Bayerische Eisenbahnen

[43] Bayerische Eisenbahnen. Inhalt: A. Geschichtliche Entwicklung des Eisenbahnnetzes: I. Rechtsrheinische Eisenbahnen: 1. Die ersten Anfänge des Eisenbahnbaues. Privatunternehmungen bis 1840; 2. Die ersten Anfänge des Staatsbahnbaues bis 1856; 3. Pachtbahnen und Privatbahnen bis 1872; 4. Endgültige Rückkehr zum staatlichen Hauptbahnbau; 5. Bahnen lokaler Bedeutung: a) Vizinalbahnen; b) Staatliche Lokalbahnen; c) Privatlokalbahnen. – II. Eisenbahnen in der bayerischen Rheinpfalz. – B. Eisenbahnrecht und Eisenbahnpolitik in Bayern: I. Eisenbahnrecht; II. Eisenbahnpolitik; III. Statistische Angaben über die Eisenbahnen Bayerns im allgemeinen. – C. Die bayerischen Staatseisenbahnen im besonderen: I. Umfang der bayerischen Staatseisenbahnen; II. Verwaltungsordnung; III. Bauliche Anlage und Ausrüstung; IV. Fahrmaterial und Werkstättenwesen; V. Betrieb, Verkehr[43] und Finanzen; VI. Statistische Angaben; VII. Nebenbetriebe der Staatseisenbahnverwaltung. – D. Die bayerischen Privatbahnen. – E. Literatur. – F. Karte der bayerischen Eisenbahnen.


A. Geschichtliche Entwicklung des Eisenbahnnetzes.


I. Rechtsrheinische Eisenbahnen.


1. Die ersten Anfänge des Eisenbahnbaues. Privatunternehmungen bis 1840.


Früheste Erörterungen über den Bau staatlicher Eisenbahnen. In Bayern gab der von König Ludwig I. verfolgte Plan einer Kanalverbindung zwischen Donau und Main die erste Veranlassung dazu, daß die Frage der Erbauung eines staatlichen Eisenbahnnetzes eingehend erörtert wurde. Damals – seit 1825 – haben Männer wie Baader, List, Klenze und Utzschneider die Erbauung von Staatseisenbahnen an Stelle des Schiffahrtsweges warm befürwortet. Allein König Ludwig ließ sich von seinem Lieblingsgedanken nicht abbringen und so wurde die Frage des Staatseisenbahnbaues vorerst nicht weiter verfolgt.

Ludwigs-Eisenbahn (Nürnberg-Fürth). Dennoch war Bayern unter den deutschen Staaten der erste, der zu einer Eisenbahn mit Dampfbetrieb gelangte. Nachdem nämlich 1830 die Bahn von Liverpool nach Manchester eröffnet worden war, war es Nürnbergs verdienstvoller zweiter Bürgermeister Johannes Scharrer, der mit Tatkraft für die Erbauung einer Lokomotiveisenbahn von Nürnberg nach Fürth eintrat. Er dachte diese Bahn als ersten Teil einer von Ost nach West ziehenden Festlandlinie. Seinen eifrigen Bemühungen gelang es, alle noch bestehenden Vorurteile zu überwinden und 1833 die Gründung einer Aktiengesellschaft für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth herbeizuführen.

Am 19. Februar 1834 erhielt die Aktiengesellschaft das ausschließliche Privilegium des Königs auf 30 Jahre verliehen. Nachdem die mit Stephenson gepflogenen Unterhandlungen wegen Überlassung eines englischen Ingenieurs für die Ausarbeitung der Pläne und den Bau der Bahn nicht zum gewünschten Ziele geführt hatten, wurde der kgl. bayerische Bezirksingenieur Paul Denis, der eben erst von einer Studienreise aus Amerika und England zurückgekehrt war, für das Unternehmen gewonnen und mit dem Bau der Bahn betraut. Trotz der zu überwindenden außerordentlichen Grunderwerbungsschwierigkeiten gelang es, die 6∙04 km lange Strecke als erste deutsche Lokomotiveisenbahn am 7. Dezember 1835 für den allgemeinen Verkehr zu eröffnen.

Die Gesamtkosten der Bahn mit Fahrmaterial und allen Zugehörungen waren auf 240.000 M. oder 40.000 M. für das km veranschlagt, beliefen sich aber schließlich auf 364.200 M. oder 60.700 M. für das km. Diese Mehrkosten wurden vor allem dadurch hervorgerufen, daß für die Grunderwerbung, insbesondere in Nürnberg, mangels eines Zwangsenteignungsgesetzes wesentlich höhere Preise bezahlt werden mußten, als ursprünglich angenommen worden war.

Der Fahrpreis betrug 6 kr. = 17 Pf. für die Person und 4 kr. = 11 Pf. für den Warenzentner, die Fahrzeit 10–12 Minuten.

Die sämtlichen Oberbaumaterialien und der Wagenpark wurden von deutschen Werken geliefert, während die zwei Dampflokomotiven von Stephenson aus England bezogen wurden. Die Lokomotive »Adler« (mit 6 t Gewicht bei 10 P.S.) kostete 24.000 M.

Der Betrieb wurde nach dem Vorbilde der Eisenbahnen Stockton-Darlington und St. Etienne-Lyon mit Dampf- und Pferdekraft durchgeführt, bis 1862 die Pferdefahrten gänzlich aufgegeben wurden.

Der Erfolg des Unternehmens war schon im ersten Betriebsjahr ein vollständiger. Statt der berechneten Dividende von 121/2% ergab sich eine solche von 19%.

Weitere Privatbahnentwürfe und staatliche Einflußnahme auf sie. Die gelungene Ausführung und der glänzende finanzielle Erfolg der Ludwigsbahn spornte zu weiteren Bahnbauplänen mächtig an.

So bildete sich schon im Sommer 1835 zu München und Augsburg je ein Verein von Handelshäusern, deren Zweck die Schaffung von Eisenbahnanlagen in Bayern, u. zw. zunächst einer Verbindung von München nach Augsburg war.

Außer diesem tauchten weitere Pläne, so für die Erbauung einer Bahn von München nach Salzburg, dann einer großen Südnordbahn vom Bodensee bis nach Sachsen auf. Es sah sich daher die bayerische Regierung zur Anbahnung der wünschenswerten Einheitlichkeit in der Ausgestaltung des Eisenbahnwesens veranlaßt, eine Versammlung von Vertretern aller vorhandenen Eisenbahngesellschaften nach München zu berufen. Die im August 1836 unter dem Vorsitze des Staatsministers Fürsten von Öttingen-Wallerstein und unter Beteiligung von mehreren Regierungsvertretern abgehaltenen Beratungen führten zu dem Erlaß der »Fundamentalbestimmungen für sämtliche Eisenbahnstatuten in Bayern«, die am 28. September 1836 in Kraft traten und allen genehmigten [44] Privatbahnen den besonderen staatlichen Schutz in Aussicht stellten. Sie enthielten namentlich einheitliche Vorschriften über die Bildung und Geschäftsführung der Gesellschaften, das Aktien- und Anlehenskapital, die Aufstellung staatlicher Kommissare bei den Gesellschaften, das Verhältnis der Eisenbahnen zur kgl. Postanstalt, die Regelung der Tarife, dann aber vor allem auch über die Einheitlichkeit der baulichen Anlage, die Anwendung einer einheitlichen Spurweite von 4 Fuß, 81/2 Zoll englischen Maßes für alle Eisenbahnen, über die Tragkraft der Schienen und Kunstbauten, endlich über die Anwendung der Dampfkraft als Regel, von der nur in besonderen Ausnahmefällen Abweichungen zulässig sein sollten. Schließlich wurde in diesen Fundamentalbestimmungen den Gesellschaften die Haftung für rechtsbegründete, aus Anlaß des Unternehmens entstandene Entschädigungsansprüche auferlegt.

München-Augsburger Bahn. Auf Grund der nach diesen Grundsätzen festgesetzten und genehmigten Sonderstatuten bildete sich im Juli 1837 der Verwaltungsrat und das Direktorium der Gesellschaft für die Eisenbahnverbindung von München nach Augsburg.

Zum Vorstand des Direktoriums wurde Josef Anton von Maffei gewählt, während das Direktorialmitglied Baurat Himbsel als Baudirektor aufgestellt wurde.

Nachdem am 17. November 1837 das neue Expropriationsgesetz erschienen war, konnten die Grunderwerbungen, die bis dahin nur langsam fortschritten, rasch durchgeführt werden.

Am 1. September 1839 wurde die erste Teilstrecke von München bis Lochhausen und am 4. Oktober 1840 die ganze Linie eröffnet und dem allgemeinen Verkehr übergeben.

Die von der Gesellschaft für den Betrieb der Bahn angeschafften Lokomotiven wurden sämtlich aus England bezogen. Die Fahrzeit für die rund 60 km lange Strecke betrug 2 Stunden 32 Minuten, die Reisegeschwindigkeit also rund 24 km in der Stunde.

Die Gesellschaft betrieb die Bahn bis zum 1. Oktober 1844, von welchem Tage an sie in den Betrieb und kurz darauf durch Kauf in das Eigentum des Staates überging.

Scheitern des Privatbahnprojektes Nürnberg-Hof. Die für die Erbauung einer Bahn von Nürnberg über Bamberg nach Hof gebildete Gesellschaft erhielt im März 1838 von der Regierung die Genehmigung zur Ausführung der Linie Nürnberg-Bamberg, jedoch mit der Auflage, alsbald auch in die Erbauung der Linie von Bamberg nach Hof einzutreten. Diese Auflage im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der Konzession über den unentgeltlichen Heimfall der Bahn nach Ablauf von 99 Jahren an den Staat und über das jederzeitige Einlösungsrecht des Staates, noch mehr aber das Mißlingen anderer Eisenbahnunternehmungen im Auslande, stimmten den Mut der Aktionäre bedeutend herab.

Man beschloß, von der Regierung lediglich die Genehmigung zum Bau der Strecke Nürnberg-Bamberg, von der eine ausreichende Rente zu erwarten war, und die Entbindung von ihrer Fortführung bis Hof zu erbitten.

Daraufhin wurde wegen Nichterfüllung der Bedingungen unterm 25. November 1840 die Konzession von der Regierung zurückgezogen. Ebenso scheiterten die von verschiedenen Seiten unternommenen Versuche, im Wege der Privatunternehmung Bahnverbindungen zwischen Augsburg und Nürnberg, Lindau und Augsburg, München-Salzburg und Würzburg-Nürnberg-Regensburg ins Leben zu rufen.


2. Die ersten Anfänge des Staatsbahnbaues bis 1856.


Ludwigs-Südnordbahn (Lindau-Augsburg-Nürnberg-Hof- Landesgrenze). Sehr wenig ist somit in damaliger Zeit in Bayern durch Privatkräfte geschehen und Bayern hätte wohl erst spät ein größeres Eisenbahnnetz erhalten, wenn nicht die Staatsregierung eingegriffen hätte.

Noch im Jahre 1840, nach dem Scheitern der privaten Nordbahnprojekte, beschloß König Ludwig I. die Erbauung einer Bahn von der Landesgrenze bei Hof nach Nürnberg und von da nach Augsburg auf Staatskosten und stellte die Fortsetzung von Augsburg nach Lindau in Aussicht.

Verhandlungen mit der kgl. sächsischen und der herzoglich altenburgischen Regierung führten im Jahre 1841 zu einem Übereinkommen, nach dem die bayerische Bahn von Nürnberg über Erlangen, Bamberg und Kulmbach nach der Grenze bei Hof und die sächsische von da über Plauen und Altenburg geführt und bis zum Sommer 1847 vollendet werden sollte.

Zur Ausführung der Bahn von Augsburg bis Hof wurde eine unter dem Staatsministerium des Innern stehende Eisenbahnbaukommission mit dem Sitze in Nürnberg gebildet, deren technische Leitung dem Baurat Pauli übertragen wurde.

Auf der Strecke Donauwörth-Nürnberg verursachte die Überschreitung der Wasserscheide zwischen Donau und Main, auf der Strecke Kulmbach-Hof der hohe Gebirgsrücken, der das Fichtelgebirge mit dem Thüringer Wald verbindet und die Wasserscheide zwischen Main und Elbe bildet, Schwierigkeiten, wie[45] sie bisher bei fast keiner anderen Bahn vorgekommen waren.

Die Vorarbeiten für die Planausarbeitung der beiden Teilstrecken ergaben, daß die Ausführung bei Beibehaltung des bisher ausschließlich angewendeten englischen Lokomotivsystems, das Krümmungen von weniger als 3000 Fuß Halbmesser und Steigungen von mehr als 1 : 200 nur ungern zuließ, unerschwingliche Kosten erfordern würde. Eine Minderung dieser Kosten konnte durch Übernahme des vor kurzem bekannt gewordenen amerikanischen Lokomotivsystems erreicht werden, das noch gestattete, Krümmungen von weniger als 1000 Fuß und Steigungen von mehr als 1 : 100 ohne Gefahr zu befahren. Allerdings mußte mit der Annahme des amerikanischen Lokomotivsystems auch der Nachteil einer geringeren Geschwindigkeit und höherer Betriebskosten in den Kauf genommen werden.

Auf dieser Grundlage wurde 1843 die Aufsuchung neuer Linien zwischen Donauwörth-Nürnberg und Kulmbach-Hof angeordnet und hierbei der Grundsatz aufgestellt, daß nicht der kürzeste, sondern der staatswirtschaftlich nützlichere Weg den Vorzug verdiene.

Die nun durchzuführenden umfangreichen Geländeaufnahmen gaben dem damaligen Ingenieurpraktikanten und späteren Sektionsingenieur in Immenstadt Friedrich von Lößl Veranlassung, für die Darstellung der stark kupierten Geländeverhältnisse Kosten- und Schichtenpläne (Horizontalkurven, Isopedenpläne) einzuführen, eine Methode, die bald nachher das allgemein vorgeschriebene Trassierungsmittel beim bayerischen Eisenbahnbau wurde.

Die neuen Untersuchungen, die nun auch auf die Strecke Augsburg-Lindau ausgedehnt wurden, zeigten, daß auf der Strecke Donauwörth-Nürnberg über den Hahnenkamm auch bei Anwendung des amerikanischen Projektierungssystems das wirtschaftlich erwünschte günstigere Ergebnis nicht zu erreichen war. Man gab daher einer Bahnführung durch das Ries über Nördlingen und Gunzenhausen, trotz der 4 Meilen längeren Entfernung, den Vorzug vor der kürzesten Linie über Donauwörth-Treuchtlingen nach Nürnberg, zumal dadurch auch erreicht werden konnte, daß die ganze Bahnstrecke von Kulmbach über Nürnberg-Augsburg bis Kempten ohne Unterbrechung mit Maschinen des englischen Systems befahren werden konnte, so daß nur an den beiden Endstrecken der Südnordbahn (Lindau-Kempten und Kulmbach-Hof) amerikanische Lokomotiven angewendet werden mußten.

In der Strecke Kulmbach-Hof wurde zur Überwindung der zu ersteigenden bedeutenden Höhe bei Himmelkron eine schiefe Ebene mit der Steigung von 1 : 40 angeordnet, die mit amerikanischen Lokomotiven von 25 t Gewicht befahren werden sollte. Für schwere Güterzüge oder bei ungünstiger Witterung war die Verwendung von 2 Lokomotiven vorgesehen.

Am 22. Februar 1843 wurde ein Gesetzentwurf, betreffend »die Aufnahme eines Anlehens zur Deckung der Kosten des Eisenbahnbaues von der Reichsgrenze bei Hof bis Lindau«, beim Landtage eingebracht und kurz darauf mit wenigen nicht wesentlichen Änderungen von den beiden Kammern genehmigt. Unterm 25. August 1843 wurde das erste bayerische Eisenbahndotationsgesetz veröffentlicht.

Die Bauarbeiten auf der Augsburg-Hofer Strecke wurden gleichzeitig von Nürnberg und Augsburg aus in nördlicher Richtung in Angriff genommen und so gefördert, daß die erste Abteilung von Nürnberg bis Bamberg am 25. August 1844 feierlich eröffnet werden konnte, während die Betriebseröffnung der Strecke Augsburg-Donauwörth am 20. November 1844 erfolgte.

