Transscendental

[758] Transscendental (v. lat.), 1) nach Kant die philosophischen Untersuchungen, welche sich nicht zunächst mit den Gegenständen, sondern mit der Art unserer Erkenntniß derselben beschäftigt, insofern sie eine von der Erfahrung unabhängige, also nothwendige u. allgemeine ist. Daher Transscendentale Philosophie, so v.w. kritische Philosophie, die, welche die Untersuchung der Erkenntnißvermögen als die nothwendige Vorbedingung für die Untersuchung der Gegenstände betrachtet u. somit die Stelle der Metaphysik (s.d.) vertreten sollte. Transscendentale Ästhetik nannte Kant die Untersuchung der unsere sinnlichen Auffassungen bedingenden, unabhängig von der Erfahrung in uns liegenden Formen der sinnlichen Anschauungen, Raum u. Zeit. Transscendentale Logik, die Untersuchung der unser Denken über die Erfahrung bestimmenden Verstandesbegriffe u. Urtheile. Transscendentale Dialektik, die Darlegung der Verwickelungen, welche entstehen, wenn Erkenntnissen, die nur für den Umfang der Erfahrung gelten, eine die Grenzen aller Erfahrung übersteigende Bedeutung gegeben wird (vgl. Transscendent). In demselben Sinne bezeichnete Kant Raum u. Zeit als Transscendentale Schemăta, d.h. als diejenigen Formen der Sinnlichkeit, auf welche die Verstandesbegriffe in ihrer Anwendung beschränkt sind, z.B. in dem Satze: die Wirkung folgt auf die Ursache, ist die Zeit das t-e Schema für den Begriff der Causalität. Ebenso heißt bei ihm das Selbstbewußtsein die Transscendentale Apperception des Ich; Ausdrücke, wie Transscendentale Methodenlehre, Transscendentaler Idealismus, erklären sich daraus von selbst. In späterer Zeit ist das Wort T. häufig in dem, Sinne gebraucht worden, daß es überhaupt das bezeichnet, 2) was auf speculativen Schlußfolgerungen beruht; so nannte z.B. Serres T-e Anatomie diejenigen anatomischen Annahmen, welche nicht auf unmittelbarer Beobachtung, sondern auf gewissen aus den wahrnehmbaren Thatsachen über den Bau u. die Functionen der Körpertheile gezogenen Folgerungen beruhen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 758.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: