Gervasius von Tilbury

[256] Gervasius von Tilbury (G. Tilberiensis), um die Mitte des 12. Jahrh., aus einer angesehenen Familie, in der englischen Grafschaft Essex geboren, ging nach Vollendung seiner theologischen Studien an den Hof des Königs Heinrich II. von England, nach dem Tode desselben (1183) aber nach Italien, wo er erst Professor des Canonischen Rechts in Bologna wurde, dann (vor 1189) in Diensten Wilhelms II. von Sicilien stand. Über Rom nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er um 1200 vom Kaiser Otto IV. zum Marschall im Königreiche Arelat, nach 1214 zum Notar u. Kanzler des Herzogs Otto des Kindes von Braunschweig-Lüneburg ernannt; bald darauf jedoch wurde er Propst des Nonnenklosters in Ebsdorf, als welcher er wahrscheinlich 1235 starb. G. galt für einen klugen u. gewandten Staatsmann. Unter seinen Schriften sind die um 1211 verfaßten Otia imperialia (in Leibniz's Scriptt. rerum Brunsvicensium, 1. Bd.) am bekanntesten, eine Art Weltgeschichte, welche als ein treues Bild der damaligen Kenntniß der Physik u. Kosmographie nicht ohne Werth ist. Eine Auswahl aus derselben mit Erläuterungen von Liebrecht (Hannov. 1856). Vgl. Petit-Radel, Hist. litt. de la France (17. Bd.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 256.
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