[846] Tristan u. Isolde, ein althochdeutsches romantisches Gedicht, zum Sagenkreis der Tafelrunde gehörig. Das Gedicht ist ursprünglich britisch (bretonisch) u. ging in alle civilisirten Sprachen über: französisch vom Ritter Luce, Herrn des Schlosses Gast, begonnen u. von Helie de Borron vollendet. Älteste Ausgabe (jedoch sehr verkürzt) Rouen 1489, Fol.; neueste Ausg. Par. 1799. Deutsch war es zuerst bearbeitet von Eilhart von Oberg; das jetzt vorhandene Gedicht ist von Gottfried von Strasburg, welcher es jedoch nicht vollendete; die Fortsetzungen sind von Ulrich von Türheim u. Heinrich von Vrieberg (Freiberg). Die Geschichte ist: Riwalin, König zu Lohnoys (Leonnais) in Parmenien, gewann bei seinem Aufenthalt am Hofe des Königs Marke von Kurnewal (Cornwal) u. Engellant (England) dessen Schwester Blanscheflur lieb, entführte sie u. heirathete sie daheim. Riwalin blieb darauf in einem Gefechte gegen seinen Lehnsherrn Morgan; Blanscheflur aber gebar einen Sohn, Tristan, u. st. im Kindbett. Riwalins Marschall, Rual, u. dessen Gemahlin Florete erzogen den jungen T. in Kastel Canoel u. gaben ihn für ihr Kind aus. 14 Jahre alt wurde T. von norwegischen Kaufleuten entführt u. in Kurnewal ausgesetzt, kam an den Hof des Königs Marke, bei welchem er sich für einen verlorenen Kaufmannssohn ausgab u. dessen Jägermeister er wurde. Erst durch Rual wurde T. später dem König Marke entdeckt u. nun zum Ritter geschlagen. Er rächte des Vaters Tod an Morgan, übergab sein Land dem treuen Rual u. ging zu seinem Oheim Marke zurück. Hier erlegte er Morolt, den Königssohn von Irland, welcher Tribut zu holen hier war, wurde aber selbst tödtlich verwundet. Nur Morolts Schwester Isolde (Isollt) konnte solche Wunde heilen, u. als Sänger verkleidet ging T. nach Irland, wurde von Isolde geheilt u. deren Singlehrer. Dann kehrte er zu Marke zurück. Marke wollte ihm sein Land übergeben, wurde aber von seinen Mannen zu einer Heirath bewogen; seine Braut sollte Isolde u. T. der Werber sein. T. führte als Kaufmann verkleidet seinen Auftrag glücklich aus u. erhielt Isolden für seinen Herrn. Die Mutter gab ihr heimlich einen Liebestrank für den Bräutigam mit, aber T. u. Isolde tranken denselben unbewußt, entbrannten in Liebe zu einander u. vermählten sich unterwegs. Isolde wurde nun zwar Markes Frau, aber blieb unzertrennlich mit T. verbunden. Als Marke ihr Verhältniß erfuhr, mußte T. fliehen; er ging nach der Normandie, Alemannien u. zuletzt nach Parmenien, wo Rual gestorben war; in Arundel focht er für den Herzog Jovelin u. liebte dessen Tochter Isolde mit den weißen Händen. (Hier endigt Gottfried von Strasburg, von den beiden Fortsetzern erzählt Heinrich von Vrieberg weiter:) Zwar ehelichte er sie, aber die Erinnerung an die andere Isolde hinderte ihn die Ehe mit seiner Gemahlin zu vollziehen. Er ging an Artus' Hof zu einer Versammlung der Tafelrunde, u. Artus söhnte ihn mit Marke wieder aus. Als aber T. sein Verhältniß zu Isolde fortsetzte, verdammte ihn Marke zum Tode. T. floh u. entführte auch Isolden nach der Liebeshöhle, wo sie sich oft sahen u. einander liebten. Nach einem halben Jahre kehrte Isolde zu Marke zurück, T. aber ging nach Arundel zu seiner Gemahlin. Endlich erhielt er in einer Fehde für seinen Schwager eine tödtliche Wunde; zur Heilung ließ er Isolde aus Kurnewall kommen, aber auf die falsche Nachricht, daß sie nicht käme, starb T. u. aus Gram starb auch die nachher angekommene Isolde. Marke, welcher jetzt erst den Grund ihrer Liebe erfuhr, begrub sie neben einander zu Tintajol u. setzte auf das Grab der Isolde einen Rosen-, auf das des T. einen Weinstock, welche beide in einander wuchsen u. sich so fest verschlangen, daß sie nicht mehr getrennt werden konnten. Zu den vielen aus diesem Romane benutzten Episoden gehört namentlich die von dem aus T-s u. Isoldens Grabe aufgeschossenen Geisblatt, welche der Maria de France zu ihrem Lai du Chevre foil diente. Als einen Sohn T-s nannte die Fabel Isaïe le triste, welcher jedoch[846] erst in einem Roman des 15. Jahrh. vorkommt. Herausgegeben ist das deutsche Gedicht von Groote, Berl. 1821; von v. d. Hagen in Gottfrieds von Strasburg sämmtlichen Werken, Bresl. 1823 (hier finden sich auch französische Bearbeitungen), von Maßmann, Stuttg. 1843, neuhochdeutsch von Kurtz, Stuttg. 1844; von Simrock, Lpz. 1855, 2 Bde. Das englische Gedicht hat Walter Scott, 2. Aufl., Edinb. 1806, herausgegeben. Neu bearbeitet ist die Geschichte von T. u. Isolde mehrfach, auch in Prosa, 1484, u. ö.; zuletzt von Immermann im 13. Bande seiner Werke; vgl. Mone, Die Sage von T. u. Isolde, Heidelb. 1822; Michel, T. Recueil de ce qui reste des poëmes relatifs à ses aventures, Lond. u. Par. 1835.