Verleumdung

[491] Verleumdung (Diffamatio), die Unterart der Injurie (s.d.), welcher sich derjenige schuldig macht, der einem Anderen von dritten Personen bestimmte Verbrechen od. unsittliche Handlungen, ohne die Überzeugung von ihrer Wahrheit zu haben, u. mit dem Bewußtsein, daß er dadurch den Anderen dem öffentlichen Unwillen od. der Verachtung Preis gebe, nachsagt. Von dem Gemeinen Rechte wird die V. nicht bes. ausgezeichnet, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen über Injurien behandelt, dagegen nimmt dieselbe in den neueren Gesetzgebungen eine selbständige Stelle ein. Als Thatbestand der V. gilt, daß dem Verleumdeten bes. immer bestimmte Thatsachen nachgesagt worden, wenn auch die Thatsache selbst dabei nicht bis in das Einzelnste präcisirt ist. Die Thatsachen können entweder ganz falsch od. nur entstellt sein; die Absicht braucht nur darauf gerichtet zu sein, die Ehre des Anderen zu verletzen, so daß keineswegs erfordert wird, daß die üble Nachrede gerade zu dem speciellen Zwecke geschehe, um dem Verleumdeten den guten Namen zu entziehen od. ihm an seinen Fortkommen zu schaden. Geschieht die Andichtung zu dem Zwecke, um den Betreffenden in eine Criminaluntersuchung zu verwickeln, so geht damit die That sogar in ein gewöhnlich noch bes. ausgezeichnetes Verbrechen, das der falschen Beschuldigung, über. Die Nennung eines Gewährsmannes, von welchem man die weiter verbreiteten falschen Nachrichten erfahren, genügt zur Abwendung des Vorwurfs der V dann, wenn aus den Umständen hervorgeht, daß dem Gewährsmanne wirklich Glauben geschenkt worden ist; dagegen wird der Thatbestand der V, dadurch dann nicht aufgehoben, wenn Jemand wissentlich verleumderische Äußerungen Anderer nachgesprochen u. so weiter verbreitet hat. Das Nachsagen kann sowohl in einem öffentlichen, als einem heimlichen Verbreiten der Nachrede, sowohl schriftlich als mündlich geschehen. Die öffentliche V. Pflegt als Diffamation im engeren Sinne, die heimliche als Privatverleumdung, die V., durch welche die üble Nachrede an öffentliche Behörden im Staate gerichtet worden ist, als Calumnie bezeichnet zu werden. Die Bestrafung der V. richtet sich theils noch der Größe der Beschuldigung u. des etwa dadurch verursachten Nachtheils, theils nach dem Grad u. der mehr od. minder boshaften Art der V., ferner auch nach den persönlichen Verhältnissen des Verleumders zu dem Verleumdeten, namentlich darnach, ob der Erstere dem Letzteren zu besonderer Achtung u. Ehrerbietung verpflichtet war. Als Strafe ist in der Regel Geldbuße od. Gefängniß, in den schwereren Fällen aber auch Arbeitshaus bis zu zwei Jahren angedroht. Die V. als allegorische Gottheit (gr. Diabole, lat. Calumnia), hatte einen Altar in Athen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 491.
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