[38] Federn (springs; ressorts; molle), Konstruktionsteile, die durch entsprechende Gestalt und entsprechend gewähltes Material bei Beanspruchung auf Druck oder Zug innerhalb der Elastizitätsgrenze, bleibende Deformationen von solcher Größe annehmen können, daß bei Bildung oder Rückgang dieser Deformationen eine einem bestimmten Zweck dienende Arbeit verrichtet werden kann.
F. werden angewendet: zur Ansammlung mechanischer Arbeit für den Antrieb von Maschinen (Triebfedern); zur Zurückführung von Maschinenteilen, die durch äußere Kräfte verschoben wurden, an ihren anfänglichen Platz (Reaktionsfedern); um Konstruktionsteile unter gleichbleibendem Druck an einem bestimmten Ort festzuhalten (Druckfedern); um einem Lockern von Konstruktionsteilen entgegenzuwirken (Spannfedern); zur Abschwächung von Stößen überhaupt oder bei der Unterstützung von Körpern (Tragfedern); als Meßfedern, zur Bestimmung der Größe von Kräften durch die Größe der Formänderung der F. (Dynamometerfedern) u.s.w.
Im Eisenbahnwesen finden F. bei Fahrzeugen als Tragfedern, Bufferfedern und Zugvorrichtungsfedern Verwendung; ferner werden F. bei der Kuppelung zwischen Lokomotive und Tender, bei beweglichen Radgestellen, bei den Sicherheitsventilen der Lokomotiven, bei den Manometern u.s.w. angewendet.
Die wichtigsten der an Fahrzeugen vorkommenden F. sind die zwischen Achslagern und Rahmen der Fahrzeuge eingeschalteten Tragfedern, die die beim Rollen der Fahrzeuge über Schienenstöße und sonstige Gleisunebenheiten auftretenden Stöße aufnehmen und mildern sollen.
Als Material für Tragfedern kommt derzeit nur Stahl in Betracht, der nach den Vorschriften fast aller Bahnen im ungehärteten Zustand rund 70 kg Zugfestigkeit bei 10% Dehnung und 20% Querschnittverminderung aufweisen soll; im gehärteten Zustand erreicht die Zugfestigkeit 140150 kg.
Der Formgebung nach sind die F. in der Regel ausgeführt als Blattfedern (Abb. 16, 20, 28 und 29), seltener als Schraubenfedern (Abb. 19).
Die Blattfedern werden möglichst als Körper von gleichem Widerstand hergestellt, um bei geringstem Gewichte die größte Elastizität zu erzielen. Diese F. werden stets aus mehreren aufeinander gelegten Federblättern erzeugt. Eine solche F. kann man sich auf die folgende Weise entstanden denken. In Abb. 17 ist ein Körper von gleicher Widerstandsfähigkeit dargestellt, der in der Mitte durch eine Kraft P gestützt wird und an dessen beiden Enden je eine Kraft P/2 wirkt.
Denkt man sich diese Platte, wie in Abb. 18 angedeutet, zerschnitten, dabei die einzelnen mit denselben Zahlen bezeichneten Teile wieder so zusammengesetzt, daß an den Enden Dreiecke entstehen und schließlich wieder in der in Abb. 16 angegebenen Weise zusammengelegt, so hat man eine Tragfeder, bei der die Inanspruchnahme der einzelnen Lagen mit der Beanspruchung der Feder (Abb. 17) unter der Voraussetzung übereinstimmt, daß in beiden Fällen die äußeren Kräfte, die die Federn belasten, gleich groß sind.
Bezeichnet b die Breite und h die Höhe einer Lage in Millimetern, n die Anzahl der Lagen und l die halbe Länge der F. in Millimetern, so ist, wenn p die Inanspruchnahme für 1 mm2 Querschnitte bezeichnet,[38]
Die Durchbiegung f in Millimetern beträgt
wobei E den Elastizitätsmodul bezeichnet.
Über die Lage der F. in bezug auf die Achslager s.: Ausgleichhebel, Lokomotive, Güterwagen und Personenwagen.
In der Gestalt grundsätzlich gleich, unterscheiden sich die an Lokomotiven und Tendern, an Güterwagen und Personenwagen angebrachten F. nur dadurch, daß jede dieser Gattungen durch entsprechende Wahl der Abmessungen (Länge zwischen den Aufhängungen, Breite, Dicke und Anzahl der Blätter), die zur Sicherheit und Weichheit des Ganzen erforderliche Durchbiegung (f) gibt.
Diesbezügliche erprobte Werte gibt die nachstehende Tabelle.
Vgl. auch T. V., § 130.
Die Tragfedern sind meist mit den Enden nach oben gekrümmt. Die Pfeilhöhe der unbelasteten F. beträgt in der Regel 55 bis 75 mm bei Lokomotiven und rund 200 mm bei Personenwagen. Die vor längerer Zeit auf den belgischen Staatsbahnen von Belpaire eingeführten Tragfedern sind der leichtern Ausführung wegen ohne anfängliche Krümmung hergestellt, so daß sich die F. unter der Last mit den Enden nach unten biegt; solche F. haben auch anderweitig Eingang gefunden.
