichere Petroleumstallaternen, auch Glühlichter. Holzzement als Deckungsmaterial für das am besten vorspringende Dach ist wasserdicht, feuersicher und dauerhaft, Dachpappe wenig haltbar, Dachschiefer und Dachziegel zu kalt im Winter und zu warm im Sommer, Stroh und Rohr am wärmehaltigsten und lustigsten, aber feuergefährlichsten.
Die Stände sind mit undurchlässigem Material (Klinker, weniger entsprechend Holz, Feldsteinen, für Schweineställe Asphalt) im Gefälle zu den Jaucherinnen zu pflastern; Schafställe bleiben ungepflastert. Durchlässige Fußböden sind stets feucht und mit zerfetzten Dungstoffen verunreinigt, sie nehmen auch Ansteckungsstoffe auf und verursachen häufig erneute Ausbrüche oder dauerndes Herrschen einer einmal ausgetretenen Seuche; eine vollkommene Desinfektion solcher Fußböden ist meist nicht möglich. Die flüssigen Exkremente sollen möglichst sofort abfließen; der Boden in den Ständen der Rinder- und Pferdeställe soll daher eine leichte Neigung nach hinten haben, und hinter den Ständen soll sich eine leicht geneigte, flache (nicht eine tiefe und bedeckte) Jaucherinne befinden. Die sie aufnehmende Jauchegrube darf weder im Stalle angelegt werden, noch mit diesem durch eine Maueröffnung in direkter Verbindung stehen. Ebensowenig darf ein Stall mit der Dunggrube in unmittelbarer, eventuell gar offener Verbindung stehen. Am zuträglichsten ist ein tägliches Entfernen auch der festen Exkremente. Nur bei Schafen bleibt der Dünger selbst monatelang ohne Nachteil im Stalle, weil bei ihnen die flüssigen Abscheidungen außerordentlich gering und auch der Kot trocken ist. Die Dun gschicht bildet mit der täglichen Nachstreu im Winter einen trockenen und warmen Fußboden. Bei Rindern und Schweinen ist mindestens mehrmals wöchentlich der Stalldung zu entfernen. Bei Pferden wird in der Regel eine tägliche Herstellung der Streu vorgenommen. Dabei werden jedoch oft nur die Exkremente und die durchnäßten obern Schichten abgenommen, das übrige wird neu geebnet und etwas frisches Material aufgestreut (Matratzenstreu). Die Stallwände sind mindestens einmal im Jahre mit Kalkmilch zu weißen, das Holzwerk der Stallungen mit Karbolineumanstrich zu konservieren. Für das Futter sind eigne gepflasterte oder asphaltierte Futterkammern mit gemauerten oder Steinbehältern zum Abmischen des Futters in der Nähe des Stalles einzurichten, weil bei Aufbewahrung im Stalle, wenn auch in Futterkisten, das Futter durch die Stalldünste leiden würde. Die Futtertische (Krippen) sind der Reinhaltung wegen nicht aus Holz, sondern aus Stein oder Eisen herzustellen.
Die innere Einrichtung des Stalles im besondern ist von der Art der darin unterzubringenden Tiere abhängig. Pferdeställe fordern sehr gutes ebenes Pflaster. Da Pferde sich gegenseitig durch Schlagen verletzen können, so erhält am besten jedes seinen abgesonderten Stand, eine Box, einen von hohen Holzwänden allseitig abgeschlossenen Raum von 1012 qm Fläche, in dem das Pferd frei herumgehen kann (Laufstall), oder einen Kastenstand, der von jedem Nachbarstande durch eine feste, vorn 2, hinten 1,5 m hohe Bretterwand geschieden ist und ca. 3 m Länge bei 1,5 m Breite beansprucht. Jeder Laufstall, bez. Kastenstand erhält seine eigne Krippe, am besten aus emailliertem Eisen mit Wasserbecken oder aus Stein, und darüber in Kopfhöhe eine eiserne Korbraufe zur Aufnahme des Heues. Sind Kastenstände zu kostspielig, so genügen auch die Latierbäume, dicke Stangen, die an Stelle der Bretterwände horizontal zwischen der Krippe und Pfosten am hintern Ende des Standes aufgehängt sind, jedoch so, daß, wenn das Pferd beim Liegen mit dem Rücken unter den Latierbaum kommt, beim Aufstehen letzterer leicht aus seinem Lager gehoben wird (unter einem festliegenden Latierbaum würde sich das aufspringende Pferd das Kreuz brechen). Hinter