Rumänische Eisenbahnen

[247] Rumänische Eisenbahnen (mit Karte).


Inhalt: I. Geschichte. – II. Geographische Gliederung. – III. Verwaltung. – IV. Betriebsergebnisse. – V. Tarifwesen. – VI. Technische Bahnanlage.


I. Geschichte.


Erst nachdem an Stelle der durch die Türkei als Herrscher der Donaufürstentümer Moldau und Walachei eingesetzten griechischen Günstlinge (Phanarioten) einheimischen Fürsten das Schicksal dieser Länder überantwortet wurde, wendete sich das Interesse der letzteren der Verbesserung der gänzlich ungenügenden Verkehrswege zu. Zunächst war es der Fürst[247] Alexander Ghika (1834–1842), der die Absicht hatte, mit Hilfe ausländischen Kapitals in der Walachei eine Eisenbahnlinie zu bauen. Dann beschäftigte sich mit demselben Gedanken Fürst Michael Sturdza, Fürst der Moldau (1834–1849). Doch an der Ungunst der politischen Verhältnisse scheiterte vorläufig die Ausführung dieser Kulturarbeiten. Erst nach der Vereinigung der beiden Donaufürstentümer unter der Regierung des Fürsten Alexander Juon Cuza (1. Januar 1859 bis Mai 1866) wurde ein weiterer Schritt zur Verwirklichung der Eisenbahnpläne gemacht. Es begannen im Jahre 1859 die Baukonzessionsverteilungen, so an den Großbojaren Brancoveanu, an den Fürsten Sapieha u. m. a. Keine konnte jedoch zur Ausführung gelangen. Auch die englische Gesellschaft Varna Railway Company (Barcley and Comp.), die im Auftrag der türkischen Regierung zu jener Zeit die Linie Varna-Rustschuk baute, bewarb sich um den Bau der vollspurigen, 69∙821 km langen Anschlußlinie Giurgevo Smarda-Station Giurgevo-Bukarest Filaret.

Mit den Konzessionsverleihungen ging auch die Aufnahme von Eisenbahnanleihen durch das vereinigte Fürstentum Rumänien Hand in Hand. Die erste Anleihe wurde im Oktober 1864 in der Höhe von 12,027.285 Fr. und die zweite im September 1865 in der Höhe von 10,975.122 Fr. abgeschlossen.

Für den Bau der vorerwähnten, der englischen Gesellschaft konzessionierten Linie, die am 1. November 1869 dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde, hatte der rumänische Staat anläßlich der Übernahme in den Staatsbetrieb die übertrieben große Summe von 14,306.488 Fr. zu bezahlen, d. s. für je 1 km Bahnlänge 204.899 Fr., ungeachtet die Linie durchwegs in der Ebene dahinführt und jeglicher Kunstbauten entbehrt. Außerdem war der Bau und die Ausstattung der Bahn in denkbar einfachster, veralteter und mangelhafter Weise ausgeführt.

Der eigentliche Ausbau des rumänischen Eisenbahnnetzes begann erst unter der Regierung des Fürsten Carol I., nachdem im Jahre 1868 ein Wegebaugesetz geschaffen worden war. Es wurde kurz darauf der Bau und der Betrieb der 222∙411 km umfassenden vollspurigen Linien der nördlichen Moldau der österreichischenglischen Baugesellschaft unter der Führung des Wiener Großindustriellen Ritter Ofenheim von Ponteuxin übertragen. Diese Linien waren: Suczava (österreichisch-rumänische Grenze)-Burdujeni-Vereşti-Dolhaska-Păscani-Roman, 102∙465 km, eröffnet 15. Dezember 1869; Păscani-Jassy, 75∙710 km, eröffnet 1. Juli 1870 und Vereşti-Botoşani, 44∙236 km, eröffnet 1. November 1871.

In Erkenntnis der wirtschaftlichen Vorteile eines entwickelten Eisenbahnnetzes trachtete Rumänien dessen Ausbau tunlichst zu beschleunigen und vergab fast zu gleicher Zeit mit dem Bau der Eisenbahnlinien in der oberen Moldau den Bau und den Betrieb weiterer, fast mitten durch den übrigen Teil, bis an das fernste westliche Ende der vereinigten Fürstentümer führenden, 915∙86 km langen, vollspurigen Eisenbahnlinien an eine preußische Gesellschaft, an deren Spitze Dr. Stroußberg stand.

