Federn [1]

[374] Federn, die Hautbedeckung der Vögel, sind den Haaren der Säugetiere und mehr noch den Schuppen der Reptilien vergleichbar (s. Haare) und entstehen aus einer Verdickung der Oberhaut (Epidermis) in Gestalt eines kleinen Höckers, in denen von innen her eine Papille der Lederhaut (Cutis) mit Gefäßen und Nerven eindringt. Sodann senkt sich die Federanlage ein und bildet den sogen. Federbalg (Follikel). Im Grunde desselben wächst und verhornt die Oberhaut, doch bleibt letztere nicht einheitlich, sondern fasert sich beim allmählichen Heraustritt aus dem Balg in viele sogen. Strahlen, die zusammen die F. bilden. Die jungen F. bedecken als Dunenkleid recht gleichförmig den ganzen Körper. Doch wird dieses Gefieder rasch durch das definitive ersetzt. Unter jedem Balg bildet sich nämlich ein andrer, und die in ihm aufwachsende Feder hebt den obern Balg samt den Strahlen aus der Haut heraus. Sonach entsteht die definitive Feder direkt aus einem Balg; der Hauptunterschied zwischen ihr und der embryonalen besteht jedoch darin, daß ihre Strahlen von einem mittlern Schaft ausgehen, der an beiden Seiten die zum Bart (oder zur Fahne) vereinigten Strahlen trägt. Diese besitzen (mit Ausnahme der Strauße, s.d.) kleine Häkchen, die ineinander greifen und den Zusammenschluß der Strahlen[374] zu einer festen Fläche bewirken. Nach Beendigung der Federbildung rundet sich der Schaft zur Spule; zuletzt vertrocknet die Papille in Absätzen, und die von ihr abgeschiedenen Häute bilden die sogen. Seele der Feder. Meist ist neben dem Hauptschaft noch ein Nebenschaft (Afterschaft) vorhanden, der aber gewöhnlich klein bleibt, beim Emu jedoch und dem Moa so groß wird wie jener. An der fertigen Feder unterscheidet man Rinde und Mark; sie ist von Luft erfüllt, wodurch die weiße Farbe hervorgerufen wird; nur der in der Haut steckende Teil der Spule ist weich und saftig. Für die Entstehung der Farben kommen im übrigen zwei Möglichkeiten in Betracht; in den Markzellen liegt vor allem ein braunes Pigment sowie rote und gelbe Farbstoffe, durch deren Verteilung die betreffenden Farben hervorgerufen werden, während Blau und teilweise auch Grün sogen. Strukturfarben sind, d. h. durch den Bau der Feder bedingt werden. Chemisch sind die F. den Haaren ziemlich gleich, aber besonders reich an Kieselsäure. Man unterscheidet zweierlei F., nämlich die zarten Daunen oder Dunen (Flaum) und die größern Konturfedern; letztere bedingen die Färbung des Gefieders, und zu ihnen gehören die Schwung- oder Steuerfedern. Über ihre Anordnung s. Vögel. – Jährlich werden durch einen dem Haarwechsel der Säugetiere gleichen Prozeß in der sogen. Mauser die F. erneuert. Hierbei ändert sich häufig die Färbung, und es bildet sich das meist prächtige Hochzeitskleid (s.d., mit Tafel); dabei handelt es sich nicht nur um chemische und Strukturdifferenzen, sondern es werden auch die Spitzen mancher F. abgestoßen, so daß die tiefern Lagen des Gefieders mit andern Farben zum Vorschein kommen. Durch Zusätze gewisser Stoffe zum Futter lassen sich die F. auch künstlich färben (soz. B. die des Kanarienvogels mit Cayennepfeffer rot); nötig ist dabei, daß der Farbstoff in Fett löslich (ein sogen. Lipochrom) sei. Vgl. Nitzsch, System der Pterylographie (Halle 1840); Klee, Bau und Entwickelung der Feder (das. 1886); Häcker, Die Farben der Vogelfedern (im »Archiv für mikroskopische Anatomie«, 1890, und im »Zoologischen Jahrbuch«, Sept. 1901).

