Absonderung

[55] Absonderung, 1) (Secretio, Physiol.), die allen Organismen inwohnende Lebensthätigkeit, vermöge welcher aus einem gleichartig erscheinenden, sie erfüllenden flüssigen Stoffe (beim Menschen aus dem Blute) durch eigne Organe verschiedenartige u. zu besondern Lebenszwecken bestimmte Flüssigkeiten bereitet u. an bestimmten Körperstellen abgesetzt werden. Die Erzeugung dieser Flüssigkeiten (Absonderungsstoffe) geschieht nicht auf rein chemische od. mechanische Weise, sondern durch eine eigne Lebensthätigkeit (Bildungsproceß), welcher aber, da hier, wie überall im Organismus, Materielles, bereits Gewordenes der Träger des Dynamischen, noch Werdenden, ist, sowohl hinsichtlich des Grundstoffes, aus welchem die einzelnen Stoffe hervorgehen, als auch hinsichtlich der absondernden Organe, gewisse materielle Bedingungen zu Grunde liegen, u. auf welche die Nerventhätigkeit eine bedeutende Einwirkung ausübt. Die Absonderungsstoffe sind sehr verschieden: theils hinsichtlich ihrer Cohäsionsverhältnisse, theils hinsichtlich ihres Bezuges auf den Organismus. Sie bilden theils Gase, theils erscheinen sie als Dunst, theils als tropfbare, mehr od. minder dickliche Flüssigkeiten (Ausdünstung). Sie dienen theils zum Ersatz aller abgenutzten u. verlorenen Körpertheile, indem sie zu festen Formen gerinnen (s. Ernährung, Reproduction, Haargefäßsystem, Gerinnbare Lymphe); theils zur Erreichung verschiedener anderer Lebenszwecke (s. Gelenkschmiere, Schleim, Galle, Speichel, Samen, Fett, Milch, Magensaft, wässerige Feuchtigkeit des Auges); endlich um als dem Organismus unnütz aus seinem Bereich entfernt zu werden (s. Urin). Die Absonderungsorgane sind: theils einfache aushauchende Organe, die letzten Endigungen der Blutgefäße, welche bald durch wirklich offene Mündungen, bald durch ihre Wände u. Seitenporen Nahrungssäfte absetzen (s. Arterien, Haargefäße); theils bes. gebildete Organe, wie seröse Häute, Schleimhäute, Drüsen, Hohldrüsen, Leber, Nieren, Hoden, Eierstöcken. Die Absonderungsgefäße der Pflanzen sind: Haare, Borsten, Drüsen, die sich auf der Oberfläche der Theile befinden; auch ganze Flächen, z.B. die Blätter, sondern tropfbarflüssigen u. gasförmige Bestandtheile ab, eben so auch die seinen Faden der Wurfzeln. Alle diese Theile dienen aber auch umgekehrt als Einsaugungsgefäße u. nehmen geeignete Stoffe von außen auf. 2) (Min.). Gewisse Fossilien erscheinen als zusammengesetzt aus mehrern Stücken (abgesonderte Stücke), wegen einer während des Niederschlags eingetretenen, die Bildung regelmäßiger Krystalle hindernden Störung; wegen Ausstreckung der Masse od. wegen successiven Niederschlags. Man unterscheidet körnige, schalige od. stängliche[55] A., eine glatte, rauhe, unebene, gemusterte Absonderungsfläche u. die verschiedenen Arten des Absonderungsglanzes (s. Glanz), mit den mannichfaltigsten Verbindungen u. Unterabtheilungen. 3) (Separatio, Rechtsw.), Trennung gewisser Sachen, bes. bei Concursen, wenn einige Gläubiger auf einen bestimmten Theil der Masse besondere Rechte haben; bei Erbschaften, wenn ein Theil der Erbschaft der einen, ein anderer der andern Klasse von Erben gehört; wenn ein Theil des Vermögens nur auf Lebenszeit gegeben war u. an den Geber zurückfällt. Hierher gehört das Einhardsgut u. die Abschichtung der Kinder (s. b.); 4) Trennung der Gefangenen in verschiedene Localitäten, s. Gefängnißwesen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 55-56.
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