Schon im Jahre 1845 wurden Baunormen für die ersten bayerischen Staatsbahnen herausgegeben, nach denen es Grundsatz war, die Doppelbahnen zwar auszustecken und Grund und Boden dafür zu erwerben, wie auch die größeren Kunstbauten und die Durchlässe für ständig fließendes Wasser sofort auf Doppelbahnen auszuführen, dagegen die Bahn selbst nur für ein Gleis herzustellen. Bei der Trassierung war zunächst die kleinste Baukostensumme maßgebend. Die Krümmungswiderstände wurden völlig unbeachtet gelassen, wie auch auf die damals noch ziemlich unbekannten Betriebskosten nur wenig Rücksicht genommen wurde.

Bei den Erdarbeiten strebte man möglichste Ausgleichung der Damm- und Einschnittmassen an, was durch das von dem bayerischen Sektionsingenieur Brückner in Lindau im Jahre 1844 zum ersten Male angewendete Verfahren der zeichnerischen Darstellung der zu verführenden Erdmassen und der Verführungsentfernungen (Massennivellement) wesentlich erleichtert wurde. Dieses Verfahren wurde von dem damaligen Ingenieurpraktikanten Röckl auf einfache Art zur Bestimmung der kleinsten Verführungsstrecken und -kosten verbessert und sodann für den ganzen bayerischen Eisenbahnbau bindend eingeführt.[46]

Im Jahre

1846 wurde die Strecke Bamberg-Neuenmarkt,

1847 die Strecke Augsburg-Kaufbeuren,

1848 die Strecke Neuenmarkt-Grenze bei Hof,

1849 Donauwörth-Nürnberg über Nördlingen-Pleinfeld,

1852 Kaufbeuren-Kempten und

1853 die letzte Teilstrecke von Kempten nach Lindau eröffnet, womit die ganze Ludwigs-Südnordbahn von Lindau bis Hof dem Betriebe übergeben war.

Grundsätzliche Anerkennung des Staatsbahnsystems durch die gesetzgebenden Faktoren. 1845 wurden dem Landtage Gesetzentwürfe vorgelegt, die die Mittel für

1. den Ankauf und Ausbau der bereits vom Staate betriebenen München-Augsburger Eisenbahn, dann

2. den Bau einer Eisenbahn von Bamberg über Würzburg nach Aschaffenburg und zur Landesgrenze anforderten, dann 1846 ein Gesetzentwurf, betreffend den Bau einer Eisenbahn von Lichtenfels nach Koburg.

Bei der Beratung dieser Gesetzentwürfe bildete den Hauptgegenstand die Frage, ob der Staat oder ob Private bauen sollen.

Am Schlusse der 4tägigen Verhandlungen gab der kgl. Staatsminister des Innern von Abel die Erklärung ab:

»Nie wird die Regierung die Leitung und Benützung der Eisenbahnen, einer Anstalt, deren Inhaber bis zu einem gewissen Punkte den gesamten kommerziellen und persönlichen Verkehr des Landes beherrscht, in ihren Hauptrichtungen in Privathände geben.«

Hiermit war von der Staatsregierung für Bayern öffentlich das Staatsbahnprinzip angenommen. Eine große Mehrheit entschied hierauf zu gunsten des ferneren Staatsbahnbaues. Die Gesetze wurden unterm 23. Mai 1846 veröffentlicht.

Ludwigs-Westbahn (Bamberg-Würzburg-Aschaffenburg-Grenze). Die Schwierigkeiten, die sich in der nächsten Zeit für die Geldbeschaffung ergaben, im Verein mit den politischen Wirren, brachten eine Verzögerung des Baubeginnes der Westbahn mit sich. Es wurde zunächst lediglich an der Südnordbahn weitergearbeitet. Erst 1852 wurde die erste Teilstrecke der Westbahn von Bamberg nach Schweinfurt und 1854 die Reststrecke Schweinfurt-Würzburg-Aschaffenburg-Grenze eröffnet.

Lichtenfels-Landesgrenze gegen Koburg. Noch später als die Westbahn, nämlich erst 1857, wurde die mit dem gleichen Gesetze vom 23. Mai 1846 genehmigte Bahnstrecke von Lichtenfels bis zur Landesgrenze gegen Koburg in Angriff genommen. Sie wurde 1859 eröffnet und an die Werrabahn verpachtet.

Maximiliansbahn (Ulm-Augsburg und München-Kufstein und Salzburg). In der Landtagssession 1850 erhielt die Regierung die Ermächtigung, die nötigen Einleitungen für den Bau einer Eisenbahn von Augsburg nach Ulm zu treffen. Die gleiche Ermächtigung für den Bau der Eisenbahn von München nach Salzburg sich zu erwirken, hielt die Regierung nicht für nötig, da sich der Fabrikbesitzer v. Maffei in München bereits um die Bewilligung zur Bildung eines Vereins zur Erbauung einer Eisenbahn von München nach Salzburg beworben hatte, die ihm im Frühjahr 1850 auch erteilt wurde. Der Privatverein erhielt den von der Regierung bereits ausgearbeitete Entwurf überwiesen und legte die Trasse mit Genehmigung der Regierung von München über Holzkirchen und Rosenheim fest.

Am 25. April 1850 wurde mit Württemberg ein Staatsvertrag über den Bau einer Eisenbahn von Augsburg nach Ulm und unterm 21. Juni 1851 ein solcher mit Österreich über die Herstellung der Bahnen von München nach Salzburg und Kufstein abgeschlossen.

Das Dotationsgesetz für die Linie Augsburg-Ulm erschien am 4. Mai 1851; schon im Mai 1854 konnte die Linie vollständig dem Verkehr übergeben werden.

Nicht so glatt ging es bei der Strecke München-Salzburg und Kufstein. Da ihre Vollendung innerhalb der vertragsmäßigen Frist durch die Privatunternehmung zweifelhaft erschien, wurde die Ausführung auf Staatskosten in Aussicht genommen. Obwohl sich in der Kammer viele Stimmen für den privaten Bau aussprachen, zumal die Rente der bisher eröffneten Bahnen das Baukapital nicht einmal mit 1% verzinste, wurde durch die Gesetze vom 7. Mai 1852 und 1. Juli 1856 der Bau auf Staatskosten genehmigt.

Der baulichen Vollendung stellten sich wiederum Schwierigkeiten entgegen, da die österreichische Regierung im Jahre 1854 erklärte, wegen Geländeschwierigkeiten den Vertrag nicht erfüllen zu können. Die Arbeiten wurden daher bis auf weiteres ausgesetzt und erst nach Abschluß eines neuen Staatsvertrages vom Jahre 1856 wieder aufgenommen, dann aber so rasch betrieben, daß die Strecke nach Kufstein i. J. 1858, die nach Salzburg i. J. 1860 eröffnet werden konnte.


3. Pachtbahnen und Privatbahnen bis 1872.


Pachtbahnen. Bei der Beratung des Gesetzentwurfes über die Aufbringung des Bedarfs[47] für den Eisenbahnbau im Jahre 1850/51 wurde auf Antrag des Kammerreferenten Staatsrates Dr. von Hermann die Regierung vom Landtag ermächtigt, von Privaten gebaute, von den Staatseisenbahnen abzweigende Bahnen zu pachten und auf Staatsrechnung zu betreiben. Die Interessenten solcher Zweigbahnen (in der Regel waren es Städte) sollten das Geld aufbringen und die Bahn bauen, der Staat dagegen nach Vollendung des Baues die Verwaltung und den Betrieb der Bahn pachten. Die zur Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals an die bauenden Privaten zu zahlende 5%ige Rente sollte in der Form eines festen jährlichen Pachtschillings erfolgen, die Bahn selbst aber nach Ablauf einer bestimmten Pachtzeit unentgeltlich dem Staate heimfallen. Das Fahrmaterial hatte der Staat zu stellen.

Hiernach kamen 8 sog. Pachtbahnen zu stande, nämlich


1. Neuenmarkt-Bayreuth laut Vertrag mit der Stadt Bayreuth vom Januar 1852,

2. München-Starnberg gleichzeitig mit einer Dampfschiffahrt auf dem Würmsee laut Vertrag mit dem Baurat Himbsel vom November 1853,

3. Gunzenhausen-Ansbach laut Vertrag mit der Stadt Ansbach vom August 1856,

4. Holzkirchen-Miesbach laut Vertrag mit der Miesbacher Steinkohlengewerkschaft vom Februar 1860,

5. Hochstadt-Stockheim laut Vertrag mit der Stadt Kronach vom Februar 1860, bzw. April 1862,

6. Ulm-Memmingen-Kempten (Illerbahn) laut Vertrag mit der Stadtgemeinde Memmingen vom September 1861,

7. Starnberg-Penzberg und Tutzing-Peissenberg laut Vertrag mit der Stadtgemeinde Weilheim vom Mai 1863, und

8. Oberkotzau-Eger laut Staatsvertrag zwischen Österreich und Bayern vom Juni 1863 und Vertrag mit der Stadt Hof vom August 1863.


Die Baukosten dieser 8 Pachtbahnen mit 305 km Gesamtlänge betrugen 34,500.000 M., wovon bis Ende 1908 23∙1 Mill. M. getilgt waren.

Rückkehr zum Privatbahnsystem: Bayerische Ostbahnen. Der gewaltigen Periode des ersten Staatsbahnbaues um die Mitte des vorigen Jahrhunderts war eine bedeutende Ernüchterung gefolgt. Oft und bestimmt war zu Anfang der 1850er-Jahre in den Kammern der Meinung Ausdruck verliehen worden, daß man besser tue, nicht mehr durch den Staat zu bauen, sondern die Eisenbahnen in Privathände zu geben. Die Erwägung, daß die finanziellen Leistungen des Staates bei Überlassung des Bahnbaues an eine Gesellschaft geringer sein würden, veranlaßten denn auch die Regierung, Bestimmungen festzusetzen, und unterm 20. Juni 1855 zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, nach denen der Bau von Eisenbahnen an Gesellschaften überlassen werden konnte. Bald darauf wurden Verhandlungen über die Bildung einer Privatgesellschaft angeknüpft, der der Bau einer Gruppe von Eisenbahnen übertragen werden sollte, die für den östlichen Teil von Bayern schon seit längerer Zeit allgemein als dringendes Bedürfnis anerkannt waren. Da das Zustandekommen dieser Gesellschaft hauptsächlich von der Gewährung einer staatlichen Zinsbürgschaft abhängig war, wurde die Regierung durch Gesetz vom 19. März 1856 ermächtigt, diese zu übernehmen, wobei die Höhe des Kapitals ganz der Regierung überlassen wurde.

Die Kammer der Abgeordneten ging damals so weit, daß sie den dringenden Wunsch aussprach, es sollten sämtliche vom Staate betriebenen Eisenbahnen verpachtet werden. Dieser Antrag wurde jedoch von der Kammer der Reichsräte abgelehnt.

Am 12. April 1856 wurde die Konzessionsurkunde für die kgl. privilegierte Aktiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen zum Bau und Betrieb der Eisenbahnen

a) von Nürnberg über Amberg nach Regensburg,

b) von München über Landshut an die Donau (über Geiselhöring nach Regensburg),

c) von Regensburg über Straubing nach Passau an die Landesgrenze,

d) von der Amberg-Regensburger Linie bei Schwandorf bis an die Landesgrenze gegen Pilsen bei Furth

ausgefertigt. Für diese Linien war eine Bauzeit von 7 Jahren festgesetzt. Sie wurden in den Jahren 1858–1861 eröffnet.

1861 wurde die Vervollständigung des Ostbahnnetzes durch die Erbauung der Linien Schwandorf-Weiden-Bayreuth und Weiden-Eger gesetzlich genehmigt. Die Vollendung dieser Linien erfolgte in den Jahren 1863 bis 1865. Im Jahre 1869 wurde die Konzession für den Bau und Betrieb der Linien Nürnberg-Neumarkt i. O.-Regensburg (eröffnet 1871 bis 1873), Neufahrn i. Ndb.-Obertraubling-Regensburg (eröffnet 1873) und Weiden-Neukirchen (eröffnet 1875) erteilt. Im Jahre 1872 erfolgte die Konzession für die Linie Mühldorf-Plattling-Eisenstein und Landshut-Landau a. I. Diese beiden Linien wurden jedoch erst nach der Verstaatlichung der Ostbahnen durch den bayerischen Staat vollendet und 1877 bzw. 1880 eröffnet.


4. Endgültige Rückkehr zum staatlichen Hauptbahnbau.


Staatliche Hauptbahngesetze 1861 und 1863. Die öffentliche Meinung, die im Jahre 1855 den Staatsbahnbau abgelehnt hatte, erfuhr[48] bis zum Jahre 1861 teilweise einen Umschwung.

Als die Regierung 1861 dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Vervollständigung und Ausdehnung der bayerischen Staatseisenbahnen übergab, in dem der Bau der Linien

Nördlingen-Württemberger Grenze,

Ansbach-Würzburg und

München-Ingolstadt

auf Staatskosten beantragt war, wurden nicht nur die beiden erstgenannten Linien genehmigt, sondern auf Antrag des Abgeordneten Schlör auch noch die Linie Nürnberg-Würzburg beigefügt, und die Linie München-Ingolstadt nur deshalb zurückgestellt, weil es zweifelhaft erschien, ob Ingolstadt am zweckmäßigsten durch eine Bahnlinie von Süd nach Nord oder durch eine solche von West nach Ost mit dem Bahnnetze verbunden werde.

In derselben Kammersession kam auch noch das Gesetz über den Bau einer Eisenbahn von Würzburg an die badische Grenze gegen Heidelberg auf Staatskosten zu stande.


Eröffnet wurde

1863 die Linie Nördlingen-Grenze gegen Württemberg,

1864 die Linie Ansbach-Würzburg,

1865 die Linie Nürnberg-Würzburg,

1866 die Linie Würzburg-badische Grenze gegen Heidelberg.


Im Jahre 1863 wurden vom Landtage die Mittel für den Bau der Linien


München-Ingolstadt-Gunzenhausen (eröffnet 1867–1870),

Treuchtlingen-Pleinfeld (eröffnet 1869),

München-Simbach (eröffnet 1871),

Freilassing-Reichenhall (eröffnet 1866) und

Lindau-Grenze gegen Bregenz (eröffnet 1872) bewilligt.


Weitere staatliche Hauptbahngesetze 1867–1869. Mit dem Jahre 1865 beginnt eine neue Epoche des bayerischen Staatsbahnbaues.

In der ersten Zeit des Eisenbahnbaues hatte man die handelspolitische, volkswirtschaftliche und militärische Bedeutung der Schienenwege teilweise unterschätzt und war selbst bei den Verbindungen mit Nachbarstaaten bestrebt, ohne Rücksicht auf die Entfernungen und die Betriebsverhältnisse, möglichst viele Städte miteinander zu verbinden, wodurch vielfach bedeutende Umwege entstanden.

In der Erkenntnis, daß der Bahnbau planmäßiger erfolgen müsse, wurden schon 1862 technische Erhebungen zur Ausarbeitung eines einheitlichen Bahnnetzes angestellt.

Als der Landtag im Jahre 1865 den Beschluß faßte, die Regierung um Ausarbeitung und Vorlage eines vollständigen Eisenbahnnetzes anzugehen, wurde bei der Generaldirektion der Verkehrsanstalten eine besondere Bauabteilung und ein Projektierungsbureau errichtet.

