Bordell

[90] Bordell (vom altsächsischen bord Haus, woraus die mittle Latinität das Diminutiv bordellum [kleines Haus] machte, ital. bordello, engl. brothell), Haus, worin öffentliche Mädchen, als Untergebene einer Kupplerin od. eines Kupplers (Bordellier) hohnen. In manchen Staaten (z.B. England, Frankreich, Holland, Hamburg), sind solche Häuser wenigstens in großen od. Seestädten unter genauer polizeilicher Aufsicht concessionirt, in anderen (wie in Osterreich, Baiern etc.) fast durchgängig verboten, in noch anderen (Sachsen etc.) stillschweigend geduldet. Durch das Gestatten derselben will man der Liederlichkeit u. der Verführung von Frauenzimmern der niederen Volksklassen vorbeugen, auch an Orten, wo viele Tausende lediger Männer (wie Matrosen od. Soldaten großer Garnisonen) sich vereint aufhalten, Ercessen vorbeugen u. so, indem man dem Laster Einzelner einen Abzugskanal öffnet, die Reinheit der Sitten unter dem übrigen größeren Theile des Volkes erhalten. Wirklich scheinen daher auch B-e in Seestädten u. anderen großen Städten unvermeidliche Übel zu sein, wogegen freilich die Staatswissenschafts-, Religions- u. auch die neueren Theoretiker unter den Rechtslehrern einwenden, daß es des Staates unwürdig sei u. der Sittlichkeit Hohn sprechen heiße, mit dem Laster einen Vertrag zu schließen u. die Sünde als erlaubt anzuerkennen. In Berlin wurden den 1. Jan. 1846 die B-e durch königlichen Befehl geschlossen; aber bald verschlimmerten sich die sanitätlichen Zustände der Stadt so, daß sich schon 1849 die Polizei u. das Sanitätscollegium für die Wiedereinführung der B-e aussprachen. In Frankreich wurde nach der Februarrevolution von emancipirten Weibern sogar auf Anlegung von Männer-B-en angetragen. Übrigens ist die Sitte, B-e zu halten, keine neue; in den deutschen Städten kommen sie unter dem Namen Frauenhäuser schon im 14. Jahrh. vor, sie wurden von den Stadträthen in öffentlichen, mit besonderen Aushängeschildern versehenen Häusern gehalten u. von den Wirthen od. Wirthinnen nach dem Ertrag ein Zins bezahlt. Dagegen standen sie auch unter Aufsicht u. Schutz der Polizei. Erst seit der Reformation, namentlich durch Luthers Eisern dagegen, wurden sie allmälig aufgehoben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 90.
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