Bei den Triebachsen englischer Lokomotiven und an den Enden der über den Achslagern angebrachten Ausgleichhebel amerikanischer Lokomotiven werden häufig F. aus schraubenförmig gewundenem Vierkant- oder Formstahle angebracht (Abb. 19). Sie sind oft leichter unterzubringen, haben aber wegen ihrer geringen Maße größere Neigung zum Brechen als Blattfedern und neigen zu länger dauernden Schwingungen, da sie keine innere Reibung haben.
Der gewählten Art der Aufhängung und Gestalt der Gehänge entspricht die Ausbildung der Federenden: einfaches Langloch in den obersten Lagen (Abb. 20), angestauchte Nase am obersten Blatt (Abb. 21), durch Rollen (Abb. 22) oder Schmieden (Abb. 23) hergestelltes Auge im ersten Blatte oder nur Wulst ohne Schlitz auf dem obersten Blatte.
Die einzelnen Federblätter werden gegen seitliche Verschiebung in der Regel durch eine angewalzte Rippe und Falz (Abb. 24) gesichert.[39]
Sicherungen, wie eingeschraubte Stifte oder angestauchte Daumen an den Blattenden, die in eingeschlagene Vertiefungen des darüber liegenden Blattes eingreifen, haben sich nicht immer bewährt.
Gegen Verschiebung der Blätter in der Längsrichtung, die bei unter den Lagern angeordneten F. der Lokomotiven oft auftritt, ist meist ein durch alle Blätter gehender Stift (Abb. 20) von 810 mm Stärke angebracht. Die dadurch herbeigeführte erhebliche Schwächung der F. wird bei der auf einigen deutschen Bahnen üblichen Ausführung mit einem seitlich halb in die Feder, halb in den Bund eingreifenden Stifte wesentlich vermindert; beide Anordnungen schließen jedoch Verschiebungen nicht mit völliger Sicherheit aus. Vollkommene Sicherheit gegen Verschieben bietet die Ausführung des Stahlwerkes Poldihütte nach Abb. 25, bei der die in die einzelnen Blätter eingepreßten Vertiefungen eine Stütze in einem entsprechend ausgearbeiteten Federbunde finden. Der Ausarbeitung und des Aufbringens wegen muß der Bund zweiteilig hergestellt werden. Diese Form von F. und Bund findet sich an vielen neueren Lieferungen der Lokomotiven der österreichischen Staatsbahnen.
Der feste Zusammenhalt der Blätter an Tragfedern der Lokomotiven wird durch einen warm aufgezogenen Bund bewirkt, der an der der Besichtigung zugänglichen Seite oft eine Aussparung zur Auffindung von Brüchen hat. (Abb. 26, Federbund für oberhalb der Achslager, Abb. 27, Federbund für unterhalb der Achslager angeordnete F.)
Wenn räumliche Verhältnisse es nicht gestatten, den F. eine so große Länge zu geben, daß die für die Weichheit des Ganges (Drehgestelle an Schnellzugwagen, Mittelachse dreiachsiger Personenwagen) erforderliche große Durchbiegung erreicht werden kann, wendet man mehrere F. übereinander an, sog. Gruppenfedern (Abb. 28 und 29). Die Tragkraft von zwei oder mehr übereinander liegenden F. ist nur gleich der Tragkraft einer dieser F.; die Durchbiegung ist aber gleich der Summe aus den Durchbiegungen der einzelnen F.
Abb. 28 zeigt die bei den Wagen der Drehgestelle (s.d.) oft angewendete Form von Gruppenfedern, die sog. Kutschenfeder. Abb. 29 stellt die an Personenwagen russischer Bahnen und vereinzelt an Personenwagen und Heizkesselwagen der österreichischen Staatsbahnen vorkommende Buchanansche Gruppenfeder dar.[40]
Spiralfedern auch Wickel-, Schnecken-, Spiral-, Volut- oder Bailliefedern (nach dem Erfinder Baillie, s.d.) fanden in Österreich in den Fünfziger- und Sechzigerjahren vielfach bei Lokomotiven und Güterwagen als Tragfedern Anwendung; heute finden sich diese Spiralfedern nur mehr bei Buffern (s.d.) und Zugvorrichtungen.
Die erste Ausführung von Tragfedern mit der typischen Form Abb. 16, erfolgte im Jahre 1820 über Anregung von Nicholas Wood an den von G. Stephensen für die Killingworth-Eisenbahn gebauten Lokomotiven. Gruppenfedern nach Type Abb. 29, entworfen von Buchanan, finden sich schon 1840 an Personenwagen kontinentaler und englischer Bahnen. Die erste Ausführung von Baillieschen Spiralfedern erfolgte 1846 an von Haswell in Wien gebauten Personenzuglokomotiven für die südöstlichen Staatsbahnen.
Literatur: Nicholas Wood, A practical treatise on rail-roads, Philadelphia 1832. Karl Armengand, Das Eisenbahnwesen, Weimar 1841. Heusinger, Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik, Band II und III, Leipzig 1882. Maurice Demoulin, Traité pratique de la machine locomotive, Paris 1898. Eisenbahntechnik der Gegenwart, III. Auflage, Wiesbaden 1912.
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