[51] Bologna (spr. Bolonja). I. (Geogr.), 1) (Bolognese), Legation im Kirchenstaat (Italien); 613/5 QM, 348,000 Einw., zerfällt in 12 Kreise, grenzt an Ferrara im N., an Toscana im W., an dasselbe u. Ravenna im S., an Ravenna im O.; im südlichen Theile gebirgig durch die Apenninen, im N. in die Niederung der Lombardei übergehend; bewässert durch mehrere kleine Flüsse, als den Reno, Pomaro, Silaro, Quaderno u.a., die zum Po abfließen, u. viele Kanäle. Erzeugnisse des fruchtbaren Bodens, außer Marmor, Gyps, Kreide, Farbenerde u. phosphorischem Stein, sind Reiß, Getreide, Hanf, Saffran, Öl, geringer Wein; außerdem sehr beträchsliche [51] Schweine- u. Seidenwurmzucht (die Bologneser Seide, die beste im Occident). Gewerbthätigkeit bes. in Seidenzeugen, Leinwand u. Seilerwaaren. Klima im Winter trocken u. rauh, im Sommer heiß; Mundart sehr idiotisch. 2) Hauptstadt darin an einem Kanal zwischen den Flüssen Reno (über den eine große Brücke von 22 Bogen führt), Oposa u. Savena, 363 Fuß über dem Meere in einer fruchtbaren Ebene am Fuße der Apenninen. B. ist nach Rom die wichtigste Stadt des Kirchenstaates, befestigt, mehr lang als breit u. wird deshalb mit einem Schiff verglichen, dessen Mast der Torre degli Asinelli sein soll; hat 13 Thore, wovon die 4 Hauptthore (Porta Pietra, Stiera, Procula u. Ravegnana), den 4 Vierteln den Namen gaben; krumme u. enge Straßen, die Häuser fast alle 3 Stock hoch, die Straßen haben bedeckte Gänge (Lauben), der Hauptplatz ist Piazza maggiore od. Piazza del Gigante mit dem Neptunsbrunnen, zu welchem Johann von Bologna die ehernen Figuren goß; an demselben ist das Rathhaus (Palazzo publico), wo der Legat wohnt, u. die Hauptkirche S. Petronio mit unvollendeter Vorderseite (in ihr wurde Karl V. von Clemens VII. gekrönt, u. von Cassini die Mittagslinie auf eine Kupferplatte eingegraben); fast alle Kirchen enthalten schöne Gemälde; in der zu S. Stefano sind unterirdische Capellen u. in der Kirche S. Domenico liegt König Enzio begraben Zu den Merkwürdigkeiten von B. die nahe beisammen stehenden schiefen Thürme Torre degli Asinelli (256 F. hoch, 31/2 F. abweichend von der senkrechten Linie) u. Garrisendi (144 F. hoch, 81/6 F. abweichend), beide nach den Erbauern benannt. B. ist der Sitz eines Cardinal-Legaten, Erzbi schoss, Appellationshofes (Tribunal del Apello), eines Handelstribunals, einer Münze, einer Bank, Handelsbörse (1856 eröffnet) u. einer Universität, welche aus der 425 n. Chr. vom Kaiser Theodosius II. gegründeten Rechtsschule 1119 dadurch entstand, daß die anderen Facultäten sich mit derselben verbunden; ehedem zählte sie 56000, jetzt kaum 300 Studenten; Irnerius, Azzo, Gratian, Accursius, Malpighi, Cassini, Mezzofanti, machten sie berühmt, u. der Bologneser Doctor (s.d.) ist auf dem italienischen Theater stehende Maske; der Graf Marsigli wendete um 1712 sein ganzes Vermögen an die Universität u. das damit verbundene Institut der Wissenschaften, Academia od. Institutum artium et scientiarum, 1690 von Manfredi gestiftet u. von jenem erweitert, wo in einem Palast die Sternwarte, das Anatomische Theater mit schönen Wach präparaten, das von Aldrovandi errichtete Naturaliencabinet, eine Rüstkammer, Physikalisches Cabinet, Chemisches Laboratorium, Antikensammlung, Modellkammer für Kriegs- u. Marinewissenschaft, befindlich sind. Die Universität besitzt außerdem noch eine Bibliothek von 200,000 Bänden u. vielen Handschriften, die Bibliothek Magnani mit 30,000 Bänden, ein Medaillencabinet u. einen der reichsten botanischen Gärten. In B. sind