Die von dieser Gesellschaft zu bauenden Linien umfaßten folgende Strecken:


1. Roman - Tecucii - Barboşi-
Galatz - Galati Hafen - Barboşi -
Brăila - Brăila Hafen-Chitila-
Bukarest Gara Tirgoveşti536∙371 km
2. Tecuciu-Berlad536∙371 km
3. Chitila-Piteşti98∙606 km
Linien 1–3 dem Verkehr übergeben
am 13. September 1872.
4. Bukarest Gara Tirgoveşti-Bukarest
Gara Filaret (Verbindungsbahn),
am 13. Dezember 1872 dem Verkehr
übergeben6.896 km
5. Piteşti-Craiova-Verciorova-
Landesgrenze, am 5. Januar 1875
dem Verkehr übergeben273∙987 km
Zusammen 915∙860 km

Die Vergebung des Baues aller Linien erfolgte nach dem Pauschsystem (à forfait), u.zw. betrug der Einheitspreis, den die österreichisch-englische Gesellschaft erhielt, 230.000 Fr. mit einer jährlich zugesicherten Reineinnahme von 17.850 Fr/km, d.i. gleich einer Verzinsung des Baukapitals von 7∙76%.

Der preußischen Gesellschaft wurde ein Einheitspreis von 270.000 Fr. mit einer jährlichen zugesicherten Reineinnahme von 20.250 Fr. gewährt, d.i. gleich einer Verzinsung des Baukapitals von 7∙5%.

Die Unternehmung Dr. Stroußberg, deren Linien über bedeutende Flüsse und durch schwieriges Gelände führte, hatte mit mannigfachen technischen Schwierigkeiten (Hochwasser, Rutschungen) zu kämpfen, desgleichen mit finanziellen und politischen Widerwärtigkeiten, die eine Begleiterscheinung des 1870/71 ausgebrochenen deutsch-französischen Krieges waren. Dadurch wurden die von der Unternehmung ausgegebenen Obligationen entwertet[248] und diese außer Stand gesetzt, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Am 16. Juli 1871 wurde durch Gesetz die Konzession aufgehoben und die Regierung zum Abschluß eines Übereinkommens mit den Inhabern der Schuldverschreibungen, die sich zur Fortführung des Unternehmens vereinigt hatten, ermächtigt. Einer unter dem Namen »Rumänische Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft« gebildeten Unternehmung wurde durch Ges. vom 5. Januar 1872 die frühere Konzession mit verschiedenen Abänderungen übertragen.

Die Bau- und Betriebsgesellschaft war verpflichtet, die Linien Roman-Tecuciu-Barboşi-Galatz, Tecuciu-Berlad, Barboşi-Chitila-Bukarest, Chitila-Piteşti und die Hafenbahnen der Stationen Galatz und Braila bis zum 1. September, die Bukarester Verbindungsbahn bis zum 1. Dezember 1872 und die Strecke Piteşti-Craiova-Verciorova bis zum 5. Januar 1875 fertigzustellen, die dem Übereinkommen nicht beigetretenen Inhaber von Schuldverschreibungen zu entschädigen und den Verpflichtungen der früheren Konzessionäre nachzukommen. Die rumänische Regierung dagegen bezahlte am 1. Januar und am 1. Juli 1872 je 4,670.000 Fr., gewährleistete vom Eröffnungstag die oben angegebene Verzinsung des Baukapitals und übertrug der Aktiengesellschaft die Ansprüche des rumänischen Staates gegen die früheren Konzessionäre. Auf Grund dessen kam ein Vergleich zwischen den letzteren und der Gesellschaft zu stande, wonach Stroußberg und Genossen ihre Verpflichtungen durch Zahlung von 6 Mill. Taler ablösten. Dieser Betrag wurde von der Gesellschaft zur Einlösung der Zinsscheine des Jahres 1871 verwendet, der Überschuß von den Aktionären in die neue Gesellschaft eingebracht.

