Lange, Frl. Helene

[474] *Lange, Frl. Helene, Berlin W., Steglitzerstrasse 48, wurde am 9. April 1818, in Oldenburg i. Gr., geboren. Sie widmete sich dem Lehrerinnenberuf und war schriftstellerisch auch zuerst im Rahmen dieses Berufs thätig; unter anderem verfasste sie einen, inzwischen bereits in 8. Auflage erschienenen »Précis de l'Histoire de la Littérature française«, Berlin Oehmigkes Verlag, sowie Abhandlungen über »Schillers philosophische Gedichte«, gl. Verlag. Im Jahre 1887 veröffentlichte sie, als Begleitschrift zu einer dem preussischen Abgeordnetenhaus[474] eingereichten Petition mehrerer Berliner Frauen, eine Broschüre »Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung«, in welcher die in der Petition ausgesprochenen Bitten um bessere Bildungsgelegenheiten und vermehrte Anstellung von Lehrerinnen an den Oberklassen der höheren Mädchenschulen eine eingehende Begründung erfuhr. Die Verfasserin hatte darin energisch die Notwendigkeit betont, der Frau bei der Erziehung der Mädchen die erste Rolle zuzuerteilen. Da in den Kreisen der Lehrer über diesen Punkt begreiflicherweise ganz andere Ansichten herrschten, so erhob sich ein grosser Sturm gegen die Broschüre, um so mehr, als auch die Regierung sich zunächst durchaus ablehnend gegen die Forderungen der Frauen verhielt. Der im Jahre 1890 auf Veranlassung von Auguste Schmidt, Marie Loeper-Housselle und Helene Lange gegründete Allgemeine deutsche Lehrerinnenverein machte dann im Prinzip diese Forderungen zu den seinen. Die neuerdings (1894) in Preussen erlassenen Bestimmungen für das höhere Mädchenschulwesen beweisen, dass man die Bedeutung dieser Forderungen nicht mehr verkennt, wie dann auch 1893, bei Gelegenheit der Chicagoer Weltausstellung, Helene Lange seitens des preussischen Kultusministeriums mit der Abfassung einer Schrift über »Entwickelung und Stand des höheren Mädchenschulwesens in Deutschland«, Berlin, R. Gaertners Verlag, betraut wurde. Während die eigentliche Berufsthätigkeit von Helene Lange bis 1889 hauptsächlich auf dem Gebiete der Lehrerinnenbildung gelegen hatte, (sie leitete 15 Jahre lang das Crainsche Lehrerinnenseminar in Berlin) wandte sie sich von da ab, in der Erkenntnis, dass es not thue, auch in Deutschland den Frauen den Zugang zum Studium zu bahnen, diesem speziellen Gebiete zu. Sie begründete in Berlin »Realkurse für Frauen«, die sie im Jahre 1893 in »Gymnasialkurse« umwandelte, und verschaffte dadurch jungen Mädchen (die Aufnahme erfolgt vom vollendeten 16. Lebensjahr ab) die Möglichkeit, sich zum Studium vorzubereiten. Ostern 1896 bestanden die ersten sechs Schülerinnen der Anstalt die Gymnasialreifeprüfung in Preussen, während sie schon früher Schülerinnen nach Zürich zur Maturitätsprüfung entsandt hatte. Die übrige Wirksamkeit von Helene Lange liegt auf dem Gebiete der Frauenfrage. Auf ihre Thätigkeit in den verschiedenen Frauenvereinen einzugehen, würde hier zu weit führen; wir nennen nur noch die von ihr auf dem betreffenden Gebiete veröffentlichten Bücher und Broschüren. Seit 1893 giebt Helene Lange eine im Dienst der Frauenbewegung stehende Monatsschrift heraus: »Die Frau«, an der ausser der Herausgeberin zahlreiche vorzügliche Mitarbeiter beschäftigt sind und die der Frauenbewegung wesentliche Dienste leistet.

‒ Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit. Herausg. v. H. L. 1. – 3. Jahrg. Oktober 1893 bis September 1896. à 12 Hefte. 8. (1. Jahrg. 1. u. 2. Heft. 140) Berlin, W. Moeser. à Jahrg. 8.–

‒ Dasselbe. 4. Jahrg. Oktober 1896 bis September 1897. 12 Hefte. 8. (1. Heft 64 m. 1 Bildnis) Ebda. 1896. Vierteljährl. bar n 2.–

‒ Die Frauenbewegung im Bewusstsein unserer Zeit. Vortrag. 8. (30) Berlin 1892, L. Oehmigkes Verlag. n –.50

‒ Die ethische Bedeutung der Frauenbewegung. Vortrag. 8. (19) Ebda. 1889. n –.30

‒ Die höhere Mädchenschule u. ihre Bestimmung. 8. (67) Ebda. 1888. –.80[475]

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 1. Berlin, 1898., S. 474-476.
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