Verwendung der Federn.

F. dienen zum Ausstopfen der Betten (Bettfedern), zum Schmuck (Schmuckfedern) und zum Schreiben (Schreibfedern). Die vorzüglichsten Bettfedern sind Eiderdunen oder -Daunen (s. Eiderente) und die Daunen von Brust und Bauch des Schwanes. Am häufigsten sind aber Gänsefedern im Handel, die aus Ungarn, Rußland, China, Böhmen und Galizien kommen. Weiße F. sind teurer, aber nicht besser als graue. Die F. sind um so wertvoller, je mehr Flaum sie enthalten. Die besten F. liefern lebende Gänse kurz vor Beginn der Mauser. Man nimmt wiederholt die lose sitzenden F. ab und erhält so eine vollkommen reife, sehr elastische und haltbare Ware. 8 Gänse liefern etwa 1 kg gute F., 32 Gänse 1 kg gute Flaumfedern. Die mit Gewalt ausgerupften F. enthalten, weil sie noch unreif sind, Hautreste, die später Staub entwickeln, und entbehren der Füllkraft. Stall- und Mastgänse haben weniger gute F. als die auf der Weide oder an Gewässern erzogenen Tiere; sie sind sehr fett und können nur durch Waschen gebrauchsfähig gemacht werden. Am schlechtesten sind F. von krepierten Vögeln, denen ein übler, nicht zu entfernender Geruch anhaftet. Nach längerm Gebrauch werden die Kiele der F. gelb und bei großer Trockenheit brüchig. Der Flaum wird dann kurz und zeigt die sogen. Fissern (Flugflaum). Enten geben zartkielige, leichte F., die oft an Stelle von Daunen benutzt werden, aber weniger haltbar sind als Gänsefedern. China führt große Mengen Entenfedern aus, die ca. 40 Proz Schmutz und Staub enthalten, nach dem Reinigen aber eine gut füllende Ware liefern und gegenwärtig den hauptsächlichsten Füllartikel für billige Betten bilden. Rebhuhnfedern (hauptsächlich aus Sibirien) gleichen geringen Entenfedern. Hühnerfedern, der billigste Artikel, kommen aus Rußland, Amerika, Frankreich und Spanien; sie sind ohne Füllkraft und Elastizität, ihr Wert wird nach der Farbe bemessen. Möwen- und Meerschwalbenfedern werden ihrer schönen Farbe wegen Gänsefedern beigemischt, ebenso Taubenfedern, die am meisten von Motten angegriffen werden. Truthahnfedern kommen aus Amerika, Frankreich, Italien, Ungarn; die Bauchfedern rangieren unter Hühnerfedern; Schwanz- und Flügelfedern werden als Schmuckfedern und zu Staubbesen benutzt, aus den Eckkielen wird ein Fischbeinsurrogat gemacht. In einzelnen Gegenden Deutschlands werden nur Schleißfedern verwendet, vom Kiel abgelöste Fahnen von Gänsefedern, deren bessere Sorten mit Daunen vermischt werden. F. von fleischfressenden Vögeln riechen widerlich, und Albatrosfedern sind daher nicht als Bettfedern zu benutzen. Zum Schutz gegen Motten kann man etwas Naphthalin hinzutun. Zur Benutzung sollen die F. wenigstens 1 Jahr alt sein, die von toten oder gemästeten Gänsen stammenden dürfen nicht mit den von lebendigen Gänsen entnommenen vermischt werden. Die von den gereinigten Gänsen entnommenen F. schüttet man in einen Korb, rührt sie locker auf, setzt sie der Zugluft aus und schüttet sie in Säcke, um sie an der Sonne unter wiederholtem Schütteln und Klopfen hängen zu lassen, bis sie weder Staub noch Geruch mehr verbreiten. In diesen Säcken werden die F. an einem trocknen Ort aufbewahrt. Vorteilhafter läßt man die F. in einer Federreinigungsanstalt dämpfen, auch empfiehlt es sich, längere Zeit im Gebrauch befindliche F. wieder ausdämpfen zu lassen, um ihre Elastizität wieder herzustellen. Alte F. erkennt man leicht an ihrer geringen Weiße und namentlich an den abgenutzten Spitzen. Beimengungen von Ton, Gips, Kreide, die das Gewicht der F. vermehren sollen, zeigen sich, wenn man eine Handvoll F. auf schwarzem Papier stark schüttelt. Über Bettfedernreinigungsmaschinen s. Federnreinigungsmaschine. Deutschland betreibt den bedeutendsten Handel mit F., es werden jährlich rund 10 Mill. kg in 40 größern Anstalten (Untertürkheim, Kannstatt, Mannheim, Hannover, Soltau, München, Berlin) veredelt.

