[595] Toleránz (neulat.), Duldung, Duldsamkeit (s. d.), insbes. religiöse, die den von der Staatskirche abweichenden Glaubensgenossen ungehinderte Religionsübung und Gemeinschaftsbildung zusichert, wie sie insbes. gegen christliche Sekten, wie die Wiedertäufer, Unitarier, Deutschkatholiken, Freien Gemeinden, aber auch gegen die Bekenner andrer Religionen, in den christlichen Ländern namentlich gegen die Juden, geübt wird. Früher wurden die staats-, privat- und kirchenrechtlichen Verhältnisse solcher tolerierten Bekenntnisse in den einzelnen Staaten oft durch besondere Toleranzedikte (Toleranzpatente) geordnet, wie z. B. in Preußen in Ansehung der Freien Gemeinden durch das Toleranzedikt Friedrich Wilhelms IV. vom 30. März 1847. In Österreich wurde durch das Toleranzedikt Josephs II. von 1781 den Protestanten Religionsfreiheit gewährt. Im Verhältnis zu den als Staatskirchen rezipierten großen historischen Kirchengesellschaften, wie der katholischen und evangelischen Kirche, nehmen die nur tolerierten Religionsgemeinschaften als solche auch im heutigen Staate noch eine nur untergeordnete rechtliche Stellung ein. Soweit dagegen diese Rechtsverschiedenheit auch auf die individuelle Stellung der Bekenner im bürgerlichen Rechtsleben zurückwirkte, ist sie durch die neueste Entwickelung der Reichsgesetzgebung (Gesetz vom 3. Juli 1869, betr. die Gleichberechtigung der Konfessionen) beseitigt worden. Weiteres s. Kirchenpolitik. Vgl. Matagrin, Histoire de la tolérance religieuse (Par. 1905).