Um ihre Verpflichtungen bei den in Bau befindlichen Linien zu erfüllen, verständigte sich die Rumänische Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft (am 28. März 1872) mit der damaligen österreichisch-ungarischen Staatseisenbahn-Gesellschaft, die den Bau bis zur bestimmten Zeit vollendete. Letztere übernahm auch für Rechnung der Rumänischen Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft den Betrieb ihrer Linien. Im Jahre 1878 traten an die Spitze der Verwaltung der Rumänischen Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft 3 deutsche Direktoren. Aber schon wurden Verhandlungen wegen Verstaatlichung dieser Linien eingeleitet, die am 26. Januar (7. Februar) 1880 zum Abschluß gelangten.

Im Einvernehmen zwischen der rumänischen Regierung und dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft wurden die Bedingungen für den Übergang der Verwaltung und des Betriebs der gesamten Linien der Rumänischen Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft in den Staatsbetrieb vorher festgestellt. Es wurde vereinbart, daß sobald der Aufsichtsrat die Zustimmung der unbedingten Mehrheit durch Niederlegung von mehr als 5/10 aller bestehenden Stamm- und Vorzugsaktien nachgewiesen hätte, der Umtausch derselben in 6% ige Staatsschuldverschreibungen beginnen sollte, u.zw. wurden für die Stammaktien 60%, für die Vorzugsaktien 1331/2% des Nennwertes der Anteilscheine bezahlt. Außerdem genossen die rechtzeitig zur Umwandlung niedergelegten Stamm- und Vorzugsaktien eine einmalige Vergütung von 2 bzw. 21/2%, unbeschadet der Ausbezahlung des Gewinnanteils der ersteren für das Jahr 1879. Die nicht umgetauschten Stammaktien erhielten eine feste Verzinsung von 31/3%, die Vorzugsaktien eine solche von 8%. Nachdem die am 3. März 1880 in Berlin abgehaltene Generalversammlung zugestimmt hatte, gelangte der Vertrag am 22. desselben Monats in Wirksamkeit und an Stelle der bisherigen Verwaltungsbehörde trat die Direktion der Rumänischen Staatseisenbahnen.

Durch die Wahl der Richtung der rumänischen Haupteisenbahnlinien vom Norden bei Burdujeni über Paşcani-Roman-Tecuciu-Barboşi-Galatz, Barboşi-Braila-Ploeşti-Chitila-Bukarest, Chitila-Piteşti-Craiova-Verciorova im äußersten Südwesten des Landes war der Grundplan für den weiteren Ausbau des gesamten zukünftigen rumänischen Eisenbahnnetzes vorgezeichnet. Von den Hauptlinien, die das ganze Land der Länge nach bogenförmig in der Mitte durchschneiden, waren Zweiglinien gegen Westen und gegen Norden im Anschluß an das ungarische Eisenbahnnetz sowie gegen Süden nach den Donauhäfen vorgesehen. Auch wurde darauf Bedacht genommen, eine Schienenverbindung zwischen der oberen Moldau und dem Schwarzen Meer über Rußland durch die Linie Jassy-Ungheni zu schaffen.

Zunächst wurde der Bau der 21∙419 km langen eingleisigen Linie Jassy-Ungheni mit russischer Spurweite (1524 mm) nach dem Pauschalsystem vergeben. Am 1. August 1874 wurde diese eröffnet. Die Baukosten bezifferten sich auf 4,611.006∙41 Fr.

Um eine Verbindung der rumänischen Hauptstadt sowie der günstig gelegenen wichtigen Stadt Ploeşti mit Siebenbürgen herzustellen, waren sowohl wirtschaftliche1 als auch nationalpolitische Gründe bestimmend. Es wurde deshalb im Jahre 1875 der Bau der 84∙617 km[249] langen eingleisigen vollspurigen Linie Ploeşti-Câmpina-Sinaia-Predeal-Landesgrenze, nach dem Pauschsystem der englischen Gesellschaft Crawley & Co. übertragen, die später durch eine französische abgelöst wurde. Die Linie wurde 1879 dem Betrieb übergeben. Die Kosten betrugen 37,114.691∙44 Fr.