Die vorzüglichsten Schmuckfedern sind die Straußfedern aus den Flügeln und dem Schwanz des afrikanischen Straußes (Struthio Camelus). Die besten Straußfedern kommen aus der Syrischen Wüste (Aleppofedern), dann folgen die Berber-, Senegal-, Nil-, Mogador-, Kap- und Jemenfedern. Nein weiße und sattschwarze F. sind am wertvollsten. In jedem Flügel des Straußes zählt man vier Hauptfedern (Awahni) von 33 cm Länge und 10 cm Breite. Die Federn von gezüchteten Vögeln sind weniger wertvoll als die von wilden. Der südamerikanische Strauß liefert graue und braune, den Marabufedern ähnliche Schmuckfedern. Unechte Straußfedern sind Geierfedern oder zugerichtete Hahnenfedern, die aus Italien in den Handel kommen. Reiherfedern, vom Hinterkopf der Männchen verschiedener Reiherarten, wurden im Mittelalter auf Helmen getragen. Die schönsten Reiherfedern sind[375] tief schwarz und gleichen einem Bande, das oben zugespitzt und an den Rändern zart gefasert ist. Diese F. kommen aus Sibirien, Indien, vom Senegal, aus Guayana etc. Graue und bläuliche Reiherfedern kommen aus Ungarn, Dalmatien und Preußen. Die sogen. Aigrettes, weiße F. mit sehr dünnem Schaft, von dem in kleinen Zwischenräumen seine, paarweise gestellte Fäserchen von seidenartigem Glanz und silberweißer Farbe auslaufen, stammen vom Silberreiher (Ardea Garzetta), die Espadonfedern von dem in Südamerika heimischen roten Löffelreiher (Platalea Ajaja). Marabufedern (Marabouts) sind die Steißfedern verschiedener Storcharten (Ciconia Marabu in Indien, C. Argala in Innerafrika, C. Mycteria in Brasilien), sie sind kurz, blendend weiß oder grau, sein zerschlissen, flaumartig weich und zart und sehr kostbar. Unechte Marabouts stammen vom ostindischen Storch und werden auch aus den Schwanzfedern des Storches, Pfauhahns und Truthahns gemacht. Vom Paradiesvogel in Neuguinea kommt das ganze Gefieder in den Handel. Geierfedern (Vulturfedern), aus dem Federkragen am Hals des Geiers, werden roh und gefärbt benutzt. Außerdem dienen zu billigem Federschmuck Hahnen- und Kapaunfedern, Raben-, Fasan-, Kranich-, Schwan-, Gans-, Tauben-, Truthahn- u. Pfauenfedern. Aus Papageifedern werden Federblumen dargestellt.

