[268] Unwissenheit (Ignorantia), der Mangel der Kenntniß von einer Sache. In rechtlicher Beziehung steht eine solche U. dem Irrthum (Error) gleich; auch der letztere beruht immer auf einem Nichtwissen dessen, was eigentlich das Wahre ist. Ist eine solche U. das Motiv einer Handlung od. Unterlassung gewesen, so wird dadurch die Handlung od. Unterlassung selbst regelmäßig nicht ohne Weiteres nichtig; die Thatsache der Handlung gilt als rechtlich[268] existent, weil sie durch einen, wenn auch in den Motiven fehlerhaften, aber doch immer vorhanden gewesenen Willen hervorgerufen worden ist. Blos bei Testamentserrichtungen u. Erbschaftsvertretungen bewirkt U. od. Irrthum auch Ungültigkeit der Acte, welche auf ihnen beruhen. Im Übrigen aber wird die U. als Motiv einer Handlung regelmäßig gar nicht berücksichtigt, bes. nicht, wenn die U. sich nur auf Rechtssätze bezog (Ignorantia juris nocet). Doch gibt es gewisse Personen, denen auch ein Rechtsirrthum verziehen wird; dahin gehören gemeinrechtlich Minderjährige, Frauen, Leute ungebildeten Standes, Soldaten u. bei Bestrittenheit des Rechtssatzes od. seiner Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall auch Andere, wenn der Irrende nicht durch Beziehung eines Rechtsverständigen die nachtheiligen Folgen seiner U. verhüten konnte. In solchen Fällen, so wie bei U. der Thatsachen (Ignorantia facti) erhält, wenn sich für denselben nur ein genügender Entschuldigungsgrund anführen läßt, der Irrende die außerordentliche Hülfe der In integrum restitutio, u. falls der Irrthum durch ein rechtswidriges Gebahren hervorgerufen od. benutzt wurde, überdies gegenüber dem Betrüger u. dessen Successoren noch verschiedene andere Rechtsmittel, durch welche die nachtheilige Handlung rescindirt u. in ihren Folgen unschädlich gemacht werden kann. Bei manchen Klagen, z.B. der Condictio indebiti u. den ädilitischen Klagen, bildet die U. geradezu die Unterlage zur Begründung des Klagerechtes.