noch eine Ingenieur- u. Artillerieschule für 30 Zöglinge, ein spanisches Collegium, auch eine medicinische u. Ackerbaugesellschaft, Sokratische Gesellschaft zur Beförderung des gesellschaftlichen Glücks, mehrere Akademien, außer der schon erwähnten die Philharmonische Akademie, Musikschule, u. die Academia bonarum artium die von Papst Clemens XIII., einem geborenen Bologneser, ihrem Stifter, den Namen Academia Clementina hat, von ihm mit vielen Kunstsachen bereichert u. mit jenem Institutum artium et scientiarum vereinigt wurde; enthält jetzt die aus Kirchen nach Paris u. Mailand geschafften u. von da 1815 zurückgeforderten Sachen, u. sonst die schönsten Werke der Bolognesischen Schule; mit ihr ist eine Unterrichtsanstalt für junge Maler verbunden. Andere Gemäldegallerien in den Palästen Zamboccari, Tanaro, Ercolani, Martinengo u. Marescalchi. Auch das Rathhaus enthält manche Kunstgegenstände u. Manuscripte von Aldrovandi. B. hat 3 Theater, darunter eins der größten in Italien; Musik wird hier sehr cultivirt, u. auch die Malerei hatte hier einen Hauptsitz (s. Bolognesische Schule). Wohlthätigkeitsanstalten: 9 Spitäler, 1 Lombard, 20 Klöster. Alterthümer: Bäder des Marius, Tempel der Isis, jetzt eine Kirche; in der Nähe das Olivetanerkloster S. Michele in Bosco u. auf einer Anhöhe die Wallfahrtskirche Madonna di S. Luca, mit einem angeblich vom Evangelisten Lucas gemalten Bilde der Madonna, wohin fast 1 Stunde von der Stadt ein bedeckter Säulengang von 654 Bogen führt. Ein anderer Säulengang führt, sich von diesem abzweigend, zu dem auf Napoleons Befehl erbauten Begräbnißplatz, mit schönen Denkmälern an den Umfassungsmauern. 85,000 Ew.; fabriciren Maccaroni, Liköre, wohlriechende Seifen, künstliche Blumen, Papier, u. treib en ansehnlichen Handel mit diesen Erzeugnissen, Die für B. mit eigenem Stempel geprägten Gold-Silb er- u. Kupfermünzen sind seit 1786 ganz den römischen gleich, s. Kirchenstaat (Geogr.). B. ist der Geburtsort von 8 Päpsten, vielen Cardinälen, Gelehrten u. Künstlern, als des Aldrovandi, Achillini, der Carracci, der Gebrüder Reni, des Galvani, des Anatomen Malpighi, des Astronomen Marsigli, der Malerin Sirani, des sprachkundigen Mezzosanti. Vgl. Gatti, Guida delle più rare cose di B., 1813.
II. (Gesch.). B. war unter den Namen Felsina lange vor Roms Entstehung gegründet worden u. scheint die Hauptstadt Etruriens gewesen zu sein, bis Ehre u. Macht auf das von Felsina aus gegründete Mantua überging, Nach der Einwanderung der Bojer in Oberitalien nahmen diese von Felsina Besitz u. machten es zu ihrer Hauptstadt. Im zweiten punischen Kriege trat die Stadt zu Hannibal über. Nach diesem Kriege wurden die Bojer aus der Gegend vertrieben, u. die Römer schickten nun 189 v. Chr. eine Colonie mit 3000 Latinern unter L. Valerius Flaccus, M. Atilius Serranus u. L. Valerius Tappus nach Felsina, welche seitdem den Namen Bononia u. die Rechte eines Municipium erhielt. In der Nähe von B. schlossen 43 v. Chr. Octavius, Antonius u. Lepidus auf einer Insel des Flusses Reno das zweite Triumvirat (s. Rom Gesch.). Für mancherlei Nachtheile, welche die Stadt in den Bürgerkriegen erlitten hatte, entschädigte der Kaiser Augustus dieselbe durch Vergrößerung der alten Anlage (31 v. Chr.). Unter Kaiser Claudius verheerte eine Feuersbrunst ganz. B., u. es erhielt sich als ein ansehnlicher Ort an der Via Aemilia. Mehrere Usurpatoren des römischen Kaiserthrones setzten sich hier fest. Mehrere Cäsaren wählten es zu ihrem[52] Aufenthalt. Unter Theodosius II. wurde 425 die Rechtsschule (s. oben I. 2) gegründet. Nachher gehörte B. zum Bezirke des Exarchats u. käm mit demselben unter die Longobarden; König Aistulf trat sie an den Franken Pipin ab, u. Karl der Große gab ihr die Rechte einer freien Stadt, deren Gebiet (Bolognese, Ager Bononiensis) zu Anfang des 12. Jahrh. das Land zwischen Ferrara, Romagna, Modena u. Toscana befaßte. Seit dieser Zeit schreibt sich ihre Wichtigkeit durch den Handel u. ihre Berühmtheit durch die 1119 gestiftete Universität (Rechtsschule) her. Der erste berühmte Rechtslehrer, der dazu beitrug, daß B. die Hauptstätte des Studiums römischen Rechtes wurde, war Irnerius (er st. um 1140). Kaiser Friedrich I. ertheilte ihr 1158 auf dem Roncalischen Reichstag die ersten Privilegien. B. war damals so mächtig, daß es stets 40,000 Mann in das Feld stellen konnte u. durch Krieg mit Venedig, Ferrara, Mailand u.a. italienischen Staaten den besten Theil der Romagna an sich riß. 1240 führte Kaiser Friedrich II. Krieg gegen B., in welchem sein Feldherr Enzio geschlagen u. gefangen wurde. Indeß führten Parteiungen im Innern den Sturz der Republik herbei; zuerst bekämpften sich die Iremei u. Lampertazi; 1274 wurden diese nebst 15,000 ihrer Anhänger aus O. vertrieben u. die Stadt dem Papste übergeben. Jetzt gelang es der reichen Familie Pepoli, sich der Herrschaft zu bemächtigen, u. zwar verschaffte sich zuerst 1320 Romeo Pepoli eine Partei unter dem Pöbel, die nach dem Wappen Romeo's den Namen Schachbret annahm. Bereits 1321 wurde er von seiner Gegenpartei, Maltraversi genannt, mit seiner Familie aus B. vertrieben u. ein Theil seines Vermögens confiscirt, doch kehrte sein Sohn Taddeo Pepoli zurück; seit 1327 wieder an die Spitze einer Partei stehend, hielt er es mit den Guelfen u. wurde, nachdem 1334 der Legat Bertrand du Poïet vertrieben worden war, 1337 durch die deutschen Söldner zum Oberherrn der Republik ausgerufen. Unter ihm verlor B. alle Macht u. allen Einfluß in Italien. Er regierte unter stetem Kampfe mit den Republikanern u. st. 1348. Ihm folgten seine Söhne Giovanni u. Jacopo Pepoli, aber 1350 brach eine Verschwörung gegen sie aus, u. nachdem die beiden Brüder B. um 20,000 Gulden an den Erzbischof Visconti von Mailand verkauft hatten, zogen sie sich auf ihre Güter zurück. Der Papst kam so wieder in den Besitz der Herrschaft. Zwar gelang es noch einmal 1376 dem Azzo Guidi die Päpstlichen aus B. zu vertreiben, aber die fortdauernden Mißhelligkeiten unter den edeln Familien gaben jenen wieder Gelegenheit zurückzukehren. Nun warfen sich die Bentivogli zu Herren auf; so 1401 Giovanni I. Bentivoglio, welcher aber 1402 gegen Visconti, der sein Recht an B. geltend machte, eine Schlacht verlor u. 1403 bei einem Volksaufstand ermordet wurde. Darauf zogen die Mailänder in B. ein, die vertriebene Familie Giovanni's kehrte 1435 mit Antonio, des Vor. Sohn, zurück, dieser wurde aber vom Papst Eugen IV. in demselben Jahre hingerichtet, u. B. kam unter die Botmäßigkeit von Mailand. Antonios Sohn, Annibale, vertrieb die Mailänder wieder, wurde aber 1445 auf Anstiften der Familien Lanedoli u. Ghisiliari ermordet; ihm folgte sein natürlicher Sohn, Santi (Sancho), der uneigennützig bis 1462 regierte u. dem sein Bruder Giovanni II. folgte; dieser erhielt sich durch Strenge gegen die Mißvergnügten, bes. gegen die Marescotti u. Malvezzi bis 1506; in diesem Jahre wurde er vom Papst Julius II. mit französischer Hülfe vertrieben u. floh nach Mailand, wo er 1508 starb. Seine Söhne Annibale II. u. Hermes wurden zwar 1511 von den Franzosen nach B. zurückgeführt, 1512 aber von Neuem vertrieben räumten sie B. für immer. B. wurde nun zur päpstlichen Delegation gemacht u. gemeiniglich von einem Cardinal verwaltet. 