Trochu

[733] Trochu (spr. schü), Louis Jules, franz. General, geb. 12. Mai 1815 in Palais bei Belle-Isle-en-Mer (Morbihan), gest. 7. Okt. 1896 in Tours, trat 1840 in die Generalstabsschule, wurde in Algerien 1846 wegen seines tapfern Verhaltens Adjutant des Marschalls Bugeaud und kam 1851 als Oberstleutnant ins Ministerium. 1854 ward er Adjutant des Marschalls Saint-Arnaud und nachher des Generals Canrobert in der Krim. Als Divisionsgeneral tat er sich 1859 in der Schlacht bei Solferino hervor. Aber seine Schrift »L'armée française en 1867« (Par. 1867, 20. Aufl. 1870), die mit Freimut alle Schäden aufdeckte und die einzige Heilung in der Annahme des preußischen Wehrsystems sah, entzog ihm die Gunst des Hofes. 1870 ernannte ihn der Kaiser im Lager von Châlons 17. Aug. zum Gouverneur von Paris. Als 4. Sept. das Kaiserreich zusammenbrach, ließ T. sich zum Präsidenten der Regierung der nationalen Verteidigung ernennen, blieb aber Generalgouverneur von Paris. Während der Belagerung entfaltete er eine großartige und erfolgreiche Tätigkeit in der Organisation der Verteidigungsarmee; doch zeigte er große Unschlüssigkeit in den Operationen, da er die Verteidigung von Paris für aussichtslos und einen siegreichen Ausfall für unmöglich hielt. Als die Kapitulation unvermeidlich ward, legte er sein Amt als Gouverneur 22. Jan. 1871 nieder; Präsident der Regierung blieb er bis zum Zusammentritt der Nationalversammlung. Da er in der Armeereformfrage Gegner von Thiers war, erhielt er kein Kommando und zog sich 1872 ins Privatleben zurück. Vgl. Trochus Schriften: »L'Empire et la défense de Paris devant le jury de la Seine« (1872); »Pour la vérité et pour la justice« (1873); »La politique et le siège de Paris« (1874); »L'armée française en 1879. par un officieren retraite« (anonym, 1879) u. die »Œuvres posthumes« (Tours 1896, 2 Bde., enthaltend: »Le siège de Paris« und »La Société, l'État, l'Armée«).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 733.
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