Verfahren [2]

[463] Verfahren, 1) die Behandlung einer rechtlichen Angelegenheit im Allgemeinen; bes. aber 2) die Form u. Aufeinanderfolge der verschiedenen rechtlichen Handlungen, welche bei streitigen Rechtsangelegenheiten vor dem Richter vorzunehmen sind, um die Angelegenheit zur geordneten Entscheidung u. Vollstreckung zu bringen (rechtliches V., Proceß). Jemand zum rechtlichen V. verweisen, heißt, ihn bedeuten, daß er seine Sache im Rechtswege vor dem Richter auszumachen habe. Das V. heißt ein tumultuarisches, wenn es nicht in der Ordnung vor sich geht, in welcher es nach den Gesetzen vor sich zu gehen hat, namentlich wenn es eines der wesentlichen Rechtsacte ermangelt, ohne welches ein rechtliches V. nach den obersten Grundsätzen des Processes nicht gedacht werden kann, z.B. im Civilprocesse der Klage, Einlassung des Beklagten etc. Nach der Form der Rechtshandlungen theilt es sich in mündliches u. schriftliches V., jenachdem der Richter u. die Parteien blos mündlich od. in Schriften mit einander verhandeln; doch pflegt auch das mündliche V. mit sehr kurzen schriftlichen Aufzeichnungen über das Geschehene in Protokollen (s.d.) od. Registraturen verbunden zu sein. Eine Unterart des schriftlichen V-s ist noch das articulirte V., wobei die Punkte, um welche es sich wesentlich handelt, z, B. die Klagbehauptungen u. deren Beantwortung, die Deductionen der Beweisschriften, die Befragung eines Angeschuldigten in kleine Sätze, Artikel, aufgelöst werden. Seit dem 17. Jahrh. wurde diese articulirte Form des V-s bei allen wichtigeren Processen die Regel, u. nur bei minder wichtigen Rechtsstreitigkeiten galt ein Abgehen davon als erlaubt; daher z.B. articulirte Klage, im Gegensatz der nicht articulirten (Summari-) Klage, so v. w. Klage im ordentlichen Proceß. Die neuere Zeit hat sich immer mehr u. mehr von der Unzweckmäßigkeit des articulirten V-s überzeugt, u. dasselbe kommt daher in den heutigen Proceßordnungen nur noch ausnahmsweise, bes. bei der Beweisung vor. Die wichtigste Eintheilung des V-s ist die nach dem Gegenstande des Rechtsstreites, in Civil- u. Criminalverfahren, hierüber vgl. Civil- u. Criminalproceß.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 463.
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