den Ständen soll sich ein geräumiger Stallgang befinden. Da Fliegen die Pferde erheblich beunruhigen, so daß sie schlecht fressen und am Körper verlieren, so vermeidet man zu helles Licht und sucht Schwalben im Stall anzusiedeln; auch Anstrich der Decke mit Karbolineum sowie das Aufhängen von Beifußbündeln (an denen sich die Fliegen sammeln) ist bewährt. Die Streu muß bei Pferden besonders reinlich und trocken sein; letzteres ist wesentlich für die Hufpflege. Wird nur nachts gestreut, was in Pferdeställen vielfach üblich ist, so bringt man zur Schonung der Vorderhufe im vordern Teile des Standes oft Holzpflaster an. In Rinderställen ist ein gutes Pflaster mindestens ebenso wichtig wie in Pferdeställen. Ebenso ist massive Decke erwünscht, die auch den Vorteil hat, daß über dem Stalle lagernde Futtervorräte nicht den Stalldunst und etwa in demselben enthaltene Ansteckungsstoffe (Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche) annehmen. Eine Abtrennung der Einzelstände ist nicht erforderlich; nur hochtragende und säugende Kühe sowie Bullen werden besser von direkter Berührung mit Nachbarn ausgeschlossen. Der Raum für eine Kuh ist auf mindestens 1,26 m Breite und 2,5 m Länge zu berechnen. Jede Standreihe erhält eine durchlaufende Krippe, am besten von Stein. Vorteilhaft stehen sich zwei Reihen Kühe gegenüber und zwischen den beiden Krippen läuft dann zu deren Höhe aufgemauert ein Futtergang, auf den Blatt- und Rauhfutter (Heu, Stroh) geschüttet wird. Die Krippen dürfen nicht zu niedrig liegen (oberer Rand ca. 65 cm), weil die Rinder vom vielen Kopfbücken sogen. lose Schultern bekommen. Nicht mehr fangende Kälber bringt man am besten in Laufställen unler. Für Gesundheit und Gedeihen (Mast) des Schweines ist die Stallbeschaffenheit, namentlich auch die Stallreinlichkeit, sehr wichtig; die gefährlichste Seuche, der Rotlauf, kann dadurch wesentlich mit abgewehrt werden. Holzkäfige (Koben) sind verwerflich. Am besten sind in einem Stallraum angebrachte, durch 1,52 m hohe Seitenwände abgeschlossene, oben offene Buchten mit undurchlässigem Pflaster (4 qm für einen Eber, eine Zuchtsau oder 2 Mastschweine). Dieselben müssen möglichst warme Streu erhalten und leicht und gründlich zu reinigen sein; dies ist namentlich die Vorbedingung für den[840] Erfolg einer Desinfektion nach dem Auftreten einer Seuche. Auch die Futtertroge müssen stets rein gehalten und vor neuen Mahlzeiten von Futterresten gesäubert werden; die andernfalls eintretenden Säurebildungen, Gärungen und sonstigen Zersetzungen bewirken häufig Verdauungskrankheiten. Vorteilhaft sind kippbare Tröge, die leicht gereinigt werden können. Die Schafställe entbehren einer besondern Einrichtung; die ganze Herde ist in einem gemeinschaftlichen Raum untergebracht, der hoch, lustig, genügend warm sein und keine Zugluft einlassen soll (Erkältungskrankheiten der Lämmer). Man rechnet 11,5 qm Fläche für jedes Schaf. Zum Futteraufschütten dienen verstellbare Raufen, durch deren Stellung auch der ganze Raum in Abteilungen geteilt und eventuell Böcke, säugende Müller etc. abgesondert werden können. Vgl. Gesundheitspflege der Haustiere und Miles, Der Pferdestall (a. d. Engl., Frankf. a. M. 1862); Engel, Der Viehstall (3. Aufl., Berl. 1900) und Der Pferdestall (2. Aufl., das. 1891); Heinze, Der Pferdestall (Leipz. 1906); Gehrlicher, Der Rindviehstall (das. 1879); Wanderley, Die Stallgebäude (Karlsr. 1887); Jähn, Der Schafstall (Leipz. 1876); Klasen, Der Schweinestall (das. 1879); Lilly, Die Ventilation der Viehstallungen (Braunschweig 1884); »Musterpläne für landwirtschaftliche Bauten« (Wien 187694); Schubert, Kleine Stallbauten (Leipz. 1900); Issel, Stallgebäude (das. 1903) und die Literatur bei Artikel »Landwirtschaftliche Gebäude«.
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