[102] Supplicatiōnes (lat.), 1) Bitten, Gebete; 2) in Rom außerordentliche, öffentliche, von dem Senate decretirte u. von den Decem viri sacris faciundis nach Befragung der Sibyllinischen Bücher angeordnete Feierlichkeit, den Göttern zu Ehren angestellt bei Gefahren, welche dem Staate droheten, u. erfreulichen Ereignissen, dort mit Gebeten um Abwehrung (Obsecrationes), hier mit Dankgebeten (Gratulationes). Die letzteren wurden nach einem großen Siege dem abwesenden Feldherrn decretirt (Cicero war der Einzige, welchem in Friedenszeiten wegen Entdeckung u. Unterdrückung der Catilinarischen Verschwörung S. vom Senat angeordnet wurden) u. nach den Umständen 25, 10, 15, 20, ja 40 u. 59 Tage lang gehalten. Es wurden dabei öffentliche Processionen zu den zugänglichen Tempeln gehalten, Gebete u. Göttermahlzeiten (Lectisternia, s.d.) entweder für eine einzelne Gottheit od. für mehre Götter bereitet. Bei großen Supplicationen betheiligte sich das ganze Volk ohne Unterschied des Standes u. Alters; dem Festzuge, welcher vom Tempel des Apollo ausging u. bei dem der Vejentischen Juno endigte, gingen dreimal neun Jungfrauen singend voran.