Landesvertheidigung

[80] Landesvertheidigung (Landesbewaffnung), 1) überhaupt die Gesammtheit aller activen u. passiven Streitmittel, durch welche ein Staat sich gegen einen Angriff zu schützen vermag; 2) speciell die Anstalten, wodurch der Staatsbürger, ohne zum stehenden Heere zu gehören, wenn das Vaterland von außen Gefahr besorgt, unter die Waffen tritt u. hierzu auch wohl in Friedenszeiten bes. geübt wird. Die Idee zur L. ist in dem Begriff des Staates begründet u. daher älter, als das stehende Heer. Schon die allgemeine Kriegspflichtigkeit der Bürger im Alterthum, der Ban u. Arrièreban im Mittelalter, waren ähnlicher Einrichtung. Erst die Feudalherrschaft, wo die Ritter Knechte in Sold hatten, die für ihr Privatinteresse fochten, u. noch mehr die im 17. Jahrh. errichteten stehenden Heere brachten die L. ganz in Vergessenheit, u. nur hier u. da, z.B. in Holland, in den deutschen Reichsstädten, in Schweden, Dänemark etc. trat die Milizverfassung (s.u. Miliz) zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, obschon noch unvollkommen, in Thätigkeit. Aus dieser Idee entsprangen auch die Landmilizen in Deutschland, welche fast überall eingeführt, erst nach dem Siebenjährigen Kriege nach u. nach aufhörten. In Deutschland zeigte der Einfall der Franzosen schon 1796, wie nothwendig eine allgemeine Landesbewaffnung sei; man versuchte schon damals (namentlich 1798 der Mainzische Minister Albini), den allgemeinen Landsturm (s.d.) zu organisiren, doch war keiner dieser Versuche, da er nur theilweise, nicht durchgreifend gemacht wurde, von Erfolg. Erst die Projection der österreichischen Landwehr 1805, welche aber erst 1809 ins Leben trat, brachte eine wahre L. zu Stande, welche durch das preußische Landwehrsystem 1813 zur höchsten Blüthe gebracht wurde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 80.
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