Während der russisch-rumänisch-türkische Krieg 1877/78 einerseits die Fertigstellung der Linie Ploeşti-Predeal verzögerte, wurden anderseits durch dessen Einwirkung überraschend schnell neue Eisenbahnlinien erbaut, allerdings ohne Zutun der rumänischen Regierung.

Die Schwierigkeiten des Aufmarsches des russischen Heeres an die Donau und die Hemmnisse im Nachschubdienst wegen Hochwassers und mangelhafter Straßen durch das damals rumänische Bessarabien veranlaßte die russische Heeresleitung, den Bau der 304 km langen, von Bender über Reni nach Galatz führenden, eingleisigen Eisenbahnlinie mit russischer Spurweite anzuordnen. Die Eröffnung der Linie für den Verkehr erfolgte am 27. Oktober 1877. Aus gleichen Ursachen wurde von den Russen im Jahre 1877 die 80 km lange eingleisige Kriegsbahn Frateşti-Zimniza mit gewöhnlicher Vollspur erbaut. Sowohl die Strecke Galatz-Reni als auch die letztgenannte Linie wurden nach dem Krieg wieder beseitigt.

Seit dem Jahre 1880 begann der rumänische Staat, der nach dem Krieg 1877/78 über größere finanzielle Mittel verfügte (Eisenbahnanleihe von 2371/2 Mill. Fr. zu 6% für die Erwerbung der Linien der Rumänischen Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft) nicht allein die Verstaatlichung der den Gesellschaften konzessionierten und von solchen erbauten Linien, sondern begann auch selbst neue Linien zu bauen.

Bis zum Jahre 1888 wurden folgende gesellschaftliche Linien vom rumänischen Staat erworben oder für dessen Rechnung erbaute Strecken in Betrieb übernommen:


Rumänische Eisenbahnen

Die Linie Cernavoda-Constantza wurde durch Kauf erworben. Sie war in der Dobrudscha, die nach dem Krieg aus dem türkischen in rumänischen Besitz übergegangen war, von einer englischen Gesellschaft2 noch unter der türkischen Herrschaft erbaut worden, die die Bahn mit einer jährlich wiederkehrenden Unterbilanz betrieb.

Am 30. Oktober 1888 wurde das von der österreichischen Lemberg-Czernowitz-Jassy-Eisenbahn-Gesellschaft verwaltete Netz auf rumänischem Gebiet – angeblich wegen Mängel im Betrieb, tatsächlich aber aus fiskalischen Gründen – von der rumänischen Regierung mit Beschlag belegt und für Rechnung der Aktionäre in Betrieb genommen. Im Februar 1889 wurde jedoch zwischen der rumänischen Regierung und der Gesellschaft eine Einigung erzielt, indem sich der rumänische Staat verpflichtete, an die Gesellschaft bis zum Erlöschen der Konzession (1960) jährlich 3,865.000 Fr. zu zahlen; später wurde das Netz für 60,495.640∙00 Fr. durch den rumänischen Staat käuflich erworben.

Schon die Vergebung des Baues – nicht aber auch des Betriebs – der Linie Ploeşti-Predeal ließ darauf schließen, daß die rumänische Regierung den Bau und die Verwaltung aller bestehenden und zukünftigen Linien in eigene Hand zu nehmen gedenke. Demzufolge wurde auch im Jahre 1879 ein Gesetz eingebracht wegen Herstellung einer Verbindungslinie von Buzeu über Focsani nach Maraşeşti (90∙272 km), wodurch die Entfernung von Bukarest über Barboşi-Tecuciu nach Maraşeşti um 121∙6 km abgekürzt wurde. Der Bau der Linie kostete 8,999.996∙16 Fr.; sie wurde am 1. September 1881 eröffnet.[250]

Im Jahre 1882 wurden 2 Gesetzentwürfe vorgelegt, von denen der eine die Herstellung einer Reihe von Nebenbahnen, der andere den Zweck verfolgte, die erworbene Bahn Cernavoda-Constantza, die die Donau mit dem Schwarzen Meer verbindet, sowohl mit dem Eisenbahnnetz der Moldau als auch mit der Landeshauptstadt zu verbinden.