Die Federschmückerei beschäftigt sich mit der Herrichtung der F. zu Schmuckgegenständen. Man reinigt sie durch ein Seifenbad, legt sie in eine lauwarme Lösung von rotem chromsaurem Kali mit Salpetersäure, spült und bleicht sie mit schwefliger Säure oder Wasserstoffsuperoxyd. Die F., die weiß bleiben sollen, werden mit Indigkarmin schwach gebläut. Um die F. zu trocknen, behandelt man sie mit einer Mischung von kaltem Wasser mit Stärke oder sein geschlämmter Kreide, nimmt sie sodann heraus und schlägt mit der Hand, mit der man die F. hält, auf den Vorderarm der andern Hand. Hierbei werden die Fransen der Bärte voneinander getrennt, indem die Kreide- oder Stärketeilchen mit Gewalt aus den Zwischenräumen herausgetrieben werden. Zum Färben der F. dienen Teerfarben. Um die F. zu kräuseln oder zu frisieren, zieht man sie an allen Stellen mehrmals zwischen dem Daumen und einem glatten Horn oder einer stumpfen Messerklinge durch. Vielfach dienen F. zur Herstellung von Federblumen und auch zu andern künstlichen Blumen. Federmosaik, Darstellungen von Vögeln, wird aus F. hergestellt, die man auf Papier klebt. Federstickerei wird in Salzburg, Tirol etc. als Verzierung auf ledernen Gürteln getragen. Man bedient sich dazu des harten weißen Rückens der Schäfte der Pfauenfedern und näht damit wie mit einem Faden beliebige Zeichnungen in das Leder. Als Federpelzwerk dient der Balg einiger Wasservögel, der wie das Pelzwerk der Säugetiere benutzt wird. Man läßt den Balg unverändert oder entfernt die Deckfedern und läßt nur das flaumige Unterkleid stehen. Besonders schön sind die Grebenfelle, die von verschiedenen Steißfüßen, besonders vom Haubentaucher, abstammen; sie sind weiß mit blaugrauer (am meisten geschätzter) oder rotbrauner Einfassung; als die besten gelten die italienischen, schweizerischen und holländischen. Man verarbeitet sie zu Muffen, Kragen, Baretts. Die Bälge der Gänse und Schwäne in Holland (die besten) und Frankreich liefern überaus weichen und zarten Besatz (Schwan) für Damen- und Kinderkleidungsstücke. Aus den Bälgen der Eiderenten werden im nördlichen Europa vielfach Decken mit farbigen Kanten zusammengesetzt. Vgl. Stiegler, Färben und Waschen der Schmuckfedern (Weim. 1886); Lau, Unterricht in der Putzfedernfärberei (Wien 1890); Geyer, Färben der Schmuckfedern (2. Aufl., Münch. 1898).

Schreibfedern (Po sen) liefern die Schwanz- und Flügelfedern der Gänse. Man verwendet die fünf äußersten Schwungfedern jedes Flügels, von denen die zweite und dritte (Schlachtposen) die besten sind. Die im Mai und Juni von selbst ausgefallenen sind viel wertvoller als die gerupften. Zum Verkauf werden sie durch Erwärmung erweicht, wiederholt unter einer stumpfen Messerklinge durchgezogen, dann wieder rund gedrückt, getrocknet und mit wollenen Lappen geglättet. Durch Erweichen in heißem Alaunwasser werden die Posen durchsichtig hell (Glasspulen). Schreibfedern finden auch naturfarben und gefärbt Verwendung als Schmuckfedern. Der untere Teil des Kiels wird auf Zahnstocher, Zigarrenspitzen, Pinsel verarbeitet, die Fahne wird abgeschliffen, und aus dem obern Teil des Kiels werden Federborsten als Ersatz der Schweinsborsten gemacht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 374-376.
Lizenz:
Faksimiles:
374 | 375 | 376
Kategorien:

Buchempfehlung

Raabe, Wilhelm

Der Hungerpastor

Der Hungerpastor

In der Nachfolge Jean Pauls schreibt Wilhelm Raabe 1862 seinen bildungskritisch moralisierenden Roman »Der Hungerpastor«. »Vom Hunger will ich in diesem schönen Buche handeln, von dem, was er bedeutet, was er will und was er vermag.«

340 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon