Ugron

[870] Ugron, Gábor von, ungar. Politiker, geb. 15. April 1847 zu Szombatfalva im Komitat Udvarhelyszék (Siebenbürgen), kämpfte 1870 unter Garibaldi und weilte zur Zeit der französischen Kommune in Paris als Berichterstatter. 1872 in den ungarischen Reichstag gewählt, nahm er seinen Platz auf der äußersten Seite des linken Zentrums. 1875 schloß er sich der äußersten LinkenUnabhängigkeitspartei«) an, in der er seit den 1880er Jahren eine führende Stellung einnahm. Sein 1886 unternommener Versuch, die ganze Partei zur Teilnahme an den Beratungen der Delegationen zu überreden, mißlang; doch machte er sich in den Delegationen durch militärische Kenntnisse bemerkbar. Kirchenpolitisch gehörte er zu den Gegnern der obligatorischen Zivilehe. 1896 wurde die Ugronpartei in den Wahlen von Bánffy fast ganz aufgerieben. Seit 1899 (unter dem Kabinett Széll) gehört U., einer der leidenschaftlichsten und volkstümlichsten Redner, wieder dem Parlament an. Ende 1899 knüpfte U. mit dem französischen Minister des Äußern Delcassé Unterhandlungen an, wonach mit Hilfe des Papstes die bevorstehenden ungarischen Reichstagswahlen beeinflußt, eine ungarisch-französische Bank gegründet und die Aussöhnung der Magyaren mit der slawischen Bevölkerung Ungarns betrieben werden sollte. Doch schließlich ließ ihn Delcassé im Stich, und sein Mitunterhändler Jul. Rimler deckte im Juni 1901 die Angelegenheit auf. Trotzdem errang bei den Wahlen vom Jahre 1901 seine Partei 13 Mandate. An der Obstruktion gegen das Kabinett Széll und Tisza, wie an den Kämpfen gegen den drohenden [870] Absolutismus unter Fejérváry nahm U. den lebhaftesten Anteil. Seit 1906 ist er Mitglied der koalierten Regierungspartei.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 870-871.
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