Zur Erschließung der Petroleum- und Salzregionen wurde jedoch zunächst der Bau der 5∙231 km langen, vollspurigen, eingleisigen Linie Câmpina-Doftana und der 34∙206 km langen, gleichfalls vollspurigen und eingleisigen Linie Buda-Slanic beschlossen und ausgeführt. Die beiden Linien kosteten zusammen 5,460.071∙67 Fr. Die erstere wurde am 21. November, letztere am 10. Dezember 1883 eröffnet.

Durch das Ges. vom 15. Mai 1882 wurde der Bau von rd. 750 km Nebenbahnen angeordnet, die in 3 Zeitabschnitten gebaut werden sollten, u.zw.:


Rumänische Eisenbahnen

Diese teils voll-, teils schmalspurigen Linien kosteten 47,123.669∙68 Fr.

Ein Gesetz vom 1. Juni 1882 genehmigte den Bau eingleisiger vollspuriger Schienenwege von Bukarest über Mogoşoia in östlicher Richtung weiter über Ciulniza nach Feteşti, Ciulniza-Calaraşi und Ciulniza-Slobozia-Faurei und nach Überbrückung der Donau bis zum Anschluß in Cernavoda.

Die Baukosten für diese 282 km langen, in den Jahren 1886 und 1887 eröffneten Linien betrugen 36 Mill. Fr. Die Linie Feteşti-Cernavoda mit der Fortsetzung bis Saligny einschließlich der Überbrückung des Borceaarmes der Donau von zusammen 25∙657 km Länge kostete rd. 35 Mill. Fr. Die Eröffnung erfolgte am 27. September 1895.

Zur weiteren Erschließung des Landes wurden fast Jahr für Jahr neue Linien hergestellt, deren wichtigste die folgenden sind:


Linie km Eröffnet am
Filiaşi-Carbuneşti 46∙05316. Januar 1888
Vaslui-Jassy 67∙786 1. Mai 1892
Craiova-Calafat106∙292 1. Dezember 1895
Dorohoi-Rediu 90∙789 1. Juni 1896
Galatz-Ghibarteni 70∙82827. November 1898
Ploeşti-Slobozia117∙24214. April 1910.

Ferner wurde durch Ges. vom 23. März 1900 (abgeändert 1905) den Bezirken, Gemeinden oder Privaten mit Genehmigung der Regierung unter den durch das Gesetz vorgeschriebenen Bedingungen selbst oder durch Gesellschaften der Bau schmal- oder vollspuriger Eisenbahnen gestattet.


Außer dem Enteignungsrecht wurden den konzessionierten Bahnen verschiedene Begünstigungen gewährt.

Wenn die zu erbauende Linie für den Staat ein besonderes Interesse hat, kann der Minister der öffentlichen Arbeiten durch eine besondere Gesetzesvorlage die Gewährung einer Staatsbeihilfe beantragen.

Von den Eisenbahnlinien, die dem öffentlichen Personen- und Güterverkehr dienen, erhält der Staat[251] nach 30 Jahren von ihrer Betriebseröffnung an 20% des Betrags, der vom Reingewinn übrig bleibt, nachdem zur Verteilung an die Aktionäre 5% und zur Tilgung des Aktienkapitals höchstens 2% verwendet worden sind.

Nach Ablauf von 90 Jahren gehen die Bahnen ohne Entschädigung in den Besitz des Staates über; das rollende Material ist nach besonderer Schätzung zu bezahlen.


Dieses Gesetz hatte ungeachtet der Gewährung staatlicher Beihilfen keinen nennenswerten Erfolg und schließlich war der Staat genötigt, die Fertigstellung der begonnenen Linien zu übernehmen, wofür diese in den Besitz des Staats, dem auch die Betriebsüberschüsse zufallen, übergehen sollten.

Die 116∙3 km lange, im November 1914 eröffnete Bahnlinie, die von Mircea Voda an der Bahn Cernavoda-Constantza auf die neue bulgarische Grenze in der Dobrudscha zuführt, endet dort in Bazargic. Der Anschluß an das bulgarische Netz erfolgte im April 1915 bei der Station Oborischte, 5 km östlich derselben.

Wichtig war die Fertigstellung und Eröffnung des 3300 m langen Tunnels von Bereşti am 20. Mai 1912, wodurch die direkte Schienenverbindung zwischen Galatz-Berlad hergestellt wurde.