Nachdem sodann zunächst 1867 die Bahnlinie Schweinfurt-Bad Kissingen (eröffnet 1871) und 1868 die Linie München-Grafing-Rosenheim (eröffnet 1871), vom Landtag genehmigt worden war, wurde nach längeren Verhandlungen im Landtag durch Gesetz vom 29. April 1869 die bedeutende Summe von 157,714.000 M. für 10 weitere sofort zu erbauende Bahnen bewilligt. Dieses Gesetz war sowohl nach der Zahl der Bahnen als der Größe der Bausumme das bedeutendste, das je in Bayern über Eisenbahnen erlassen worden ist. Es verfügte den Bau der nachstehenden Bahnlinien:


1. von Regensburg über Donauwörth bis zur Maxbahn bei Neuoffingen (1876),

2. von Nürnberg über Ansbach nach Crailsheim (1875),

3. von Ebenhausen nach Meiningen (1874),

4. von Gemünden durch das Sinntal zur Grenze bei Jossa (1872),

5. von München nach Buchloe-Memmingen-Grenze (1872–1874),

6. von Aschaffenburg nach Miltenberg (1876),

7. von Ingolstadt nach Augsburg (1875),

8. von Rosenheim nach Mühldorf (1876),

9. von Nürnberg über Hersbruck nach Bayreuth (1877),

10. von Wassertrüdingen nach Dinkelsbühl, letztere Linie später mit dem Ausgangspunkt Nördlingen statt Wassertrüdingen ausgeführt (eröffnet 1876).


Außerdem enthielt das Gesetz vom 29. April 1869 auch Bestimmungen über die Herstellung von sog. Vizinalbahnen (s.u. Ziff. 5 a) und über die Bewilligung von Mitteln für die Vervollständigung bereits bestehender Bahnanlagen.

Verstaatlichung der Linien der kgl. priv. Aktiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen. Das allerorts auftretende Bestreben, die Eisenbahnen zu verstaatlichen, und insbesondere der Wunsch, den Wettbewerb zwischen den Staats- und Ostbahnen nicht nur im Betriebe sondern auch im Bau neuer Linien zu beseitigen und dann die Möglichkeit, durch einheitliche Verwaltung Minderungen der Ausgaben zu erreichen, führte zu dem Beschlüsse der Abgeordnetenkammer vom 13. Juli 1874, es sei die Staatsregierung zu veranlassen, mit der Aktiengesellschaft der Ostbahnen über die Erwerbung dieser Bahnen zu unterhandeln und dem nächsten Landtag eine geeignete Vorlage zu machen.

Diese Vorlage erfolgte alsbald und bereits mit Gesetz vom 15. April 1875 wurde die Regierung zur Erwerbung der Ostbahnen ermächtigt. Die Verstaatlichung wurde noch am Schlüsse desselben Jahres durchgeführt.[49]

Damit wurden dem Staatsbahnnetz 772 km im Betrieb befindliche Eisenbahnlinien einverleibt. Außerdem gingen 249 km noch im Bau befindliche Eisenbahnen, deren Vollendung die Staatsbahnverwaltung übernahm, in das Eigentum des Staates über.

Mit den Eisenbahnen fielen auch alles Zubehör an liegenden Gründen, Dienst- und Wohngebäuden, das gesamte Fahrmaterial, die Inventargegenstände, Material und sonstigen Vorräte dem Staate zu, außerdem sämtliche Aktiven der Gesellschaft, einschließlich des Reservefonds und der übrigen für bestimmte Zwecke angesammelten Fonds, während der Staat in sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft eintrat.

Der Staat hatte als Kaufpreis zu leisten:


1. für je eine Ostbahnaktie im Nennwerte von 200 Gulden, u. zw.

a) für eine Aktie der älteren Emission eine Vergütung von 420 M., d.i. bei 300.000 solcher Aktien 126 Mill. M.

b) für eine Aktie der 2. Emission eine solche von 410 M., d.i. bei 100.000 solcher Aktien 41 Mill. M.

somit für die Einlösung der Aktien 167 Mill. M.

2. Außerdem hatte der Staat die von der Ostbahngesellschaft ausgegebenen 41/2%igen Prioritätsschuldbriefe im Gesamtbetrag von 39,855.600 M. als Staatseisenbahnschuld zur Verzinsung und Tilgung nach den von der Ostbahngesellschaft eingegangenen Verpflichtungen zu übernehmen, wogegen die noch im Bau befindlichen Linien der Gesellschaft gleichfalls mit den Anlehensresten an den Staat übergingen.

Im Gesetz vom 15. April 1875 waren auch noch Bestimmungen über die Übernahme des Ostbahnpersonals in den Dienst der Staatsbahnverwaltung enthalten.


Vervollständigung des staatlichen Hauptbahnnetzes seit 1874. Für die Fichtelgebirgsbahnen:

Schnabelwaid-Redwitz-Oberkotzau und Redwitz-Eger (1877/79),

dann für die Linien:

Gemünden-Schweinfurt (1879),

Miltenberg-Amorbach (1880),

Kaufening-Bobingen (Lechfeldbahn, 1877), sodann für Bahnhofverlegungen in Hof und Donauwörth bewilligte das Gesetz vom 27. Juli 1874 die Summe von 89,430.000 M., nachdem bereits mit Gesetz vom 28. April 1872 beträchtliche Summen für die Ausgestaltung und Erweiterung der Bahnhöfe in Nürnberg, München-Hbf.. und Augsburg, sodann für den Neubau des Bahnhofes in Rosenheim und für einen Zentralbahnhof in Ingolstadt genehmigt worden waren.

In den Gesetzen vom 14. Februar 1878 und vom 1. Februar 1880 wurden noch die Linien

Lohr-Wertheim (1881),

Wiesau-Redwitz (1882),

Dinkelsbühl-Feuchtwangen (1881),

Stockheim-Ludwigsstadt-Grenze (1885),

Neumarkt-Landshut (1883) und

Gemünden-Hammelburg (1884)

genehmigt. Die Linie Gemünden-Hammelburg ist in der Folge nicht als Hauptbahn, sondern nach den damals neu aufgestellten Grundsätzen für den Bau von Nebenbahnen ausgeführt worden. Die Linien Lohr-Wertheim und Dinkelsbühl-Feuchtwangen sind zwar noch als Haupteisenbahnen gebaut, jedoch im Betrieb als Nebeneisenbahnen eingerichtet worden.

Das Hauptbahnnetz war nunmehr so weit ausgebaut wie es die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes zunächst erforderten. Die weitere Bautätigkeit konnte sich daher in der Hauptsache auf die Schaffung eines Nebenbahnnetzes (vgl. Ziff. 5) und auf die Verbesserung und Erweiterung der bestehenden Hauptbahnanlagen beschränken, abgesehen von einigen Ergänzungsstrecken, die zum Teil mit der Erwerbung des Netzes der Ostbahngesellschaft, zum Teil mit der Ausgestaltung der großen Bahnhöfe und der Anlage von eigenen Güter- und Rangierbahnhöfen zusammenhingen.

Erst viel später, nämlich mit Gesetz vom 1. Dezember 1901, wurden wieder Mittel für Hauptbahnen, nämlich für die Linie von

Donauwörth nach Treuchtlingen (eröffnet 1906)

und mit Gesetz vom 22. März 1906 für die Erbauung einer Hauptbahn von

Mühldorf nach Freilassing (eröffnet 1908)

als bayerische Fortsetzung der Tauernbahn genehmigt.

Im Jahre 1908 wurde vom Landtag die Erbauung einer Hauptbahn von Hammelburg nach Bad Kissingen und der hauptbahnmäßige Umbau der Lokalbahn Gemünden-Hammelburg, sodann die Erwerbung der Privatbahn Murnau – Garmisch-Partenkirchen und deren Ausbau zur Hauptbahn, endlich die Erbauung der Fortsetzung dieser Bahn nach Mittenwald-Grenze bei Scharnitz zum Anschluß an die österreichische Bahnlinie Scharnitz-Innsbruck genehmigt.


5. Bahnen lokaler Bedeutung.


a) Vizinalbahnen. So entschieden in der zweiten Hälfte der 1860er-Jahre im rechtsrheinischen Bayern die Rückkehr zum rein staatlichen Ausbau des Hauptbahnnetzes auch war, so verschaffte sich doch schon damals die Überzeugung Geltung, daß der Ausbau der Anschlußlinien an das staatliche Hauptbahnnetz, die vorwiegend lokalen Zwecken[50] zu dienen hätten, nicht oder doch nicht ausschließlich durch den Staat zu erfolgen habe.

So traf das große Eisenbahndotationsgesetz vom 29. April 1869 in seinem Art. 2 auch Bestimmungen über die Ausführung einer neuen Art von Bahnen, der sog. Vizinalbahnen.

Solche Bahnen sollten vom Staate oder von Privaten mit Aussicht auf staatliche Unterstützung nur dann ausgeführt werden, wenn die Kosten des Grunderwerbs und der Herstellung der Erdarbeiten ohne Inanspruchnahme von Staatsmitteln durch die Bahninteressenten gesichert waren.

Zur Verminderung der Anlagekosten für diese Vizinalbahnen wurden größere Steigungen, kleinere Krümmungshalbmesser, eine geringere Breite der Bahnkrone und ein leichterer Oberbau zugelassen und ein hierfür geeignetes leichteres Fahrmaterial bestimmt.

Im Betriebe dieser Bahnen kam zwar eine ermäßigte Fahrgeschwindigkeit zur Anwendung, doch wurde ungeachtet der vereinfachten Betriebsweise noch die Bahnbewachung und die Schrankenbedienung vorgeschrieben.

Nach diesen Bestimmungen kamen auf Grund der Dotationsgesetze vom Jahre 1869, 1870, 1871, 1874 und 1876 14 staatliche Vizinalbahnen1 mit zusammen 167 km Baulänge zur Ausführung, wozu noch nach der Verstaatlichung der Ostbahnen die von dieser Gesellschaft erbaute Vizinalbahn Wiesau-Tirschenreuth mit 11 km Länge trat.

Den Betrieb der Vizinalbahnen führte der Staat, wofür ihm die Einnahmen als Entschädigung für den Betrieb und die Verzinsung des aus Staatsfonds aufgewendeten Kapitals insoweit verblieben, als die Roheinnahmen nicht das Dreifache der 41/2%igen Zinsen des staatlichen Bauaufwandes überstiegen. Aus dem Überschuß über diesen Betrag konnte den Interessenten eine Verzinsung und Tilgung des für Grunderwerbung und Erdarbeiten aufgewendeten Kapitals bis zu 5% gewährt werden.

Es zeigte sich indessen bald, daß die finanzielle Wirkung des Vizinalbahngesetzes für die Interessenten wenig günstig war. Abgesehen von einzelnen Ausnahmefällen gingen sie bei der Ertragsverteilung ganz leer aus. Hatte doch die Gesamteinnahme der 15 Vizinalbahnen von 750.873 M. im Jahre 1880 nach Abzug der Betriebsausgaben von 448.000 M. nur einen Überschuß von 307.400 M. ergeben, der das 11,618.400 M. betragende staatliche Anlagekapital nur mit 2∙6% verzinste, während ein Reinüberschuß von weit über 11/2 Mill. M. erforderlich gewesen wäre, bis die Interessenten zu einem Anteil für die Verzinsung ihres Aufwandes von zusammen 3,736.000 M. hätten kommen können.

b) Staatliche Lokalbahnen. Es wurde daher unterm 14. Dezember 1881 dem Landtage ein Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Abänderung des Gesetzes vom 29. April 1869 über den Bau von Bahnen lokaler Bedeutung und eine Neuregelung der Verhältnisse bei den bestehenden Vizinalbahnen bezweckte.

Die Behandlung dieses Gesetzentwurfes im Landtage führte zu dem Gesetze vom 28. April 1882, die Behandlung der bestehenden Vizinalbahnen und den Bau von Sekundärbahnen betreffend, das bestimmte, daß bei sämtlichen bestehenden Vizinalbahnen den Interessenten die Hälfte des für die Erdarbeiten bestrittenen Aufwandes und den Interessenten, die auf die Überlassung von Einnahmeüberschüssen Verzicht leisteten, der volle Betrag dieses Aufwandes zurückzuvergüten sei. Für den Fall, daß dieser Verzicht nicht erfolgte, wurde die Regierung ermächtigt, vom 1. Januar 1882 an über die Überschüsse in der Weise zu verfügen, daß zunächst die Eisenbahnbetriebskasse einen 4%igen Zins des vom Staate aufgewendeten Baukapitals ohne Anrechnung der Erdarbeiten erhalte, und der weiter verbleibende Überschuß den Interessenten gegeben werde, die ihn zunächst zu einer 4%igen Verzinsung des ihnen zur Bestreitung verbleibenden Aufwandes für den Bahnbau, sodann aber zur Tilgung dieses Aufwandes zu verwenden hätten. Nach vollständiger Tilgung des Aufwandes der Interessenten sollte jeder Anspruch auf Anteilnahme an den Überschüssen wegfallen.

Über den Bau neuer Bahnen von lokaler Bedeutung wurde bestimmt, daß diese nur dann durch den Staat zur Ausführung kommen können, wenn die Interessenten wenigstens den zum Bau der Bahn und ihres Zubehörs nötigen Grund und Boden kostenfrei zur Verfügung stellten.

Unter der Voraussetzung der Übernahme entsprechender finanzieller Lasten durch die Interessenten sollen auch Zuschüsse des Staates in Form verlorener Beiträge an Privatunternehmungen zulässig sein.

Von den Interessenten der 15 Vizinalbahnen hatten mit Ausnahme der Marktgemeinde Sonthofen als Interessentin an der Vizinalbahn Immenstadt-Sonthofen sämtliche übrige von der ersten Form Gebrauch gemacht, so[51] daß für diese 14 Bahnen der Gesamtbetrag, für die Linie Immenstadt-Sonthofen aber die Hälfte des auf Erd- und Dammbauarbeiten erwachsenen Aufwandes zurückvergütet werden konnte.

Hiermit waren die Interessenten der Vizinalbahnen mit ihrer Anteilnahme an den Kosten des Bahnbaues gleich behandelt mit den Interessenten der künftig zu erbauenden Lokalbahnen.

Der erste Gesetzentwurf über den Bau von Lokalbahnen auf Grund des Gesetzes vom 28. April 1882 wurde im Dezember 1883 an den Landtag gebracht. Er enthält in seiner Begründung die heute noch fast unverändert geltenden Grundsätze für die Wahl der Linien, für die Bauausführung, für die Veranschlagung der Baukosten sowie für die Einrichtung und Handhabung des Betriebes.

Die größte Fahrgeschwindigkeit wurde auf 30 km/St. festgesetzt, im normalen Betrieb wurden jedoch in der Regel nur Fahrgeschwindigkeiten von 20–25 km/St. angewendet. Hierdurch wurde jede Bahnbewachung entbehrlich und die Anwendung leichterer Bauarten für Oberbau und Fahrmaterial ermöglicht.

Bei dem mäßigen Verkehr, den kleinen mit geringer Geschwindigkeit verkehrenden Zügen und der völligen Unabhängigkeit dieser Bahnen, die namentlich in der ersten Zeit überwiegend Sackbahnen waren, vom durchgehenden Verkehr, konnten starke, in kurzen Abständen wechselnde Neigungen und scharfe Krümmungen unbedenklich zugelassen werden. Durch Anwendung von Höchststeigungen bis zu 25 (1 : 40) und kleinsten Krümmungshalbmessern bis 150 m war somit ein möglichstes Anschmiegen der Trasse an die Bodengestaltung, die Straßenzüge und Grenzen und damit eine weitgehende Abminderung der Erdarbeiten und Vereinfachung der Kunstbauten erreichbar. Den einfachen Verkehrsverhältnissen wurden auch die Verkehrsstellen und die Betriebs- und Abfertigungseinrichtungen angepaßt. Die Stationen wurden nur mit einem Beamten für den Gesamtdienst, in ausgedehntem Maße sogar nur mit einem Agenten besetzt. An der Endstation der Lokalbahn wurde das nötige Lokomotiv- und Zugbegleitpersonal stationiert. Die Überwachung und Leitung des Betriebs-, Abfertigungs- und Bahnunterhaltungsdienstes sowie die Führung der Kassen- und Rechnungsgeschäfte wurde bei kürzeren Lokalbahnen dem Vorstande der Anschlußstation, bei längeren Bahnen einem eigenen Beamten (Betriebsleiter) übertragen, der seinen Dienstsitz meist an der Endstation erhielt und dann auch die Geschäfte des Stationsvorstandes daselbst wahrzunehmen hatte.

Das staatliche Lokalbahnnetz entwickelte sich auf Grund der neuen gesetzlichen Bestimmungen außerordentlich rasch.

Es wurden bewilligt:


1. Mit Gesetz vom 21. April 1884 für den Bau von 13 Lokalbahnen mit zusammen 296∙57 km Länge 16,721.300 M., davon 5∙16 km schmalspurig (1 m),

2. mit Gesetz vom 13. Januar und 29. Mai 1886 für 2 Lokalbahnen mit 67∙80 km normalspuriger Länge 7,332.000 M.,

3. mit Gesetz vom 30. April 1888 für 11 Lokalbahnen, normalspurig, mit zusammen 220∙65 km Länge 10,235.000 M.,

4. mit Gesetz vom 26. Mai 1892 für 18 Lokalbahnen, normalspurig, mit zusammen 297∙66 km Länge 17,635.900 M.,

5. mit Gesetz vom 11. Juni 1894 für 1 Lokalbahn mit 29∙38 km, normalspurig, 2,454.000 M.,

6. mit Gesetz vom 17. Juni 1896 für 26 Lokalbahnen, davon 25 mit 393∙60 km, normalspurig, und eine mit 30∙16 km schmalspurig, 24,305.300 M.,

7. mit Gesetz vom 30. Juni 1900 für 34 Lokalbahnen mit zusammen 633∙35 km Länge, sämtlich normalspurig, 46,620.200 M.,

8. mit Gesetz vom 10. August 1904 für 30 Lokalbahnen mit zusammen 478∙89 km (davon 2 Lokalbahnen mit 15∙12 km, schmalspurig) Neubaulänge 38,700.000 M., ferner für die schmalspurige (1 m) Privatlokalbahn von Dillingen nach Ballmertshofen ein staatlicher Beitrag von 300.000 M.,

9. mit Gesetz vom 12. Juli 1906 für 3 normalspurige Lokalbahnen mit zusammen 63∙43 km Neubaulänge 6,808.000 M,

10. im außerordentlichen Budget für die Finanzperiode 1908/09 für 26 Lokalbahnen mit 442∙98 km Neubaulänge 33,728.300 M. (davon 1 Lokalbahn mit 5∙25 km schmalspurig).

Ferner für eine elektrische normalspurige Bahn von Berchtesgaden nach Königssee mit 4∙94 km Länge 1,145.200 M. und für die elektrische normalspurige Bahn von Garmisch-Partenkirchen zur Landesgrenze bei Griesen mit 14∙70 km Länge 1,465.600 M.


Hiernach waren vom Landtage in der Zeit von 1884 bis Ende 1908 für den Bau von 166 Lokalbahnen mit


2928·42 kmNormalspur und
55·69 kmSchmalspur
zusammen2984·11 kmBetriebslänge

im ganzen der Betrag von 207,150.800 M. bewilligt worden.

Hiervon waren am 1. November 1911 fertiggestellt und für den allgemeinen Verkehr eröffnet


2576·00 kmnormalspurige Bahnen
55·69 kmschmalspurige Bahnen
2631·69 km

während noch 352∙42 km Normalspurbahnen sich in der Ausführung befinden. Hierzu kommt die auf Kosten des herzoglich Meiningenschen Staates erbaute und in den Besitz und Betrieb der bayerischen Staatseisenbahnverwaltung übergegangene Lokalbahn von[52] Rentwertshausen nach Römhild mit 10∙73 km, ferner die auf Kosten des Meiningenschen Staates von Bayern erbaute und betriebene Linie

Ludwigsstadt-Lehesten mit 7∙60 km Länge.

Die von den Interessenten für Grunderwerbungen aufgewendeten Kosten betrugen im allgemeinen 10–12% der vom Staate geleisteten Ausgaben.

c) Privatlokalbahnen. Unter der Herrschaft des Gesetzes vom 28. April 1882, die bestehenden Vizinalbahnen und den Bau von Sekundärbahnen betreffend, wurde auch eine Reihe von Privatlokalbahnen gebaut, die in Abschnitt D behandelt sind.


II. Eisenbahnen in der bayerischen Rheinpfalz.


1. Die pfälzische Ludwigsbahngesellschaft.


Am 30. März 1838 wurde auf Anregung von Kaufleuten und gefördert von König Ludwig I. von Bayern die »Bayerische Eisenbahngesellschaft der Pfalz, Rheinschanz-Bexbacher Bahn« gegründet. Sie erhielt am 19. April 1838 die Konzession zum Betrieb einer Eisenbahn von der Rheinschanze –– dem heutigen Ludwigshafen – über Speyer, Neustadt und Kaiserslautern bis an die preußische Grenze bei Bexbach.

Die Schwierigkeiten der Geldbeschaffung wurden erst überwunden, als das Gesetz vom 25. August 1843 der Gesellschaft eine 4%ige staatliche Zinsbürgschaft für das Bau- und Einrichtungskapital auf 25 Jahre gewährte. Der Bau begann im Frühjahr 1845 unter Denis; die Bahn, die nunmehr den Namen »Pfälzische Ludwigsbahn« führte, wurde mit den Strecken Ludwigshafen-Schifferstadt-Neustadt und Schifferstadt-Speyer im Jahre 1847, dann bis zur preußischen Grenze im Jahre 1849 eröffnet.

Die erste Erweiterung erfuhr das Unternehmen durch die am 10. Oktober 1852 konzessionierte und im Jahre 1853 eröffnete Linie Ludwigshafen-hessische Grenze bei Worms zum Anschluß an die gleichzeitig erbaute Linie Worms-Mainz. Dieser Linie folgte im Jahre 1857 die Linie Homburg-Zweibrücken, 1864 Speyer-Germersheim, 1867 Ludwigshafen-Rheinmitte gegen Mannheim und Schwarzenacker-St. Ingbert.

Auch für diese Linien leistete der Staat eine 4%ige Zinsbürgschaft.

Ende des Jahres 1869 hatte die Ludwigsbahn Aktien im Betrage von 11,659.000 fl. und Prioritäten in der Höhe von 12,620.000 fl. ausgegeben. Die Aktien bezogen von 1849 bis 1869 durchschnittlich 9∙1% Dividende; Staatszuschüsse waren nur in den Jahren 1849 und 1850 erforderlich.


2. Die pfälzische Maximiliansbahngesellschaft.


Als zweites Unternehmen entstand 1852 eine neue Aktiengesellschaft unter dem Namen »Pfälzische Maximiliansbahn«. Das Gesetz vom 7. Mai 1852 sicherte dem Baukapital von 4,400.000 fl. für eine Bahnlinie von Neustadt über Landau nach Weissenburg eine 41/2%ige Zinsbürgschaft auf 25 Jahre. Verwaltung und Direktion wurden mit der der Ludwigsbahn, jedoch unter getrennter Rechnungsführung vereinigt. Die Stammbahn wurde 1855 in vollem Umfange dem Betriebe übergeben. Als Zweigbahn, ebenfalls mit staatlicher Zinsbürgschaft, folgte später die Linie Winden-Wörth-Mitte Rheinbrücke bei Maximiliansau, eröffnet 1864.

Die zugehörige Eisenbahnschiffbrücke – als erste ihrer Art in Deutschland im Mai 1865 eröffnet – wurde in Gemeinschaft mit der Stadt Karlsruhe erbaut.

Die weitere Linie Winden-Bergzabern, 1870 eröffnet, ist dadurch bemerkenswert, daß das Baukapital teils durch Ausgabe von Aktien mit staatlicher Zinsbürgschaft, teils durch einen nicht rückzahlbaren Staatszuschuß beschafft wurde. Ende 1869 hatte die Maximiliansgesellschaft Aktien im Nennwerte von 6,775.000 fl. ausgegeben; Prioritätsanlehen waren noch nicht begeben worden. Die Verzinsung der Aktien betrug 1856–1869 durchschnittlich 5∙13%. Staatliche Zinszuschüsse mußten wiederholt geleistet werden.


3. Die Neustadt-Dürkheimer Bahngesellschaft und die pfälzische Nordbahngesellschaft.


Die jüngsten der pfälzischen Bahnunternehmungen sind die Gesellschaften für den Bau der im Jahre 1862 konzessionierten, 1865 eröffneten Neustadt-Dürkheimer Eisenbahn mit einem Aktienkapital von 1,450.000 fl. und für den Bau der Linie Landstuhl-Kusel auf Grund einer Konzession vom Jahre 1866 mit einem Aktienkapital von 1,740.000 fl. erbaut und im Jahre 1868 eröffnet. Die Verwaltung und Direktion vereinigte man mit der der Ludwigsbahn. Auch für diese Bahnen wurde eine 4%ige staatliche Zinsbürgschaft auf 25 Jahre geleistet, die später auch auf die der Nordbahngesellschaft 1867 und 1868 konzessionierte Alsenzbahn von Hochspeyer über Enkenbach, Langmeil nach Münster a. Stein ausgedehnt wurde. Diese Bahn, für die Aktien im Betrage von 7,700.000 fl. ausgegeben worden sind, ist erst 1871, also nach der Vereinigung der pfälzischen Bahngesellschaften eröffnet worden.[53]

Die Landstuhl-Kuseler Bahn mußte die staatliche Zinsbürgschaft in Anspruch nehmen; die Neustadt-Dürkheimer Bahn krankte an einem Fehlbetrage von 150.894∙36 fl., der durch Überschreitung des mit staatlicher Zinsbürgschaft ausgestatteten Bau- und Einrichtungskapitals entstanden war und der sich durch die Baurechnung des Jahres 1869 noch weiter vergrößerte. Auch hier wurden staatliche Zuschüsse notwendig.


4. Die Fusion im Jahre 1869.


Das Nebeneinanderbestehen dieser 4 Bahngesellschaften in dem kleinen Gebiete der Pfalz führte zu mancherlei Schwierigkeiten. Der Wunsch, diese zu beseitigen, den weiteren Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes zu fördern, den auch für die öffentlichen Verkehrsinteressen mißlichen Wettbewerb der verschiedenen Gesellschaften aufzuheben und die Verwaltung zu verbilligen und zu vereinfachen, legte den Gedanken nahe, unter den bestehenden Bahngesellschaften eine Betriebs- und Ertragsgemeinschaft zu bilden. So kam das Gesetz vom 29. April 1869, das sog. Fusionsgesetz zu stande, das die Regierung ermächtigte, für den Fall einer Vereinigung der in der Pfalz bestehenden 4 Eisenbahngesellschaften

1. der Ludwigsbahngesellschaft für ihr Aktienkapital von 11,659.000 fl. neben dem gesetzlich gewährleisteten Zins von 4% ein Präzipuum von 5% und

2. der Maximiliansbahngesellschaft für ihr Aktienkapital von 6,775.000 fl. neben dem gewährleisteten Zins von 41/2% ein Präzipuum von 1%

aus der gemeinschaftlichen Betriebsrente für den Zeitraum vom 1. Januar 1870 bis 31. Dezember 1904 zu gewährleisten.

Unter der gleichen Voraussetzung sollte

3. auch bei der Nordbahngesellschaft, die sich mit der Neustadt-Dürkheimer Bahngesellschaft vollständig vereinigen mußte, die 4%ige Zinsbürgschaft bei einem Aktienkapital von 10∙8 Mill. fl. bis 31. Dezember 1904 ausgedehnt werden.

Auf Grund dieses Gesetzes vereinigten sich nach dem Übergange der Neustadt-Dürkheimer Bahn an die Nordbahnen die noch verbliebenen 3 Gesellschaften vom 1. Januar 1870 beginnend zu einer Betriebs- und Ertragsgemeinschaft, unbeschadet des rechtlichen Fortbestandes der einzelnen Gesellschaften und der Erhaltung ihrer besonderen Baukonti und Inventarien sowie unter Aufrechterhaltung ihrer Wertpapiere. Die näheren Bestimmungen wurden in den sog. Fusionsgrundlagen festgestellt. In diesen war auf Grund des Fusionsgesetzes auch bestimmt, daß der Staat auf das unentgeltliche Heimfallrecht nach 99 Jahren verzichtet, wogegen ihm für die Dauer der am 1. Januar 1969 erlöschenden Konzession ein Anteil an dem Überschusse der jährlichen Betriebsrente über die verbürgten Zinsen und Präzipuen zukommen sollte. Außerdem waren in den Fusionsgrundlagen noch Bestimmungen über die bei den pfälzischen Bahnen zulässigen Höchsttarife getroffen.

Die Staatsregierung war berechtigt, vom 1. Januar 1905 an das Gesamtbesitztum der 3 Bahngesellschaften gegen Ersatz der Baukosten nach vorausgegangener 12monatiger Kündigungsfrist zu erwerben.

Die 3 Gesellschaften übernahmen weiterhin die Verpflichtung, alle neuen Bahnlinien, die von der Staatsregierung bis zum Jahre 1890 für die Verkehrsverhältnisse der Pfalz noch als nötig erachtet würden, auf Rechnung der Gesellschaft herzustellen, in deren Gebiet diese Linien fallen würden, wenn die Regierung 41/2% Zinsen des Bau- und Einrichtungskapitals bis 1904 gewährleiste.

Der bayerische Staat hat seit Bestehen der pfälzischen Eisenbahnen bis zu deren Verstaatlichung an Zuschüssen insgesamt 20.291 Mill.M. geleistet, dagegen an Rückzahlungen und Gewinnanteilen 13.109 Mill.M. vereinnahmt, so daß bei der Verstaatlichung noch 7∙182 Mill.M. ungedeckt waren.


5. Erweiterungen des Bahnnetzes bis zur Verstaatlichung.


Bereits bei den Vereinbarungen mit der Staatsregierung über die Fusionsgrundlagen war den pfälzischen Eisenbahnen gegen Leistung einer 41/2%igen staatlichen Zinsbürgschaft bis zum 31. Dezember 1904 die Ausführung folgender Linien übertragen worden:


a) für Rechnung der Ludwigsbahngesellschaft die Linie von Landau über Biebermühle nach Zweibrücken nebst Zweigbahn Biebermühle-Pirmasens (Konzession vom 18. November 1871, Eröffnung 1874 und 1875), dann von Zweibrücken über Bierbach nach Saargemünd (Konzession vom 22. Februar und 22. Dezember 1875, Eröffnung 1879);

b) für Rechnung der Maximiliansbahn die Linie Landau-Germersheim-badische Grenze bei Rheinheim (Konzession vom 17. April 1871, Eröffnung 1877) nebst Abzweigung Germersheim-Wörth-Reichslandgrenze bei Lauterburg (Konzession vom 15. März 1874, Eröffnung 1876);

c) für Rechnung der Nordbahnen die Linie Dürkheim-Freinsheim-Grünstadt-hessische Grenze bei Monsheim, nebst Zweigbahn Freinsheim-Frankenthal (Konzession vom 16. April 1870, Eröffnung 1873 bzw. 1877), ferner die Donnersbergbahn von Langmeil und Marnheim bis zur hessischen Grenze bei Alzey (Konzession vom 16. April 1870, Eröffnung 1873[54] bzw. 1875), und die Zellerthalbahn von Marnheim bis zur hessischen Grenze bei Monsheim (Konzession vom 16. April 1870, Eröffnung 1872)


Nach der Fusion sind dann noch folgende Linien zur Ausführung bestimmt worden:


1. für Rechnung der Ludwigsbahn auf Grund des Staatsvertrags zwischen Bayern und Baden vom 23. November 1871 die Linien Speyer-Mitte Rheinbrücke gegen Schwetzingen-Heidelberg (eröffnet 1873) und die Linie St. Ingbert-Eigentumsgrenze bei Saarbrücken (eröffnet 1879), ferner die schmalspurigen Lokalbahnen Ludwigshafen-Frankenthal-Großkarlbach (eröffnet 1891) und Ludwigshafen-Dannstadt (eröffnet 1890);

2. für Rechnung der Nordbahnen die Linien Grünstadt-Eisenberg (eröffnet 1876), Kaiserslautern-Lauterecken mit Abzweigung nach Kaiserslautern, Westbahnhof (eröffnet 1883), ferner die normalspurigen Lokalbahnen Lauterecken-Staudernheim über Meisenheim (eröffnet 1896/97), Grünstadt-Offstein (eröffnet 1900) und Ebertsheim-Hettenleidelheim (eröffnet 1895);

3. für Rechnung der Maximiliansbahn die normalspurigen Lokalbahnen Rohrbach-Klingenmünster (eröffnet 1892) und Landau-Herxheim (eröffnet 1898).


Für sämtliche Lokalbahnen leistete die Regierung eine 4%ige Zinsbürgschaft.

1895 wurde die über Rohrbach verlegte Strecke Würzbach-Hassel-St. Ingbert eröffnet.

Durch Gesetz vom 16. Juni 1900 wurde die Staatsregierung ermächtigt, die Zinsbürgschaft für die von den pfälzischen Eisenbahngesellschaften aufzubringenden Baukapitalien für eine doppelgleisige Eisenbahn von Münster am Stein nach Scheidt (Ludwigsbahn 968.000 M. und Nordbahn 2,383.000 M.) zu übernehmen. Das Reich leistete zu dieser strategisch wichtigen aber verkehrsarmen Linie einen Zuschuß von 22,246.740 M. Die Linie wurde 1904 dem Verkehr übergeben.

Am 1. März 1903 wurde die Lokalbahn Grünstadt-Altleiningen und am 1. Oktober desselben Jahres die schmalspurige Lokalbahn Alsenz-Obermoschel eröffnet.

Am 1. Juni 1904 wurde die Lokalbahn Biebermühle-Waldfischbach dem Verkehr übergeben.


6. Verstaatlichung.


Mit der Beendigung der staatlichen Zinsbürgschaft am 31. Dezember 1904 mußte die kgl. Staatsregierung zur Frage der Verstaatlichung der Bahnen Stellung nehmen oder, wenn diese nicht zu stande kam, den Fortbestand der vereinigten Pfalzbahngesellschaften durch eine neue Organisation sicherstellen.

Schon zu Ende des Jahres 1902 wurde von der Staatsregierung eine Kommission von Fachmännern mit vorbereitenden Untersuchungen zur Frage der Erwerbung der pfälzischen Eisenbahnen durch den bayerischen Staat beauftragt. Die Kommission legte das Ergebnis ihrer Arbeiten in einer eingehenden Denkschrift nieder.

Hierauf wurde mit den Gesellschaften verhandelt, die am 18. Juli 1904 folgendes Angebot stellten:


1. Der Gesamtpreis für die Einlösung der pfälzischen Eisenbahnen per 1. Januar 1905 berechnet sich nach den Fusionsbestimmungen auf 246,211.817 M. 60 Pf. Dieser Gesamtpreis setzt sich zusammen durch die Übernahme der am 1. Januar 1905 noch vorhandenen Anlehensreste der drei Gesellschaften mit 153,744.400 M. sowie durch Hinauszahlung des Restes mit 92,467.417 M. 60 Pf. an die Gesellschaften.

Der bayerische Staat übernimmt am 1. Januar 1909 das gesamte Eigentum der pfälzischen Ludwigsbahn, der pfälzischen Maximiliansbahn und der pfälzischen Nordbahnen gegen diesen Preis mit der Abänderung, daß die in den Jahren 1905, 1906, 1907 und 1908 sich ergebenden Amortisationsbeträge der Prioritätsanlehen mit zusammen 8,346.900 M. nicht den Gesellschaften, sondern dem Staate gutkommen sollen, so daß dieser statt der vorbezeichneten Reste von 153,744.400 M. nur den Betrag von 145,397.500 M. zu übernehmen hat.

Die Zahlung des für die Aktien zu entrichtenden Betrages von 92,467.417 M. 60 Pf. erfolgt am 1. Januar 1909 in 31/2%igen bayerischen Staatsobligationen, welche von den Gesellschaften al pari angenommen werden.

2. Der zur Zeit des Überganges des Gesellschaftseigentums vorhandene Versicherungsfonds wird zwischen Staat und Gesellschaften im Verhältnis von 3 : 1 verteilt. Der Reservefonds sowie der Reservefonds zur Verfügung der Verwaltung verbleiben den Gesellschaften.

3. Der bayerische Staat übernimmt die statutenmäßigen Verpflichtungen der Pensions- und Unterstützungskasse sowie der Lebensversicherungskasse des Personals der pfälzischen Eisenbahnen, wogegen dem Staate die Fonds dieser Kassen zum freien Eigentum überwiesen werden.

4. Die Bahnanlagen der Gesellschaften mit dem rollenden Material und allen sonstigen Zubehörungen sind bis zur Übergabe an den Staat in gutem, vollkommen betriebsfähigem Zustande zu erhalten. Abgänge und erhebliche Mängel an denselben berechtigen den Staat zur entsprechenden Minderung des Kaufpreises, die Regierung wird alljährlich diese Abzüge feststellen und zur Kenntnis der Verwaltung bringen.

5. Der kgl. Staatsregierung werden zur Sicherung der in Ziffer 4 getroffenen Abmachung für die Zeit bis zum 1. Januar 1909 weitgehende Rechte auf die Verwaltung der pfälzischen Bahnen zugestanden, unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, daß die Kosten für die Ausübung dieser Rechte dem Staate zur Last fallen.


Mit Gesetz vom 7. Dezember 1905 wurde die Staatsregierung ermächtigt, nach diesem Angebot die pfälzischen Eisenbahnen zu erwerben.

Auf Grund dieser Ermächtigung wurde das Angebot der Gesellschaften vom 18. Juli 1904 von der kgl. Staatsregierung angenommen.[55]

Zur Sicherung der getroffenen Abmachungen, zur Vorbereitung der Verstaatlichung und Ausarbeitung der Grundsätze für die Übernahme des Personals wurde bei der Direktion der pfälzischen Eisenbahnen ein höherer Ministerialbeamter als staatlicher Kommissär aufgestellt. Am 29. Dezember 1908 wurde sodann der notarielle Kaufvertrag mit den Gesellschaften verlautbart, nach dem am 1. Januar 1909 das gesamte pfälzische Bahnnetz mit 869∙48 km Länge, wovon 810∙01 km normalspurig und 59∙47 km schmalspurig waren, in das Eigentum des bayerischen Staates überging. Ein von den Generalversammlungen der 3 Gesellschaften gewählter Vollzugsausschuß wurde bevollmächtigt, die zur Ausführung des Kaufvertrags noch erforderlichen Rechtsgeschäfte mit der Staatseisenbahnverwaltung abzuschließen.

Mit dem Bahnunternehmen wurde auch das gesamte aktive und bereits pensionierte Personal auf den Staat übernommen.

Für die Übernahme des Personals und insbesondere für die Überführung des etatsmäßigen Personals in die staatlichen Beamtenklassen wurden eingehende Grundsätze aufgestellt, nach denen im allgemeinen dem Personal die bei den pfälzischen Eisenbahnen zurückgelegte Dienstzeit als staatliche Dienstzeit angerechnet und hiernach der Gehaltsanspruch für jeden einzelnen festgestellt wurde. Wenn der hiernach berechnete staatliche Gesamtaktivitätsbezug hinter dem pfälzischen Gesamtbezug zurückblieb, so wurde ein Ausgleichgeld bis zum Höchstbetrag von 1200 M. gewährt.

Von den in den allermeisten Fällen für das Personal günstigen Angeboten machte dieses mit einzelnen wenigen Ausnahmen Gebrauch.

Die Verwaltungseinrichtungen der Staatseisenbahnen wurden sofort auch auf dem pfälzischen Netz eingeführt (s.u. C II.), die besonderen pfälzischen Tarife aber zunächst in Geltung gelassen. Die Dienstvorschriften der bayerischen Staatseisenbahnen wurden nach und nach eingeführt. Die pfälzischen Eisenbahnen werden als »kgl. bayerische Staatseisenbahnen, pfälzisches Netz« bezeichnet. Ihr Wagenpark wird auch fernerhin von dem Wagenpark des rechtsrheinischen Netzes der bayerischen Staatseisenbahnen getrennt gehalten.


7. Staatlicher Bahnbau in der Pfalz.


Mit dem Erlöschen der staatlichen Zinsgarantie am 31. Dezember 1904 endigte auch die Verpflichtung der Pfalzbahngesellschaften, neue Bahnlinien zur Ergänzung ihres Eisenbahnnetzes auf Verlangen der Staatsregierung auszuführen und zu betreiben.

Um die bayerische Rheinpfalz bei der Ausgestaltung des lokalen Netzes nicht ungünstiger zu stellen als das rechtsrheinische Bayern, wurde zum Bau staatlicher Lokalbahnen in der Pfalz übergegangen, die in das unter I, 5b, erwähnte staatliche Lokalbahngesetz vom Jahre 1904 und in das außerordentliche Budget für 1908/09 aufgenommen wurden.


B. Eisenbahnrecht und Eisenbahnpolitik in Bayern.


I. Eisenbahnrecht


Die Vorschriften der Reichsverfassung über das Eisenbahnwesen (Art. 4, Ziff. 8, Art. 41–47) haben für Bayern nur mit weitgehenden Einschränkungen Geltung. Insbesondere findet die allgemeine Bestimmung des Art. 42, wonach die Bundesregierungen sich verpflichten, die deutschen Eisenbahnen wie ein einheitliches Netz zu verwalten, auf Bayern keine Anwendung.

Eine Einflußnahme auf das bayerische Eisenbahnwesen steht dem Reich nur nach folgenden Richtungen zu:


1. nach Art. 41 der Reichsverfassung können Eisenbahnen, die im Interesse der Verteidigung Deutschlands oder des gemeinsamen Verkehrs für nötig erachtet werden, kraft eines Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder unbeschadet der Landeshoheitsrechte auf Rechnung des Reiches angelegt oder konzessioniert werden;

2. nach Art. 46, Abs. 3, steht dem Reiche auch Bayern gegenüber das Recht zu, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen, endlich

3. nach Art. 47 müssen den Anforderungen der Reichsbehörden in betreff der Benützung der Eisenbahnen zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands alle Eisenbahnverwaltungen Folge leisten, insbesondere ist das Militär und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern.


Es untersteht daher auch das bayerische Eisenbahnwesen nicht der Aufsicht des zufolge Reichsgesetzes vom 27. Juni 1873 errichteten Reichseisenbahnamtes.

Gleichwohl sind jedoch die auf Beschluß des Bundesrats beruhenden allgemeinen Vorschriften für die Eisenbahnen Deutschlands, allerdings mit den erforderlichen Zusätzen und Einschränkungen, auch von Bayern übernommen und als landesrechtliche Normen im bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Es sind dies

1. die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für die Haupt- und Nebeneisenbahnen Bayerns vom 1. Mai 1905,[56]

2. die Eisenbahn-Signalordnung für die Eisenbahnen Bayerns vom 1. August 1907,

3. die Bestimmungen über die technische Einheit im Eisenbahnwesen vom 1. Juli 1908,

4. die Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 1. April 1909.

Auf die Eisenbahnunternehmungen findet die Reichsgewerbeordnung (§ 6) keine Anwendung.

Die landesrechtlichen Bestimmungen über das Eisenbahnwesen sind für die Staatseisenbahnverwaltung in der Verwaltungsordnung (s.u. C II.) enthalten.

Für die Privateisenbahnen gilt die Verordnung vom 20. Juni 1855. Diese Verordnung ist anfänglich ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden, hat aber nachträglich durch das bayerische Gewerbegesetz vom 30. Januar 1868, das für die Privateisenbahnen nach § 6 der Reichsgewerbeordnung aufrecht erhalten blieb, ihre gesetzliche Stütze erhalten. Hiernach bedürfen Eisenbahnen für den öffentlichen Verkehr der Konzession und es wird zwischen der Projektierungskonzession und der eigentlichen Eisenbahnkonzession unterschieden; letztere, d.i. die Konzession zum Bau und Betrieb einer Eisenbahn, wird vom König, u. zw. nur auf Zeit, höchstens auf 99 Jahre erteilt.

Staats- und Privatbahnen sind nach dem Gesetze vom 17. November 1837, Art. I A, Ziff. 11, mit dem Enteignungsrechte ausgestattet.

Die oberste Aufsicht über die Privateisenbahnen steht nach § 2 der Verordnung vom 14. Dezember 1903, die Errichtung eines Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten betreffend, dem Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten zu. Die unmittelbare Aufsicht wird nach § 1 (2) der Verwaltungsordnung für die Verkehrsanstalten vom 18. Dezember 1906 von den Eisenbahndirektionen ausgeübt.


II. Eisenbahnpolitik.


Seit den 1860er-Jahren hat Bayern den Grundsatz des staatlichen Ausbaues und Betriebes seines Hauptbahnnetzes nicht mehr verlassen. Heute sind in Bayern rechts und links des Rheins, sämtliche Haupteisenbahnen, mit alleiniger Ausnahme der nur dem Lokalpersonenverkehr dienenden Ludwigsbahn von Nürnberg nach Fürth, Staatsbahnen (vgl. oben A, I, 4).

Aber auch der weitaus größte Teil der Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung ist vom Staate erbaut worden und wird von ihm betrieben (s. o. A, I., 5).

Seit Erlaß des Gesetzes vom 28. April 1882, die Behandlung der bestehenden Vizinalbahnen und den Bau der Sekundärbahnen betreffend, werden in ununterbrochener Folge Lokalbahnen zur wirtschaftlichen Erschließung des Landes gebaut (vgl. hierüber Abschnitt A, I, 5b).

Die Personen- und Gütertarife sind dieselben wie die der Haupteisenbahnen, mit der Maßgabe jedoch, daß bei ihrer Bildung zu den Längen kilometrische Zuschläge (in der Regel 20%) gemacht werden.

Nur verhältnismäßig wenig private Lokalbahnen sind konzessioniert worden. Bei den Konzessionen ist der unentgeltliche Heimfall an den Staat nach Ablauf von 99 Jahren und außerdem schon vorher das Einlösungsrecht des Staates (meist gegen den Bauwert oder den mit 41/2% kapitalisierten Ertragswert, wenn dieser höher ist) vorbehalten. Nur in einem Falle (Dillingen-Balmertshofen) ist der Privatbahnbau durch eine staatliche Beihilfe unterstützt worden (s. im übrigen hinsichtlich der Privatbahnen oben A, I, 5c und unten D).


III. Statistische Angaben über die Eisenbahnen Bayerns im allgemeinen.


Die Gesamtlänge der Eisenbahnen Bayerns betrug (1. Januar 1911):


Haupteisenbahnen4913·60 km
Nebeneisenbahnen3225·36 km
zusammen 8138·96 km

C. Die bayerischen Staatseisenbahnen im besonderen.


I. Umfang der bayerischen Staatseisenbahnen.


Am 1. Januar 1910 befanden sich im Eigentum des bayerischen Staates insgesamt:


in Bayern rechts des Rheins7055·78 km
in der Pfalz 893·45 km
zusammen 7949·23 km

Von diesen sind schmalspurige Lokalbahnstrecken in Bayern rechts des Rheins 40∙15 km und in der Pfalz 69∙73 km.

Haupteisenbahnen sind:


in Bayern rechts des Rheins4212·71 km
in der Pfalz 677·57 km
zusammen 4890·28 km

Nebeneisenbahnen sind:


in Bayern rechts des Rheins2843·07 km
in der Pfalz 215·88 km
zusammen 3058·95 km

Von diesen Bahnen sind verpachtet 105∙85 km (104∙21 km Hauptbahnen und 1∙64 km Nebenbahnen).

Gepachtet sind von fremden Verwaltungen (abgesehen von den unter A, I, 3, erwähnten, von Gemeinden und Privaten gebauten und vom Staate gegen Verzinsung und Tilgung des [57] Baukapitals übernommenen, daher als Eigentumsbahnen gezählten Bahnlinien) 24∙32 km (darunter 14∙77 km Nebenbahnen).


