[114] Gelenkentzündung (Arthrophlogosis). Außer den Knorpeln Erwachsener, die weder Nerven noch Gefäße zu besitzen scheinen, können alle Theile u. Gewebe des Gelenkes sich entzünden, verhalten sich aber ganz verschieden. Die Entzündung der Synovialhaut (Arthromeningitis, Synovitis) ist acut od. chronisch. Das Product der Entzündung (das sogenannte Exsudat) wird entweder vollständig wieder aufgesogen od. unvollständig, u. die Folge davon ist bleibende Austreibung u. Steifigkeit des Gelenkes. Wird das Exsudat gar nicht aufgesogen, so erstarrt es zu fester Masse, organisirt sich u. führt zu Tumor albus od. Ankylose, wird es zu Eiter, so gibt das Gelenkvereiterung (Arthropyosis). Die chronische Entzündung der Synovialhäute gibt entweder zu Gelenkwassersucht (s.d.) od. zur Bildung fransenförmiger Auswüchse der sogenannten Gelenkzotten od. Dendritischen Vegetation auf der Synovialhaut Veranlassung. Die Entzündung der Knochengelenkenden (Arthrostitis, Ostitis articularis, Arthrophlogosis ossium) verhält sich wie die Knochenentzündung (s.d.) überhaupt; die Entzündung des ganzen Gelenkes, eigentliche G. (Arthrophlogosis totalis), ein seltener Fall, wo eine stürmische Entzündung mit einem Schlag das ganze Gelenk angreift u. in seinen ganzen Geweben meist unaufhaltsam wüthet; alle Symptome der Entzündung treten mit einem Male u. mit solcher Heftigkeit ein, daß der Tod ziemlich schnell u. oft noch vor Aufbruch der Geschwulst od. wenigstens bald darnach eintritt; selten nur gelingt es, einen besseren Ausgang zu ermöglichen u. immer wird Verkrüppelung des Gliedes unvermeidlich sein. Die G-n können verschiedene Übel als Nachkrankheiten bedingen; zuerst die weiße Gelenkgeschwulst (Tumor albus), auch Gliedschwamm, sowie Arthrokake genannt; jede Gelenkgeschwulst, die bei nicht gerötheter Haut wie ein Schwamm sich anfühlt, besteht in einer Entartung der Weichtheile, welche das Gelenk bilden u. umgeben, so daß in den ausgebildetsten Fällen die ganze oft beträchtlich angeschwellte Gelenkmasse in ihren einzelnen Theilen gar nicht mehr zu erkennen ist. Sodann die Gelenkvereiterung, Gelenkabsceß (Arthropyosis, Emgema s. Abscessus articulorum) jeder. Zustand, bei dem sich Eiter innerhalb der Gelenkhöhle findet; der einmal ins Gelenke abgesetzte Eiter wird nur selten aufgesaugt, meist durchbricht er die Kapsel mit Hülfe mannichfacher Eitersenkungen durch mehrere Fistelgänge (Gelenkfistel). Die Heilung kann nach Entleerung vollständig eintreten od. es entsteht Gelenkverwachsung (wahre Ankylose). Eiterbildung kann aber auch durch Zutritt der Luft bei Gelenkwunden stattfinden. Unter kalten Gelenkabscessen versteht man eine Eiteransammlung im Gelenk, nicht in Folge von Entzündung, sondern bei Eitervergiftung des Blutes, wenn der Blutstrom Eiter führt. Eine weitere Folge der G. kann Ankylose sein, die sogenannte falsche aus Muskelcontractur od. Verbildung der Weichtheile, die wahre Ankylose aus fibröser od. knöcherner Verwachsung der Knochengelenkenden. Ferner kann Verrenkung, sogenannte spontane Luxation entstehen, wobei sich, wenn Heilung zu Stande kommt, eine unvollkommen bewegliche Verbindung (falsches Gelenk), häufiger aber noch Ankylose bildet. Die Entstehung der G. ist sehr verschieden; man unterscheidet außer der durch äußere mechanische Ursachen bedingte G. die rheumatische, gichtische, scrophulöse, pyämische, gonorrhöische (sogenannte Trippergicht). Die häufigste Form der G. ist die Entzündung der Synovialhaut (Arthromeningitis), die häufigste Art die rheumatische, der häufigste Sitz die Gelenke der unteren Extremität.