Im Januar 1914 wurde der Bau des 5912 m langen Isvortunnels – ein Teil der Strecke Moreni-Sinaia – einer deutschen Gesellschaft übertragen. Gleichzeitig wurde der Vertrag zwischen Rumänien und Serbien, betreffend den Bau einer Eisenbahnbrücke über die Donau oberhalb Brza Palanka, abgeschlossen.

Aus den Mitteln eines im Jahre 1914 bewilligten Eisenbahnanleihens von 405 Mill. Lei sollte das Eisenbahnnetz R. innerhalb 7 Jahren auf 5600 km gebracht werden. Doch konnte der Plan infolge Kriegsausbruches nicht durchgeführt werden.

Das Eisenbahnnetz Rumäniens hatte im Mai 1913 eine Länge von 3549 km, u.zw. fast ausschließlich Staatsbahnen. An Privatbahnen bestehen nur die Lokalbahn Maraşeşti-Panciu (26 km), Ploeşti-Valeni (33 km) und Buzeu-Nehoiasi (74 km).


II. Geographische Gliederung.


Das rumänische Eisenbahnnetz besteht aus 2 Hauptlinien.

Die erste, Verciorova-Craiova-Piteşti-Ploeşti-Buzeu-Focsani-Maraşeşti-Roman-Păscani-Vereşti- Burdujeni, von 818 km, durchzieht, im äußersten Südwesten Rumäniens beginnend, einen Ausläufer der Karpathen bei der Station Palota übersetzend, die walachische Tiefebene in östlicher Richtung bis Bukarest und von hier in nordöstlicher Richtung, um bei Maraşeşti in das Tal des Sereth zu gelangen. Durch das Hügelland der Moldau verfolgt die Hauptlinie, unausgesetzt im Serethtal verbleibend, eine nördliche Richtung bis zur Grenzstation Burdujeni.

Die zweite Hauptlinie (408 km), führt, die Moldau von Nord nach Süd durchschneidend, größtenteils parallel mit der ersten, von Dorohoi über Jassy-Berlad-Tecuciu nach Galatz.

Von der ersten Hauptlinie abzweigende Anschlußlinien an ausländische Bahnen:


1. Piatra Olt-Caineni (Roter
Turm-Paß) (140 km) Anschluß
2. Ploeşti-Predeal-(Tömöspaß-) an die
Kronstadt (84 km) ungarischen
3. Adjud-Palanka (Gyimespaß)Staatsbahnen
(103 km)

4. Păscani-Jassy-Ungheni-Anschluß an die russischen Südwestbahnen.


Zweiglinien nach der Donau:

1. Craiova-Calafat (107 km)

2. Piatra Olt-Corabia (75 km)

3. Costeşti-Turnu Magurele bzw. Zimnica (117 km)

4. Bukarest-Giurgevo (74 km)

5. Buzeu-Braila-Galatz (132 km)

6. Berlad-Galatz (111 km)

7. Slobozia-Calarasi (44 km).

Bukarest-Feteşti-Constantza (230 km)

Faurei-Feieşti-Constantza (170 km) die Zweiglinien nach den Petroleum- und Salzdistrikten der Karpathen und die

Verbindungslinie Maraşeşti-Tecuciu (19 km).


III. Verwaltung.


Gleichzeitig mit der äußeren Ausgestaltung des rumänischen Eisenbahnwesens wurden auch in der Verwaltung zweckmäßige Änderungen vorgenommen. Mit 1. Januar 1900 trat ein neues Eisenbahnbetriebsgesetz in Kraft, wodurch das aus dem Jahre 1883 teilweise abgeändert wurde. Seine hauptsächlichsten Bestimmungen sind: die Verwaltung und der Betrieb unterstehen dem Minister der öffentlichen Arbeiten, einem 5gliedrigen Verwaltungsrat und der Generaldirektion (Art. 1 u. 2). Sämtliche bei der Eisenbahnverwaltung beschäftigte Beamte sind Staatsbeamte (Art. 3). Die Organisation der Verwaltung kann von der Generaldirektion mit Genehmigung des Ministers abgeändert werden (Art. 8). Die Generaldirektion vollzieht die Beschlüsse des Verwaltungsrats und vermittelt dessen Verkehr mit dem Ministerium und sonstigen Behörden (Art. 16 u. 17).