Bayerische Eisenbahnen

Im Betriebe der bayerischen Staatseisenbahnverwaltung befinden sich sohin


im rechtsrheinischen Netz6978·88 km
im pfälzischen Netz 888·82 km
zusammen 7867·70 km

Die Länge der zurzeit noch im Bau befindlichen Bahnen beträgt 612∙72 km, so daß nach deren Fertigstellung das im Betriebe der bayerischen Staatseisenbahnen befindliche Eisenbahnnetz 8480∙42 km umfassen wird.


II. Verwaltungsordnung.


1. Frühere Entwicklung.


In den ersten Anfängen des Eisenbahnwesens waren Betrieb und Bau völlig getrennt und sogar verschiedenen Ministerien unterstellt. Der Bau wurde von der dem Staatsministerium des Innern untergeordneten Eisenbahnbaukommission ausgeführt, während für den Betrieb eine Generalverwaltung der Eisenbahnen mit dem Sitze in München unter dem Staatsministerium des kgl. Hauses und des Äußern bestand.

Am 1. Juni 1847 wurden die Zentralstellen für die Leitung des Eisenbahnbetriebes und des Postwesens in einer »Generalverwaltung der kgl. Posten und Eisenbahnen« vereinigt, die 1851 die Bezeichnung »Generaldirektion der kgl. Verkehrsanstalten« erhielt und 1861 nach Aufhebung der Eisenbahnbaukommission auch mit der Leitung des Eisenbahnbaues betraut wurde. Sie wurde dem im Jahre 1848 gebildeten Handelsministerium zugewiesen, nach dessen Auflösung im Jahre 1871 sie wieder dem Staatsministerium des kgl. Hauses und des Äußern zugeteilt wurde.

Der Generaldirektion unterstanden die Bezirksoberämter; Post und Eisenbahn waren sowohl in der Zentralstelle als in den äußeren Stellen möglichst vereinigt. Für den Eisenbahnbau unterstanden der Generaldirektion die Eisenbahnbausektionen.

Im Jahre 1875, nach Verstaatlichung der bayerischen Ostbahnen, wurde in den unteren Verwaltungsbehörden die Trennung des Eisenbahn- und Postwesens durchgeführt, indem 10 Oberbahnämter und 7 Oberpostämter gebildet wurden. 1886 wurde sodann die Scheidung des Eisenbahn- und Postdienstes auch in der Zentralstelle verfügt und eine gesonderte Generaldirektion der Staatseisenbahnen und eine Direktion der Posten und Telegraphen geschaffen.

Als äußere Verwaltungsbehörden blieben die 10 im Jahre 1875 nach Verstaatlichung der Ostbahnen geschaffenen Oberbahnämter Augsburg, Bamberg, Ingolstadt, Kempten, München, Nürnberg, Regensburg, Rosenheim, Weiden und Würzburg der Generaldirektion der Staatseisenbahnen unterstellt. Sie erhielten im Jahre 1902 die Benennung Eisenbahnbetriebsdirektionen.


2. Die jüngste Neuordnung der Verkehrsverwaltung.


Eine durchgreifende Änderung der Organisation wurde durch die Loslösung der obersten Leitung der Verkehrsverwaltung von dem Staatsministerium des kgl. Hauses und des Äußern und die Schaffung eines eigenen Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten am 1. Januar 1904 (Verordnung vom 14. Dezember 1903) eingeleitet. Das Verkehrsministerium leitete die Neuordnung der gesamten Verkehrsverwaltung ein und führte sie am 1. April 1907 durch.

Die Generaldirektion und die 10 Eisenbahnbetriebsdirektionen wurden aufgelöst, im Verkehrsministerium 3 Abteilungen, nämlich eine Eisenbahnabteilung für allgemeine Verwaltung, Finanzwesen, Betrieb und Verkehr, eine Bauabteilung für Eisenbahn- und Postbau, Bahnunterhaltung, Maschinenbau und Materialwesen und eine Postabteilung für das gesamte Post-, Telegraphen- und Telephonwesen gebildet und 5 Eisenbahndirektionen in Augsburg, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg errichtet.

Für die Behandlung der vorteilhaft von einer Stelle aus zu erledigenden Angelegenheiten der laufenden Verwaltung wurden zentrale Ämter unter dem Verkehrsministerium[58] gebildet, die den Eisenbahndirektionen gleichgeordnet sind, u. zw.


1. das Personalamt,

2. das Revisionsamt,

3. das Verkehrsamt für die Fahrplanbearbeitung und der Personen- und Gepäcktarife,

4. das Reklamationsamt,

5. das Tarifamt für den Güter- und Viehtarif,

6. das Maschinenkonstruktionsamt für die Lokomotiv- und Wagenkonstruktion und für die Beschaffung der Betriebsmaterialien,

7. das Baukonstruktionsamt für die Eisen- und Eisenbetonkonstruktionen, Oberbaukonstruktionen und die Beschaffung der Oberbaumaterialien,

8. das Versicherungsamt der kgl. bayerischen Verkehrsanstalten für die Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung der Arbeiter,

9. die Verkehrskontrolle I für die Abrechnungsgeschäfte im Personen- und Gepäckverkehr,

10. die Verkehrskontrolle II für die Abrechnungsgeschäfte im Güterverkehr.


Das für die Wagenabrechnung geschaffene Wagenamt wurde mit der Bildung des deutschen Staatsbahnwagenverbandes im Jahre 1909 wieder aufgehoben.

Die Ämter haben ihren Sitz in München, mit Ausnahme des Versicherungsamtes in Rosenheim, der Verkehrskontrolle I in Kempten und der Verkehrskontrolle II in Weiden.

Unter den Direktionen wurden als Zwischenglieder zwischen diesen und den äußeren Dienststellen

Betriebsinspektionen für Betrieb und Verkehr,

Bauinspektionen für die Bahnunterhaltung und Erweiterungsbauten und

Maschineninspektionen für den Zugbeförderungsdienst

eingerichtet. Bei den kleineren Inspektionen mit einfacheren Verhältnissen wurde Betrieb und Bau in einer Hand vereinigt. Die Verwaltung der Hauptwerkstätten erfolgt durch Werkstätteinspektionen. Ferner werden je nach Bedarf Neubauinspektionen für den Bau neuer Bahnen oder sonstige umfangreiche Bauausführungen eingerichtet. Für die Herstellung und Tränkung von Holzschwellen sind zwei Schwellenwerkinspektionen den Eisenbahndirektionen unterstellt.

Als äußere Dienststellen sind den Betriebsinspektionen die Bahn- und Güterstationen, den Bauinspektionen die Bahnmeistereien und Brückenmeistereien, den Maschineninspektionen die Betriebswerkstätten, Wagenmeistereien, Lokomotivstationen, Elektrizitätswerke und Gasanstalten unterstellt.

Die Neuordnung führte eine erhebliche Vereinfachung des inneren Verwaltungsdienstes herbei, die eine Verminderung des Personals um über 1100 Beamte zur Folge hatte.

Mit der Neuordnung des inneren Verwaltungsdienstes wurde auch die Neuausgabe sämtlicher Verwaltungsvorschriften sowie die Neuordnung des äußeren Dienstes eingeleitet; diese Arbeiten werden voraussichtlich erst im Laufe der nächsten Jahre ihren Abschluß finden.

Mit dem Übergang der pfälzischen Eisenbahnen an den Staat am 1. Januar 1909 wurde eine sechste Eisenbahndirektion in Ludwigshafen am Rhein mit den nötigen Inspektionen für den Bereich des pfälzischen Netzes der Staatseisenbahnen errichtet. Die Aufgaben, die für das rechtsrheinische Bayern vom Verkehrsamt, Tarifamt, Reklamationsamt und von den beiden Verkehrskontrollen wahrgenommen werden, sind für den Bereich des pfälzischen Netzes der Eisenbahndirektion Ludwigshafen am Rhein übertragen. Lediglich der Wirkungskreis des Personalamtes, Revisionsamtes, Maschinen- und Baukonstruktionsamtes und des Versicherungsamtes erstreckt sich auch auf das pfälzische Netz der bayerischen Staatseisenbahnen.

Seit der Verstaatlichung der pfälzischen Eisenbahnen umfassen die beiden Netze der bayerischen Staatseisenbahnen 6 Eisenbahndirektionen, 30 Betriebs-, 33 Bau-, 15 Betriebs- und Bauinspektionen, 11 Neubau-, 20 Maschinen-, 14 Werkstätteinspektionen, endlich 2 Schwellenwerkinspektionen. Für den äußeren Dienst bestehen am 15. Mai 1911 insgesamt 2236 Stationen und sonstige Verkehrsstellen, 326 Bahnmeistereien, Brückenmeistereien, 56 Betriebswerkstätten, selbständige Lokomotivstationen und Wagenmeistereien und eine größere Zahl teils selbständiger, teils den Betriebswerkstätten unterstellter Elektrizitätswerke, Gasanstalten und sonstiger maschinentechnischer Nebenbetriebe.


3. Personalorganisation.


Der Verkehrsaufschwung seit Mitte der 1880er-Jahre, die immer weitergehende Gliederung des Dienstes, vor allem aber die Durchführung der Grundsätze über die planmäßige Dienst- und Ruhezeit des Personals hatte den Personalaufwand unverhältnismäßig gesteigert. Es war daher in allen Dienstzweigen junges Personal in großer Menge aufgenommen worden, das nunmehr mit seinen Ansprüchen auf bessere Bezahlung und auf Beförderung hervortrat. Die im Jahre 1907 eingeleitete Neuordnung hatte sich daher vor allem auch auf die Personalorganisation zu erstrecken. Eine ihrer wesentlichsten Aufgaben war die Durchführung einer sorgfältigen Ausscheidung der Posten, auf denen Personal des höheren, mittleren und unteren Dienstes[59] zu verwenden ist. Diese Ausscheidung der Posten hatte sich auf den gesamten inneren und äußeren Dienst zu erstrecken. Hierbei trat eine wirtschaftlichere Ordnung des Dienstes insoferne ein, als in weitem Umfange da, wo früher Personal des höheren Dienstes verwendet war, mittleres Personal, und da wo früher mittleres Personal beschäftigt wurde, unteres Personal zugeteilt wird.

Die Zahl des Personals des höheren Dienstes ist hierbei um die Hälfte, die Zahl des Personals des mittleren Dienstes um über 1/3 vermindert worden. Dadurch wurde es zugleich ermöglicht, im höheren, mittleren und unteren Dienst die Beförderungsverhältnisse des Personals zu verbessern.


Personal des höheren Dienstes wird seit der Neuordnung nur noch verwendet auf den Stellen der Abteilungsvorstände im Ministerium, der Präsidenten der Eisenbahndirektionen, der Referenten, Hilfsreferenten und höheren Hilfsarbeiter im Ministerium, bei den Direktionen und Ämtern und der Vorstände von Ämtern und Inspektionen. Bei äußeren Dienststellen wird Personal des höheren Dienstes nur zum Zwecke seiner Ausbildung verwendet.

Die Verwendung im höheren Dienst hat akademische Vorbildung und das Bestehen der praktischen Prüfung für den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst oder den höheren Baudienst zur Voraussetzung.

Beamte des mittleren Dienstes werden verwendet als Hilfsarbeiter in den Bureaus des Staatsministeriums, der Eisenbahndirektionen, Ämter und Inspektionen, ferner als Vorstände und Hilfsbeamte der wichtigeren äußeren Dienststellen.

Die Zulassung zum mittleren Betriebs- und Verwaltungsdienst hat die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst zur Voraussetzung. Für den mittleren technischen Dienst ist das Absolutorium des Technikums in Nürnberg nachzuweisen. Beamte des unteren technischen Dienstes mit dem Absolutorium einer 4kursigen Baugewerkschule können gleichfalls unter gewissen Voraussetzungen in die Stellen des mittleren bautechnischen Dienstes aufrücken.

Etatsmäßige Beamte des unteren Dienstes werden auf allen nicht mit Beamten des höheren oder mittleren Dienstes besetzten Posten verwendet, mit denen eine wichtigere Dienstleistung unter selbständiger Verantwortung verbunden ist. Wo dies nicht zutrifft, wird der Dienst von Taglohnpersonal verrichtet.


Die Voraussetzungen für die Zulassung zum höheren, mittleren und unteren Dienst sind in den Bestimmungen über die Aufnahme in den Dienst der Staatseisenbahnen vom 30. Juli 1901 geregelt; auch diese Bestimmungen werden aus Anlaß der Neuordnung einer grundsätzlichen Umarbeitung unterzogen.

Aufgabe der zurzeit gleichfalls noch im Gange befindlichen Neuordnung des äußeren Dienstes ist alsdann die genaue Feststellung aller im inneren und äußeren Dienst notwendigen Posten und des hierfür erforderlichen Personalbedarfs in den verschiedenen Personalkategorien, endlich die planmäßige Regelung des Personalzuganges in allen Dienstzweigen.

In der im Jahre 1906 dem Landtag vorgelegten Denkschrift über die Neuordnung der Verkehrsverwaltung sind die gesamten durch die Neuordnung zu erzielenden Ersparungen im Beharrungszustande ohne Einrechnung der Verminderung von Pensionslast und sonstiger Ausgaben auf jährlich gegen 51/2 Mill. M. veranschlagt.

Die Beamten der Staatseisenbahnverwaltung unterstehen dem allgemeinen Beamtenrecht des bayerischen Staates und sind in die Gehaltsklassen der allgemeinen Gehaltsordnung eingereiht (Beamtengesetz vom 16. August 1908, in Kraft getreten am 1. Januar 1909).

Die Verhältnisse des Taglohnpersonals sind in Lohn- und Arbeitsordnungen geregelt. Die Löhne der Betriebs- und Bahnarbeiter sind nach Ortsklassen abgestuft, innerhalb deren regelmäßige Lohnvorrückungen stattfinden.

Nach dem Programm der Neuordnung wird in beiden Netzen der Staatseisenbahnen die Zahl der etatsmäßigen Beamten des höheren Dienstes im Beharrungszustande gegen 400, die Zahl der etatsmäßigen Beamten des mittleren Dienstes etwa 4000, die Zahl der etatsmäßigen Beamten des unteren Dienstes etwa 27.000 betragen, wozu dann noch ein Arbeiterstand von rund 34.000 Köpfen kommt, die sich aus 17.000 Betriebsarbeitern, 10.000 Bahnunterhaltungsarbeitern und 7000 Werkstättearbeitern zusammensetzen.


4. Wohlfahrtseinrichtungen.


Ein Verwaltungszweig, dem seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in steigendem Maße die Fürsorge der Staatseisenbahnverwaltung zugewendet wurde, sind die Wohlfahrtseinrichtungen.

Die Pensionsverhältnisse des etatsmäßigen Personals und seiner Hinterbliebenen sind durch das am 1. Januar 1909 ins Leben getretene Beamtengesetz neu geregelt worden. Die Ausgaben für Pensionen an das Personal und seine Hinterbliebenen betrugen 1910 13,302.488 M.

Durch das Beamtengesetz ist auch die Unfallfürsorge an das etatsmäßige Personal im Rahmen des Reichsunfallfürsorgegesetzes. geregelt.

Das gesamte Taglohnpersonal genießt die Wohltaten der reichsgesetzlichen Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung. Die Leistungen der besonderen Kasseneinrichtungen der Staatseisenbahnverwaltung gehen zum Teil[60] über die reichsgesetzlichen Mindestleistungen erheblich hinaus:

Zur Durchführung der Krankenversicherung ist für das rechtsrheinische und pfälzische Netz der Staatseisenbahnen je eine besondere Betriebskrankenkasse errichtet, bei der seit der am 1. August 1909 erfolgten Aufhebung der Baukrankenkasse der Staatseisenbahnverwaltung auch die Regieneubauarbeiter versichert werden. Die Arbeiter der Unternehmer, die für die Staatseisenbahnverwaltung Bauten ausführen, werden von ihren Arbeitgebern in Betriebskrankenkassen oder örtlichen Krankenkassen versichert.

