Polyglotte

[319] Polyglotte (v. gr.), 1) ein in mehren Sprachen geschriebenes Buch od. ein mehre Sprachen enthaltendes Wörterbuch, z.B. Pallast Vocabularia comparativa; 2) Ausgabe eines Werkes, dessen Texte Übersetzungen od. Paraphrasen in mehren Sprachen beigefügt sind; so bes. der Psalter, das N. T. (griechisch, lateinisch u. deutsch, zuletzt von Tischendorf, Lpz. 1854), das Vaterunser (Rom 1591 in 26 Sprachen, von Andr. Müller 1660 in 100 Sprachen, von Chamberlayne 1715 in 150 Sprachen etc.), der Bibel (Polyglottenbibel). Die Polyglottenbibeln sind benannt nach dem Druckorte: a) die Complutensische P., Alcala de Henares (das alte Complutum), 6 Bde., Fol., Prachtausgabe, 1514–17; enthält nur das A. T., hebräisch, Vulgata, Septuaginta nebst neuer buchstäblicher lateinischer Übersetzung, chaldäische Paraphrase u. deren wörtliche lateinische Übersetzung; sie wurde vom Cardinal Ximenes veranstaltet u. durch mehre Gelehrte ausgeführt; b) Antwerpner P. (Königliche Bibel, weil Philipp II. einen Theil der Kosten bestritt), 1569–72, 8 Bde., Fol., herausgeg. unter der Aufsicht des Spaniers Benedict Arias Montanus; das A. T.: Text, Vulgata, Septuaginta mit buchstäblicher lateinischer Übersetzung, mehre chaldäische Targumim u. deren lateinische Übersetzung; das N. T.: Text, Vulgata, syrische Übersetzung mit syrischen u. hebräischen Lettern nebst deren lateinischer Version; c) die Pariser P., 1629–45, 10 Bde., Fol., besorgt vom Parlamentsadvocaten Guy Michel le Jay, welcher sein ganzes Vermögen darauf verwendete, durch mehre Orientalisten u. Exegeten; A. T.: Abdruck der Antwerpner P., nebst syrischer u. arabischer u. lateinischer Übersetzung, u. der samaritanische Pentateuch nebst dessen lateinischer Version; N. T.: ebenfalls die Antwerpner P., nebst arabischer Version u. deren wörtlichen lateinischen Übersetzung; d) Londoner P. (Waltonsche P.), besorgt durch den Erzbischof von Chester, Bryan Walton, mit Cromwells Unterstützung 1657, 2 Bde., Fol., dazu das Lexicon heptaglotton von E. Castellus, 1669, 2 Bde., Fol., gibt die Pariser P. vollständig wieder, nebst verschiedenen Grundtexten, dazu noch eine persische u. äthiopische Übersetzung u. deren lateinische Version. e) In kleinerem Maßstabe sind die deutschen P-n: die Heidelberger P., 1586, die Urtexte, die Septuaginta, die Vulgata u. die lateinische Interlinearversion aus der Antwerpner; Hamburger P., 1587 u. 1596, Fol., die Grundtexte, Septuaginta, Vulgata, andere lateinische u. Luthers deutsche Übersetzung; Nürnberger P. das A. T. von El. Hutter 1599, hebräisch, chaldäisch, griechisch, zwei lateinische u. eine deutsche Übersetzung; ein Psalter 1602, hebräisch, griechisch, lateinisch u. deutsch; das N. T. 1599, 2 Thle., Fol., syrisch, italienisch, hebräisch, spanisch, griechisch, französisch, Vulgata, englisch, deutsch, dänisch, böhmisch u. polnisch; Leipziger P. von Reineccius, 1713–51, die Urtexte, Septuaginta, syrisch, neugriechisch, deutsch u. lateinisch; die Bielefeldsche P. von Stier u. Theile, Bielef. 1845, 3 Bde., hebräisch, griechisch, lateinisch u. deutsch. Auch derartige Ausgaben von Profanschriftstellern, z.B. des Virgil durch Will. Sotheby, Lond. 1716, Text u. deutsche, spanische, italienische, französische u. englische Übersetzung enthaltend.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 319.
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