Der Beschlußfassung des Verwaltungsrats sind hauptsächlich vorbehalten: die Feststellung des Einnahmen- und Ausgabenbudgets; die Eröffnung von Sonderkrediten; die Tarif- und Fahrplanänderungen; die Einführung von Reglements und sonstigen allgemeinen Verwaltungsvorschriften; die Verträge für[252] Lieferungen und Arbeiten; der Abschluß von Vereinbarungen mit anderen Transportanstalten.


Der Generaldirektion obliegt die Leitung des Dienstes, die Ausführung der Beschlüsse des Ministeriums und des Verwaltungsrats (Art. 23).

Eine besondere Behörde neben der Generaldirektion bildet der oberste technische Rat. Ihm obliegt die Begutachtung aller den Bau und den Betrieb der Eisenbahnen betreffenden Fragen. Er besteht aus 18 Mitgliedern. Zu diesen gehören: der Generaldirektor der Rumänischen Staatsbahnen, der Generaldirektor der Häfen und Wasserwege, der Generaldirektor der Neubauten, der Direktor des Polytechnikums, der Generalsekretär des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, der Direktor der Werkstätten der Eisenbahnen, der Direktor des kommerziellen Dienstes der Eisenbahnen, der Direktor des technischen Dienstes der Stadt Bukarest, 8 Generalinspektoren des technischen Dienstes und 2 Architekten.

Der innere Dienst der Verwaltung der Rumänischen Staatsbahnen verteilt sich auf folgende Dienstzweige: 1. Sekretariat, Personalbureau und Hauptbuchhaltung mit 9 Bureaus; 2. Rechtsdienst mit 6 Bureaus; 3. ärztlicher Dienst; 4. Materialdienst mit 3 Bureaus; 5. kommerzieller Dienst mit 7 Bureaus; 6. Verkehrs-(Betriebs-) Dienst mit 8 Bureaus und 6 Linieninspektionen; 7. Maschinen- und Werkstättendienst mit 11 Bureaus und 6 Inspektionen; 8. Bahnerhaltungs- und Bahnbewachungsdienst mit 8 Bureaus und 6 Inspektionen; 9. Abteilung für Neubau mit 5 Bureaus und 8 Divisionen; 10. Abteilung für Brückenbau mit 4 Bureaus und 1 Division. An der Spitze jedes Dienstes steht ein Direktor und 1–2 Stellvertreter.

Die Rumänischen Staatsbahnen gehören dem VDEV. an und sind dem IÜ. beigetreten.


IV. Betriebsergebnisse.


Statistik.


Die kilometrische Entwicklung des Netzes der R. vom Jahre 1893 bis 1913/14 stellt sich:


Jahr km Jahr km
189325731910/113474
189527431911/123490
1900/0131001912/133549
1905/0631811913/143549

Sämtliche Linien haben die normale Spurweite außer der Breitspurbahn Jassy-Ungheni (1∙524 m) und der Schmalspurbahn Crasna-Huşi (1 m).

Im Bau befinden sich die Linien Buhăeşti-Băceşti (28 km), Piatra Neamt-Schitul-Bistrița (4∙5 km), Faurei-Amara (23∙7 km), Petrosita-Marveni (46∙3 km) und Paşcuni-Targa Neamt (14∙6 km).

Die hauptsächlichsten Verkehrsartikel der Rumänischen Staatsbahnen sind: Getreide, Petroleum, Bau- und Brennholz, Mehl, Salz, Steine, Kohle, Eisen und Eisenwaren, Zucker, Wein u. m. a.

In den Jahren 1892 bis einschließlich 1913/14 wurden befördert:


a) Reisende.


Rumänische Eisenbahnen

b) Frachtgüter.


Rumänische Eisenbahnen

Stand der Betriebsmittel.


