Römerzüge

[308] Römerzüge, Züge welche neu gewählte deutsche[308] Könige nach Italien machten, um daselbst als römische Kaiser vom Papst anerkannt u. gekrönt zu werden u. zugleich von den oberitalienischen Vasallen die Huldigung zu empfangen. Die Kosten, welche zur Bestreitung eines solchen Zuges nöthig waren, mußte das Deutsche Reich zusammenbringen u. daneben dem Kaiser auch noch eine Begleitung stellen, welche aus den Reichsgrafen, Rittern, Bischöfen u. aus den von den Reichsstädten geschickten Reisigen, Knappen u. Knechten bestand, wozu ein Aufgebot in den einzelnen Reichsländern erging. Auch schlossen sich den Zügen oft solche an, welche nicht zum Deutschen Reiche gehörten, aber dem Neugewählten auf irgend eine Weise verbindlich waren (so die Schweizer an den Römerzug Heinrichs VII.). Um den Kaiser selbst war ein Hofstaat versammelt, welcher aus Prälaten, Rechtsgelehrten u. Hofleuten etc. gebildet war. Wer als Vasall nicht Theil am Zuge nahm, wurde dadurch seines Lehns verlustig. Wenn der Kaiser über die Alpen gekommen war u. sein erstes Hoflager in den Roncalischen Feldern (s. Roncaglia) aufgeschlagen hatte, kamen hierher beschieden die italienischen Vasallen u. übernahmen die Leibwache des Kaisers für die erste Nacht. Die folgenden Tage waren der Ordnung der Angelegenheiten gewidmet; sodann wurde die Reise nach Rom fortgesetzt. Die R. schreiben sich aus der Mitte des 10. Jahrh. her, wo sich 962 Otto I. vom Papst Johann XII. zum Römischen Kaiser krönen ließ, welche Würde von da an mit der deutschen Kaiserwürde vereinigt blieb u. die Weihe von der Hand des Papstes nöthig machte. Fast 300 Jahre hatten die deutschen Kaiser solche Züge unternommen, allein der vielfältige Zwiespalt mit den Päpsten, die häufigen Unruhen im Reiche u. die großen Kosten hatten allmälig die Sitte einschlafen lassen; erst 1311 unternahm Heinrich VII. wieder einen solchen R., welcher allgemeine Theilnahme fand (s. Barthold, Römerzug König Heinrichs von Lützelburg, Königsb. 1830, 2 Bde.). Die vorigen Hindernisse aber erneuerten sich wieder u. traten als Haß gegen den Papst gleich bei Ludwig hervor, dessen Zug nach Italien eine Kriegsexpedition war, die wegen ihres schimpflichen Endes dem deutschen Kaiser alle Achtung in Italien raubte. Die R. unterblieben deshalb, jedoch nannten sich die deutschen Könige römische Kaiser fort. Maximilian I. benutzte die früheren R., um die darauf verwendeten Kosten jetzt als eine ordentliche Steuer zu betrachten, s. Römermonate.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 308-309.
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