Für den seit 1877 eingerichteten bahnärztlichen Dienst sind zurzeit fast 600 Bahnärzte und dazu noch eine große Zahl von Spezialärzten angestellt. Das gesamte Personal des mittleren und unteren Dienstes der Staatseisenbahnen mit seinen Familienangehörigen genießt freie bahnärztliche Behandlung.

Die seit 1891 bestehende Arbeiterpensionskasse zerfällt in 2 Abteilungen, deren eine, die Abteilung A, die Aufgaben der reichsgesetzlichen Versicherung nach Maßgabe des Invalidenversicherungsgesetzes zu erfüllen und demgemäß die gesetzlichen Invaliden- und Altersrenten zu gewähren hat, während die Abteilung B eine weitergehende Fürsorge trifft durch Gewährung von Zusatzrenten an invalidisierte Arbeiter, dann von Witwen-, Waisen- und Sterbegeldern.

Trägerin der reichsgesetzlichen Unfallversicherung ist die Staatseisenbahnverwaltung selbst. Ausführungsbehörde im Sinne der Unfallversicherungsgesetze ist das Versicherungsamt in Rosenheim. Dem Versicherungsamt in Rosenheim obliegt auch die Wahrnehmung der Verwaltungsgeschäfte für die Betriebskrankenkasse des rechtsrheinischen Staatseisenbahnnetzes und für die Arbeiterpensionskasse der gesamten Verwaltung, soweit diese Geschäfte nach Gesetz und Statut der Staatseisenbahnverwaltung zu kommen.

Der Gewährung von Unterstützungen an Bedienstete, die sich in augenblicklicher Not befindet, sodann von Badeunterstützungen und Erziehungsbeiträgen dienen etatsmäßige Mittel und mehrere Unterstützungsfonds. An Unterstützungen sind im Jahre 1910 insgesamt 484.871 M. bezahlt worden.

In immer größerem Umfang widmet sich die Staatseisenbahnverwaltung der Wohnungsfürsorge für das Personal. Am Schlüsse des Jahres 1910 standen insgesamt ungefähr 13.756 bahneigene, angemietete und genossenschaftliche Wohnungen zur Verfügung. Auf je 100 Bedienstete trafen 1910 19∙9 Wohnungen. Nachdem schon in den Jahren 1900–1908 mit besonderen gesetzlichen Krediten insgesamt 14∙7 Mill. M. für die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse des Personals zur Verfügung gestellt worden waren, sind neuerdings im außerordentlichen Budget für 1910/11 und 1912/13 für die Beschaffung von Wohnungen für Beamte und Arbeiter der Staatseisenbahnen und für die Gewährung von Baudarlehen an Baugenossenschaften des Staatseisenbahnpersonals weitere 14∙5 Mill. M. bewilligt worden.


III. Bauliche Anlage und Ausrüstung.


Die erste Anlage der staatlichen und privaten Haupteisenbahnen Bayerns war eingleisig, jedoch wurde selbst bei den ältesten Bahnen der Grund und Boden sofort für die zweigleisige Anlage erworben; ebenso kamen die massiven (gewölbten) Kunstbauten ganz, die Eisenkonstruktionen, wenigstens im Mauerwerk, und auch die Dämme und Einschnitte, wo es anging, für 2 Gleise zur Ausführung (vgl. A, I, 2).

Nur bei einzelnen Linien von geringer Verkehrsbedeutung (Seitenlinien) wurde auf einen künftigen zweigleisigen Ausbau keine Rücksicht genommen.

Der bayerischen Ostbahngesellschaft wurde gleichfalls schon in der Konzessionsurkunde die Bedingung auferlegt, den Grunderwerb, die Erdarbeiten und die Kunstbauten mit Ausnahme der eisernen Überbauten an den Haupteisenbahnen durchgängig für 2 Gleise vorzusehen.

Aus Betriebsrücksichten wurden einige Teilstrecken, namentlich solche mit starken Neigungen, schon beim Bahnbau mit 2 Gleisen ausgestattet. Mit der fortschreitenden Entwicklung des Verkehrs folgte der Bau zweiter Geleise auf weiteren Teilstrecken und ganzen Linien des Hauptbahnnetzes.

1885 waren von den 3898 km bayerischer Haupteisenbahnen 306∙31 km oder 7∙86% zweigleisig.

Vom Jahre 1889 begann die planmäßige Ausstattung der Bahnen mit zweiten Gleisen.

Von den sämtlichen am 1. Januar 1911 vorhandenen Haupteisenbahnen des rechtsrheinischen und pfälzischen Netzes mit 4890∙28 km sind 2978∙60 km oder 61% zweigleisig. Für den zweigleisigen Ausbau von weiteren 125 km sind die Mittel bereits bewilligt Nach Fertigstellung dieser Doppelbahnen wird sich das Verhältnis der zweigleisigen Linien auf 63% der Haupteisenbahnen oder 88% aller mit Schnell- und Eilzügen befahrenen Linien erhöhen.

Im Jahre 1888 wurde mit der Beseitigung der schienengleichen Wegüberfahrten,[61] namentlich auf den Schnellzugslinien, begonnen, und es sind bis Ende des Jahres 1910 im ganzen 1601 solche Überfahrten durch schienenfreie Unter- oder Überführungen, teils auch durch Längswege, ersetzt worden. Das durch den Fortfall der Schranken verfügbar gewordene Wärterpersonal wurde anderweitig verwendet; die leerstehenden Wohnungen in den Wärterhäusern sind zum größten Teil an das Streckenpersonal vermietet.

In den Anfängen des Eisenbahnbaues wurden für den Oberbau ausschließlich einköpfige oder zweiköpfige symmetrische Stahlschienen mit 14∙5 bis 27∙7 kg Gewicht für das lfd. m Schiene verwendet.

Im Jahre 1851 kam die erste breitbasige Schiene (Vignoles-Schiene) mit 36–37∙2 kg für das lfd. m zur Anwendung.

Im Jahre 1867 wurden breitbasige Schienen von 37∙4–38 kg Gewicht und 0∙125 m Höhe in Einzelstücken von 6 m Länge verwendet. Sie wurden als Eisen-, Stahlkopf- und Ganzstahlschienen hergestellt.

Schon 1883 wurde die Herstellung von Eisenschienen ganz aufgegeben und es kamen für die Hauptbahnen vorwiegend 9 m lange Stahlschienen von 34∙3 kg/m Gewicht für einen Raddruck von 7 t in Verwendung, denen im Jahre 1893 ein neues Schienenprofil von 12 m langen Stahlschienen mit 0∙135 m Höhe und 34∙9 kg Eigengewicht folgte.

Für die Vizinal- und Lokalbahnen kommen leichte Schienenprofile zur Anwendung.

Die Zunahme der Fahrgeschwindigkeiten und der Zugbelastungen sowie die Erhöhung des zulässigen Raddruckes auf 8 t gaben Anlaß, vom Jahre 1899 an die internationalen Schnellzugslinien mit einem stärkeren Oberbau auszustatten. So wurden im rechtsrheinischen Staatsbahnnetz bis Ende 1910 zusammen 3444 km Gleislänge allmählich mit 12 und 18 m langen Stahlschienen von 43∙5 kg/m Gewicht und von 0∙140 m Höhe umgebaut, wobei auch Schwellen und Bettung völlig erneuert wurden.

Auf dem pfälzischen Eisenbahnnetz sind von den 677∙57 km Haupteisenbahnen bereits 455 km mit schwerem Oberbau gleicher Art ausgerüstet.

Bei der ersten Anlage der Bahnen wurden die Stationen dem jeweiligen Verkehrsbedürfnisse angepaßt. Mit der Zunahme des Verkehrs wurden sie durch tunlichst einfache Ergänzungss- und Erweiterungsbauten aufnahmefähig erhalten.

Zu Anfang der 1880er-Jahre begann dann eine Periode planmäßiger Ausbildung des Bahnnetzes und seiner Einrichtungen. Bis Ende 1910 wurden rund 247 Mill. M. für Erweiterungsbauten an den Stationen verwendet. Ein sehr großer Teil der Stationen wurde mit Überholungsgleisen ausgestattet. Solche bestehen heute durchschnittlich auf Entfernungen von rund 20 km, außerdem an fast allen Vorstationen größerer Bahnhöfe. In den größeren Bahnhöfen wurde die Trennung des Personen- und Güterverkehrs durchgeführt, vielfach wurden eigene Güterbahnhöfe, an den großen Verkehrszentren Ablaufanlagen geschaffen. Zu Beginn des Jahres 1911 bestehen Verschiebebahnhöfe mit Ablaufanlagen in München-Laim, Nürnberg, Würzburg, Aschaffenburg, Kempten, Oberkotzau, Schweinfurt, Regensburg und Ingolstadt, Eger, Lindau-Reutten und Passau sowie in Ludwigshafen, (Rhein). Zur Sicherung des Verkehrs der Reisenden von und zu den Zwischenbahnsteigen der Personenbahnhöfe wurden Perrontunnel (Bahnsteigunterführungen) in ausgedehntem Maße angelegt und die Bahnsteige überdacht.

Schon im Jahre 1879 wurde die neue Einsteighalle in München-Hbf. mit elektrischen Bogenlampen beleuchtet. Im Laufe der Jahre ist die elektrische Beleuchtung auf alle größeren Bahnhöfe und namentlich auf die Rangieranlagen und Ablaufbahnhöfe ausgedehnt worden. Bahneigene Elektrizitätswerke sind zu diesem Zweck fast in allen größeren Bahnhöfen ausgeführt worden. Ausnahmsweise erfolgte der Anschluß auch an bestehende städtische oder private Elektrizitätswerke. Auf kleineren Stationen wird außer Petroleumbeleuchtung noch Azetylengas- oder Spiritusgasbeleuchtung angewendet.

Die erste Weichen- und Signalzentralisierung mit Stationsblock wurde im Jahre 1881 in München-Ostbahnhof nach System Schnabel & Henning ausgeführt. Hierauf wurden in rascher Folge in den Jahren 1885–1910 fast sämtliche (697) Hauptbahnstationen mit Stellwerkanlagen ausgerüstet, so daß von 753 zu sichernden Stationen noch 23 Hauptbahnstationen in den nächsten Jahren zu zentralisieren sind.

Vor der Ausführung der Stellwerkanlagen wurde, um spätere kostspielige Abänderungen zu vermeiden, grundsätzlich ein alle Betriebs- und Verkehrsbedürfnisse berücksichtigender Umbau der Stationsanlagen durchgeführt.

Mit den Stellwerkanlagen wurde ein einheitliches Signalsystem durchgeführt. Außer den Einfahrsignalen wurden für sämtliche Ausfahrgleise Ausfahrsignale aufgestellt und sowohl Ein- als auch Ausfahrvorsignale angeordnet.

Als notwendige Ergänzung der Zugfahrten innerhalb der Stationen folgten dann die[62] Sicherungen der Fahrten auf freier Strecke durch den elektrischen Streckenblock.

Bis 1910 waren 1326 km Blocklinien im Betrieb. Von den 2355 km doppelgleisigen Schnellzugstrecken sind daher noch 1029 km mit Streckenblock auszurüsten, von denen für 616 km die Mittel bereits vorgesehen sind.

Mit der Einrichtung der Streckenfernsprecher zum Anschluß der Wärter an die Stationen sind die bayerischen Staatsbahnen seit 1893 vorgegangen.

Die Leitungen für das Abläuten wurden vollständig von denen für den Telegraphendienst getrennt und für diesen besondere Zugmeldeleitungen hergestellt.

Bereits 1904 waren auf allen Hauptbahnstrecken in einer Gesamtlänge von 3900 km die Block-, Bahn- und Schrankenwärter unter sich und mit den Stationen durch Fernsprecher verbunden. Beträgt der Abstand von Wärter zu Wärter mehr als 2∙5 km, so werden zwischen sie sog. isolierte Telephonbuden aufgestellt, bei denen der Sprechapparat mit dem Öffnen der Türe selbsttätig eingeschaltet wird.

Die Lokal- und Nebenbahnen sind meist nicht mit Telegraph, sondern lediglich mit Fernsprecher ausgestattet.

Im pfälzischen Netz der Staatseisenbahnen bestehen im wesentlichen die gleichen Einrichtungen wie auf dem rechtsrheinischen. Größere Bahnhofumbauten (Kaiserslautern, Ludwigshafen, Landau u.s.w.) stehen noch bevor. Die Weichen- und Signalzentralisierung ist seit 1883 nach und nach auf allen Hauptbahnstationen und 10 Nebenbahnstationen eingeführt worden. Von 570 km Doppelbahnstrecken sind 323 mit elektrischem Streckenblock ausgerüstet. Wärtertelephone sind gleichfalls auf sämtlichen Hauptbahnstrecken eingerichtet.


IV. Fahrmaterial und Werkstättewesen.


Die bayerische Staatseisenbahnverwaltung verwendete anfangs für den Personenzugdienst einfach gekuppelte und dann zweifach gekuppelte Zwillingslokomotiven. Im Jahre 1889 ging sie zum Bau von Zweizylinder-Verbundlokomotiven über. Da das Verbundsystem wesentliche Vorteile brachte, ist es vom Jahre 1895 an bei den Schnell- und Personenzuglokomotiven weitgehend angewendet worden, u. zw. zunächst bei Zweizylinderlokomotiven und vom Jahre 1897 an auch bei Vierzylinderlokomotiven. Bei diesen für den Schnellzugsdienst bestimmten Lokomotiven mußte mit der Zunahme der Zuggewichte von zwei- auf dreigekuppelte Achsen übergegangen werden. Heute bilden 3 Triebachsen bei Schnellzuglokomotiven die Regel, während bei den Lokomotiven für gewöhnliche Personenzüge meist noch mit 2 Triebachsen das Auskommen gefunden wird. Die Kesselheizfläche der ersten Schnellzuglokomotiven hatte etwa 90 m2 betragen, die neuesten Schnellzuglokomotiven besitzen Kessel mit Heizflächen bis zu 268 m2. Eine weitere Ausbildung erfuhren die Lokomotiven seit 1906 durch Anwendung von überhitztem Dampf, zu dessen Erzeugung ausschließlich der Schmidtsche Rauchröhrenüberhitzer benützt wird.

Seit dem Jahre 1904 erhalten die Schnellzuglokomotiven geschmiedete Barrenrahmen, deren Vorzüge (Sichtbarkeit und leichte Zugänglichkeit der innen liegenden Triebwerkteile) an einigen aus Amerika bezogenen Lokomotiven beobachtet worden waren.

Seit 1905 werden für Nebenbahnen Lokomotiven gebaut, die eine Einrichtung zur selbsttätigen Feuerung des Kessels besitzen und daher von einem Mann bedient werden können. Auch bei einigen Hauptbahnlokomotiven ist diese Bauart mit Erfolg angewendet worden.

Bei den Güterzuglokomotiven ist die nur für geringere Geschwindigkeiten geeignete dreifach gekuppelte Zwillingslokomotive der früheren Jahre in eine 3/4 gekuppelte Verbundlokomotive umgebildet worden, die mit einem entsprechend leistungsfähigen Kessel versehen ist und Züge mit Geschwindigkeiten bis zu 60 km/Std. befördern kann. Während diese Bauart für wagrechte und schwach geneigte Strecken genügt, mußten für Strecken mit größeren Steigungen 4/5 gekuppelte zweizylindrige Lokomotiven gebaut werden, die mit Zwillingswirkung arbeiten und eine Heizfläche von 180 m2 besitzen. In neuester Zeit sind 5/5 gekuppelte Vierzylinder-Verbundlokomotiven mit Dampfüberhitzung in Auftrag gegeben worden.

Der größte Teil der auf den bayerischen Staatsbahnen verwendeten Lokomotiven ist von den bayerischen Werken Maffei und Krauß gebaut.

Den früher ausschließlich verwendeten zweiachsigen Personenwagen nach Abteilsystem oder mit Mittelgang und 2 Endplattformen folgten im Jahre 1886 dreiachsige Abteilwagen, dann im Jahre 1894 dreiachsige und im Jahre 1895 vierachsige Durchgangswagen mit Seitengang, denen sich im Jahre 1904 vierachsige Abteilwagen anschlössen.