1515 fand hier die Zusammenkunft zwischen König Franz I. von Frankreich u. Papst Leo X. statt, bei welcher das 1516 abgeschlossene Concordat vorläufig besprochen wurde. Hier wurde auch am 22. u. 24. Febr. 1530 Karl V. durch Papst Clemens V. zum König von Italien u. zum römischen Kaiser gekrönt, nachdem am 1. Jan. 1530 hier Friede zwischen Venedig u. Kaiser Karl V. geschlossen worden war (s. Venedig). 1532 hatten Kaiser Karl V. u. Papst Clemens V. hier eine Zusammenkunft, wobei die Berufung eines allgemeinen Concils bestimmt wurde. 1547 wurde das Concil von Trient hierher verlegt u. 2 Sitzungen daselbst gehalten (s. Tridentiner Concil). 1796 kam B. durch die Franzosen zur Cisalpinischen Republik (s. Französischer Revolutionskrieg), später als Departement Reno zum Königreich Italien u. war vom 30. Dec. 1813 bis 16. April 1814 von den Neapolitanern besetzt. Am 7. Febr. 1814 wurde hier die Militärconvention über die Besetzungslinien der österreichischen u. neapolitanischen Truppen abgeschlossen; 1815 wurde es wieder mit dem Kirchenstaat vereint. Am 5. Februar 1831 brach eine Revolution in B. aus, in deren Folge der päpstliche Delegat floh; von den Empörern wurde eine provisorische Regierung eingesetzt u. B. zum Sitz der Regierung der 7 vereinigten Provinzen Italiens, die sich von der päpstlichen Herrschaft losgerissen hatten, gemacht. Durch Österreichs Intervention kehrten die empörten Städte unter die päpstliche Regierung zurück; da aber im Dec. 1831 neue Unruhen hier ausbrachen, rückten am 28. Jan. 1832 die Österreicher abermals unter Grabowski in B. ein, stellten das frühere Regiment wieder her u. räumten die Stadt erst am 30. November 1838 wieder; s. Rom (Gesch.). Neuer Aufruhr 1843 gegen den Polizeidirector, der jedoch durch die Intervention des Cardinallegaten Spinola bald gestillt wurde. Im Jahr 1848 betheiligte sich B. an dem Unabhängigkeitskampfe durch starken Zuzug von Freiwilligen. Anfang Mai ward die Stadt von neapolitanischen Truppen besetzt; am 22. Mai brach ein Tumult wegen Abzugs der neapolitanischen Truppen aus, wobei das Volk Thätlichkeiten gegen die Generale Scala u. Statella beging, u. aus den herbeiziehenden Kreuzfahrern ward ein Vertheidigungscorps gebildet. Am 5. August erschien der Feldmarschalllieutenant Welden vor B., einige österreichische Offiziere, welche in die Stadt kamen, um wegen der Besetzung zu unterhandeln, wurden ermordet, worauf Welden die Stadt mehrere Stunden beschießen ließ, am 7. ward dieselbe von Welden besetzt, der Papst legte jedoch Protest ein u. die Österreicher räumten die Stadt wieder. 1849 ward B. im Mai vom Feldmarschalllieutenant Wimpfen eingeschlossen. Ein österreichisches Corps, welches am 8. Mai in die Stadt eindringen wollte, ward mit Geschützfeuer empfangen;[53] nach dem Rückzug der Österreicher ließ Wimpfen B. ebenfalls beschießen; am folgenden Tage erneuerte sich der Kampf; am 16. ward B. durch 5000 Österreicher besetzt. Vgl. Sarioli, Annali delle cità di B., Bassano 1788 bis 1795, 3 Bde.
Buchempfehlung
Nachdem Christian Reuter 1694 von seiner Vermieterin auf die Straße gesetzt wird weil er die Miete nicht bezahlt hat, schreibt er eine Karikatur über den kleinbürgerlichen Lebensstil der Wirtin vom »Göldenen Maulaffen«, die einen Studenten vor die Tür setzt, der seine Miete nicht bezahlt.
40 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro