[610] Procession (v. lat.), 1) Prunkzug, Aufzug; 2) feierlicher Aufzug, bes. religiöser Art, um der Gottheit od. einem Heiligen seine Anbetung od. Verehrung zu erkennen zu geben, u. um sich der Huld u. Gnadenerweisungen derselben zu versichern. Schon bei den Heiden, namentlich bei Griechen u. Römern, findet man P-en in die Göttertempel, an heilige Orte, zu Opfern unter Anführung der Priester u. Vortragung der Götterbilder, zur Feier der Mysterien etc. Die Sitte der P-en wurde auch in die Christliche Kirche verpflanzt, nachdem das Christenthum Staatsreligion im Römischen Reiche geworden war, u. nahm immer mehr überhand, je mehr man bemüht war dem Cultus äußeren Glanz zu geben u. nächst der Verherrlichung Gottes zugleich die Heiligenverehrung allgemeiner wurde. Die P-en fanden auch bald den Beifall des Volkes, zumal da die Römische Kirche dem Anschluß an P-en besondere Verdienstlichkeiten beilegte. Bei solchen Processionen zieht die Geistlichkeit unter Anschließung von Laien um Altäre u. Kirchen, durch Straßen nach Kirchen u. heiligen Plätzen; dabei werden Fahnen, Kreuze (daher Kreuzgänge), brennende Lichter u. die Reliquien vorgetragen, die Glocken geläutet, Psalmen u. Hymnen gesungen, Gebete hergesagt; vgl. Wallfahrten. Außergewöhnliche P-en finden in Zeiten allgemeiner Noth, der Pest, Hungersnoth, des Krieges etc. statt. P-en zur Erhaltung irgend einer Gnade heißen Bittgänge od. Litaneien. Obgleich gewisse P-en, z.B. die des Frohnleichnamsfestes, Kreuzerhöhung etc., der ganzen Katholischen Kirche gemeinsam sind, so haben doch die[610] verschiedenen Länder u. Städte, wie sie ihre besonderen Schutzheiligen verehren, auch ihre besonderen P-en, welche je nach der Größe der Orte, wie z.B. Rom, Neapel etc., u. der Wichtigkeit der Heiligen mehr od. weniger glanzvoll sind. Weil die Evangelische Kirche der Idee eines einfachen Cultus huldigt, hat sie die P-en in der früheren Weise aufgegeben u. hält sie nur bei bes. feierlichen Gelegenheiten, wie Friedensjubelfesten etc.