Am 31. März 1914 betrug der Fahrpark der Rumänischen Staatsbahnen 888 Lokomotiven, 808 Tender, 22 Salon-, 1464 Personen-, 13 Kranken- und Gefangenenwagen, ferner 44 Postambulanzwagen, 109 gemischte Post- und Gepäckwagen, 140 Gepäckwagen. Güterwagen waren vorhanden: bedeckte 8844, Kesselwagen 3935 einschließlich der Privatwagen, offene Güterwagen 9124, Dienstwagen für Güterzüge 276, Dienstwagen für besondere Zwecke der Verwaltung 79. Insgesamt 24.051[253] Wagen und 43 Schneepflüge. Von den Lokomotiven besaßen 751 Einrichtungen für Heizung mit Petroleumrückständen (Pakura). Die Wagen für Personenbeförderung haben zusammen 31.906 Sitzplätze und die Güterwagen insgesamt ein Ladegewicht von 273.234 t.


Finanzielle Ergebnisse.


Rumänische Eisenbahnen

V. Tarifwesen.


Außer den gewöhnlichen Fahrkarten für eine Reise sowie für die Hin- und Rückreise werden auch Zeitkarten, gültig für 1, 3, 6 oder 12 Monate für eine Zone oder für das ganze Netz verausgabt.

Nach dem Eilguttarif ist zu unterscheiden: gewöhnliches Eilgut, Eilgut zu ermäßigten und zu besonders ermäßigten Transportgebühren. Letztere entsprechen denen der Klasse I des Frachtguttarifs.

Die Frachtgüter werden klassifiziert als: Stückgüter und Wagenladungsgüter. Die Transportgebühren der ersteren werden nach der Klasse I, letztere nach den Klassen II und III und nach Spezialtarifen berechnet.

Im Binnenverkehr kommen folgende Transportgebühren zur Anwendung:


Rumänische Eisenbahnen

Die auf Grund dieser Einheitssätze ermittelten Preise werden (seit 1913) um 5% erhöht. Für Schnellzüge gelten die um 20% erhöhten Personenzugpreise. Als Mindestgebühr wird der Fahrpreis für 10 km eingehoben.


Rumänische Eisenbahnen

[254] Im Binnenverkehr sind auf den Linien der Rumänischen Staatsbahnen 21 Spezialtarife in Anwendung, darunter Ausfuhr-, Zeit- und Richtungstarife mit dem Zweck, den Verkehr hauptsächlich nach den Grenz- und den Schiffumschlagstationen zu begünstigen sowie auch die Hebung der heimischen Industrie zu fördern.


VI. Technische Bahnanlage.


Von dem Gesamtnetz der Rumänischen Staatsbahnen waren Ende März 1914 2gleisig 157 km, u.zw. die Linien Bukarest-Chitila-Ploeşti, Ploeşti-Câmpina, Ploeşti-Teleajen, Chitila-Titu, Cucuteni-Jassy, Palas-Constantza Hafen und Constantza Station-Constantza Hafen. Die Ausstattung weiterer Linien mit einem zweiten Gleis schreitet fort.

Die Stahlschienen verschiedenen Profils sind breitbasig und liegen durchwegs auf Holzschwellen, deren Bettungsmaterial hauptsächlich Flußschotter ist.


Rumänische Eisenbahnen

Kunstbauten:


Flußbrücken von
10–30 m Länge sind 160 vorhanden
Flußbrücken von über
30 m Länge sind 114 vorhanden
Talbrücken von zusammen
3370 m Längesind 11 vorhanden
Tunnels von zusammen
4786 m Längesind 16 vorhanden
Stationen und Haltestellen sind 423 vorhanden
Heizhäusersind 78 vorhanden
Werkstätten für mehr als
300 Arbeiter sind 4 vorhanden
Werkstätten für weniger als
300 Arbeiter sind 42 vorhanden
Wasserstationensind 143 vorhanden

Außerdem befinden sich in Bukarest je eine Anstalt zur Erzeugung von Leuchtgas und für elektrische Beleuchtung.

Von den Kunstbauten sind besonders zu erwähnen:


Rumänische Eisenbahnen

Fr. Meinhard.

Tafel VII.
Tafel VII.
1

Die Linie Ploeşti-Câmpina-Sinaia-Predeal durchquert das Gebiet der Petroleumzone und der Steinsalzgruben.

2

The Danube and Black Sea Railway and Küstendjié Harbour Company Limited.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 247-256.
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Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

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