Die Güterwagen sind zum größten Teil zweiachsig und werden seit 1892 vorwiegend für 15 t Ladegewicht gebaut. Sie entsprechen[63] in ihrer Ausführung im allgemeinen den Güterwagen der anderen deutschen Eisenbahnverwaltungen.

Bestand und Leistungen des Fahrmaterials der Staatseisenbahnen sind aus der Übersicht in Abschnitt VI im einzelnen zu entnehmen.

Schon frühzeitig waren die Schnell- und Personenzüge der bayerischen Staatseisenbahnen mit durchgehender Bremse ausgerüstet. Es wurde schon 1872 damit begonnen, die Heberlein-Bremse bei den Personenzügen mit großer Geschwindigkeit einzuführen und bereits 1874 waren fast sämtliche Züge mit Personenbeförderung mit der erwähnten Bremse ausgerüstet.

Vom Jahre 1887 an ist sodann die selbsttätige Luftdruckbremse, System Westinghouse, für alle Schnell- und Personenzüge der Haupteisenbahnen und vom Jahre 1892 an die nicht selbsttätige Luftsaugebremse, System Hardy, im Lokalbahndienst allgemein eingeführt worden.

Bei den Eisenbahnen in der Pfalz ist in größerem Umfang auch die Luftdruckbremse, System Schleifer, eingeführt.

Der Unterhaltung des Fahrmaterials dienen im rechtsrheinischen Netz 5 Hauptwerkstätten (2 in München, je 1 in Nürnberg, Regensburg und Weiden), deren Verwaltung den Werkstätteinspektionen obliegt, und 29 Betriebswerkstätten, die den Maschineninspektionen unterstehen. Im pfälzischen Netz der Staatseisenbahnen bestehen 2 Hauptwerkstätten (in Ludwigshafen und Kaiserslautern) und 4 Betriebswerkstätten.

Der Bau einer weiteren Hauptwerkstätte für Lokomotiven in Ingolstadt und einer Hauptwerkstätte für Güterwagen in Nürnberg ist vorgesehen.


V. Betrieb, Verkehr und Finanzen.


Die Grundlage für den Betrieb auf den bayerischen Staatseisenbahnen bilden die in B, I aufgeführten allgemeinen Vorschriften. Nachdem schon im Jahre 1898 von den süddeutschen Eisenbahnverwaltungen gemeinsame Fahrdienstvorschriften vereinbart worden waren, sind am 1. August 1907 einheitliche Fahrdienstvorschriften für alle deutschen Eisenbahnen eingeführt worden.

Der Verkehr auf den bayerischen Staatseisenbahnen vollzieht sich nach der Eisenbahn-Verkehrsordnung.

Für den inneren bayerischen Verkehr und den deutschen Wechselverkehr gelten die Beförderungsbestimmungen und Tarife des deutschen Eisenbahn-Personen-, Gepäck-, Tier- und Güterverkehrs, für den Verkehr mit den zum Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen gehörigen Bahnen die Bestimmungen des Vereinsbetriebsreglements, für den internationalen Verkehr die Bestimmungen des Berner internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr.

Seit der deutschen Personentarifreform vom 1. Mai 1907 betragen die Einheitssätze für die Personenbeförderung:



I. Kl.II. Kl.III. Kl.III. Kl.
nur Per-
sonenzug
für 1 km7∙0 Pf.4∙5 Pf.3∙0 Pf.2∙0 Pf.
Schnellzugszuschlag:
I. Zone (1–75 km)0∙50 M.0∙50 M.0∙25 M.
II. Zone (76–150 km)1∙– M.1∙– M.0∙50 M.
III. Zone (über 150 km)2∙– M.2∙– M.1∙– M.

Im pfälzischen Netz wird seit 1. Mai 1907 die IV. Wagenklasse geführt. Die Einheitssätze für die Personenbeförderung sind die oben angeführten mit der Maßgabe, daß der kilometrische Satz für die III. Wagenklasse allgemein 3 Pf., für die IV. Wagenklasse 2 Pf. beträgt.

Neben dem eigentlichen Fahrpreis wird noch die reichsgesetzliche Fahrkartensteuer (s.d.) erhoben.

Am 1. Mai 1907 wurde auch ein gemeinsamer Gepäcktarif auf den deutschen Eisenbahnen eingeführt.

Die bayerischen Gütertarife beruhen im wesentlichen auf dem im Jahre 1877 eingeführten deutschen Reformtarif. Die Tarifsätze entsprechen im allgemeinen denen der übrigen deutschen Staatseisenbahnverwaltungen.

Die Höchsttarife für den Personen- und Güterverkehr sind in Bayern durch Art. 2 des Gesetzes vom 7. Februar 1874, die provisorische Steuererhebung etc. betreffend, und durch das jeweilige Finanzgesetz festgelegt.

Die bayerische Regierung ist der im Jahre 1878 erfolgten Einrichtung einer ständigen Tarifkommission beigetreten, (s. Gütertarife).

Die bayerische Staatseisenbahnverwaltung gehört dem deutschen Eisenbahnverkehrsverband als Mitglied an.

Am 1. April 1909 ist der deutsche Staatsbahnwagenverband ins Leben getreten, dem sämtliche deutsche Staatseisenbahnverwaltungen angehören.

Eine gesetzliche Tilgung der Eisenbahnschuld bestand bis zum 1. Januar 1912 in Bayern nicht. Vertragsmäßig werden in den für die rechtsrheinischen Pachtbahnen (vgl. A, I, 3) zu zahlenden Pachtschillingen Tilgungsbeträge geleistet, die zurzeit jährlich etwa 1∙4 Mill. M. betragen. Infolge dieser Tilgungen und sonstigen aus laufenden Mitteln gemachten Aufwendungen für die Bahnanlage steht der Staatseisenbahnverwaltung nicht das gesamte Anlagekapital der[64] rechtsrheinischen Bahnen auch als Eisenbahnschuld zu Buch. Es beträgt vielmehr Ende 1910 die Eisenbahnschuld nur 1590 Mill. M. oder rund 84% des auf 1830 Mill. M. berechneten Anlagekapitals.

Das Anlagekapital der am 1. Januar 1909 verstaatlichten pfälzischen Eisenbahnen betrug Ende 1910 262∙5 Mill., wovon 253∙8 Mill. zu verzinsen sind. Auf die übernommenen Prioritätsanlehen werden vertragsmäßige Amortisationen von 2∙496 Mill. geleistet.

Zufolge Gesetzes vom 13. August 1910 wird mit Wirkung vom 1. Januar 1912 ein Ausgleichs- und Tilgungsfonds geschaffen, in den regelmäßige, bis 1922 ansteigende Tilgungsbeträge einzulegen sind.


VI. Statistische Angaben.


Die Hauptergebnisse der bayerischen Staatseisenbahnen von 1844 an bis zur Gegenwart und einige statistische Angaben über die bayerischen Staatseisenbahnen und die vormaligen pfälzischen Eisenbahnen sind in den nachstehenden Übersichten enthalten. Eine Übersichtskarte des bayerischen Eisenbahnnetzes einschließlich der Pfalz ist am Schlüsse beigefügt. (S. umstehende Tabellen S. 66, und S. 67.)


VII. Nebenbetriebe der Staatseisenbahnverwaltung.


Mit der bayerischen Staatseisenbahnverwaltung sind folgende Nebenbetriebe verbunden:


1. Der Ludwig-Kanal, eine Kanalverbindung zwischen Donau und Main von Kelheim über Neumarkt-Nürnberg nach Bamberg.

2. Die Dampfschiffahrt auf dem Bodensee mit Trajektanstalt für Güterwagen zwischen Lindau und Romanshorn.

3. Die Dampfschiffahrt auf dem Ammersee und der Amper.

4. Die Kettenschleppschiffahrt auf dem Main.

5. Der Frankenthaler Kanal.

6. Der Steinbruchbetrieb in Rammeisbach in der Pfalz.


D. Die bayerischen Privatbahnen.


(Statistische Angaben s. S. 69.)


1. Die Ludwigs-Eisenbahn Nürnberg-Fürth.


Es befindet sich in Bayern nur eine Hauptbahn in Privatbetrieb, die Ludwigs-Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth, 6∙04 km lang, zugleich die älteste Eisenbahn des europäischen Festlandes, am 7. Dezember 1835 eröffnet. Die Geschichte des Bahnbaues s. unter A, I.

Am 19. Februar 1864 erlosch ihr ausschließliches Privileg für die Verbindung der Städte Nürnberg und Fürth. Die Staatsbahn baute ihre Strecke Nürnberg-Bamberg, die die Ludwigsbahn bis dahin gekreuzt hatte, über Fürth um. Trotz dieses Wettbewerbs sowie jenes der im Jahre 1882 erbauten Pferdebahn zwischen Nürnberg und Fürth waren die Erträgnisse der Bahn andauernd gut.


Die Dividende der Stammaktien stellte sich 1836 bis 1890 durchschnittlich auf 17∙5%, 1890–1900 auf 18∙51%, 1900–1905 auf 5% und dann wieder jährlich ansteigend bis 1909 auf 14%. Dabei konnte aus Betriebsmitteln ein Baufonds angesammelt werden, aus dem das 2. Gleis hergestellt ist. Der Rückgang der Dividende in den Jahren 1900–1905 rührte von dem Wettbewerb der Straßenbahn her, die seit der Elektrisierung beinahe dieselben Fahrzeiten einhalten kann wie die Ludwigsbahn. Die Bahn dient fast ausschließlich dem Personenverkehr. Der Güterverkehr beschränkt sich auf den Kohlentransport für das Gaswerk Nürnberg.


2. Die bayerischen Linien der Lokalbahnaktiengesellschaft München sind folgende:


a) Sonthofen-Oberstdorf, 13 km, eröffnet 1888.

b) Markt Oberdorf-Füssen, 30∙6 km, eröffnet 1889.

c) Fürth-Zirndorf-Cadolzburg, 12∙53 km, eröffnet 1890/1892.

d) Isartalbahn (München-Wolfratshausen-Bichl), 50∙49 km, eröffnet 1891/1898.

e) Bad Aibling-Feilnbach, 12∙14 km, eröffnet 1897,

f) Murnau-Kohlgrub-Oberammergau, 23∙71 km, eröffnet 1900.

(Letztere beiden Bahnen sind von der Aktiengesellschaft Elektrizitätswerke vorm. O. L. Kummer und Co. erbaut worden, im Jahre 1898 an die Aktiengesellschaft »Süddeutsche elektrische Lokalbahnen« übergegangen und am 1. Januar 1904 von der Lokalbahn-Aktiengesellschaft München erworben worden. Erstere Bahn wurde von Anfang an elektrisch betrieben, die Linie Murnau-Oberammergau erst seit 1905. Auch jetzt werden noch einzelne Züge mit Dampflokomotiven gefahren.)

g) Türkheim i.B.-Wörishofen, 521 km, eröffnet 1896.

(Diese elektrisch betriebene Linie wurde von der Lokalbahnaktiengesellschaft Wörishofen erbaut und im Jahre 1905 von der Lokalbahnaktiengesellschaft München erworben.)

h) Walhallabahn (Stadtamhof-Donaustauf-Wörth), eröffnet 1889/1903.

(Diese schmalspurige Bahn ist in der Station Walhallastraße an die bayerische Staatsbahn angeschlossen. Ein Übergang von Hauptbahnwagen mittels Rollschemeln findet nicht statt.)

Die 1889 eröffnete, 25∙18 km lange Linie Murnau-Garmisch-Partenkirchen ist am 1 Januar 1908 vom Staate eingelöst worden, nachdem der Bau staatlicher Bahnen von Garmisch-Partenkirchen bis zur Landesgrenze bei Mittenwald und zur Landesgrenze bei Griessen beschlossen war.


3. Deggendorf-Mettener Bahn.


Diese 1891 eröffnete normalspurige Bahn ist an die Station Deggendorf der Staatsbahnlinie Plattling-Eisenstein angeschlossen.

Eigentümerin und Betriebsunternehmerin ist die Aktiengesellschaft »Lokalbahn Deggendorf-Metten« in Deggendorf. Sitz der Betriebsleitung ist in Metten.[65]


Hauptergebnis der bayerischen Staatseisenbahnen von 1844 bis zur Gegenwart.


Bayerische Eisenbahnen

[66] Statistische Angaben über die bayerischen Staatseisenbahnen, die vormaligen pfälzischen Eisenbahnen und die sämtlichen Eisenbahnen Deutschlands.


Bayerische Eisenbahnen

[67] 4. Gotteszell-Viechtacher Bahn.


Diese 1890 eröffnete normalspurige Lokalbahn ist an die Station Gotteszell der Staatsbahnlinie Plattling-Eisenstein angeschlossen.

Die Bahn wird von der Eigentümerin, der Aktiengesellschaft »Lokalbahn Gotteszell-Viechtach« in Viechtach betrieben.

Sitz der Betriebsverwaltung in Viechtach.


5. Kahlgrund-Eisenbahn.


Anschluß in der Station Kahl an die von der Eisenbahndirektion Frankfurt a. M. gepachtete bayerische Staatsbahnlinie Aschaffenburg-Landesgrenze bei Kahl.

Die 1898 eröffnete normalspurige Lokalbahn, die von dem Eisenbahnbau- und Betriebsunternehmer H. Christner in Hanau, später in Köln, gebaut und betrieben wurde, ist 1900 an die Aktiengesellschaft »Eisenbahn- und Industriegesellschaft zu Schöllkrippen« übergegangen.

Die Firma wurde im Jahre 1904 in »Kahlgrund-Eisenbahn-Aktiengesellschaft« geändert.

Sitz der Betriebsdirektion in Schöllkrippen.


6. Lam-Kötztinger Eisenbahn.


Die 1893 eröffnete Lokalbahn ist in der Station Kötzting an die staatliche Lokalbahn Cham-Kötzting angeschlossen.

Eigentümerin ist die Aktiengesellschaft Lokalbahn Lam-Kötzting.

Der Betrieb wird seit 1. Januar 1901 von der Staatseisenbahnverwaltung für Rechnung der Gesellschaft besorgt.


7. Röthenbach b. Li-Weilerer Eisenbahn.


Die 1893 eröffnete normalspurige Lokalbahn ist an die Staatsbahnstation Röthenbach b. Li angeschlossen.

Seit 1. Mai 1904 wird der Betrieb für Rechnung der Bahneigentümerin, der Marktgemeinde Weiler, von der Staatseisenbahnverwaltung besorgt.


8. Schaftlach-Gmund-Tegernseer Eisenbahn.


Anschluß in der Station Schaftlach an die Staatsbahnlinie Holzkirchen-Bad Tölz.

Die Teilstrecke Schaftlach-Gmund wurde 1883, die Teilstrecke Gmund-Tegernsee 1902 eröffnet.

Sitz der Betriebsleitung in Tegernsee. Die Bahn besitzt keinen eigenen Güterwagenpark.


9. Dillingen-Ballmertshofen (-Aalen).


Die Spurweite der Bahn beträgt 1 m.

Die bayerische und die württembergische Regierung haben sich durch Staatsvertrag vom 12. April 1905 verpflichtet, der Aktiengesellschaft »Badische Lokaleisenbahnen« zu Karlsruhe den Bau und Betrieb einer Nebeneisenbahn von Dillingen nach Ballmertshofen zum Anschluß an die Linie Ballmertshofen-Aalen zu gestatten.

Die Konzession der bayerischen Teilstrecke ist am 8. April 1905 erfolgt. Den Bau der Bahn hat die Westdeutsche Eisenbahngesellschaft ausgeführt.

Der 1906 eröffnete Betrieb der Bahn Dillingen-Ballmertshofen-Aalen ist an die Zweigniederlassung der genannten Gesellschaft, die Direktion der württembergischen Lokaleisenbahnen in Stuttgart übergegangen.

Durch Gesetz vom 10. August 1904 wurde zum Bau und Betrieb der Lokalbahn ein staatlicher Beitrag von 300.000 M. bewilligt, der zum Bau der Bahn erforderliche Grund und Boden im Werte von ungefähr 120.000 M. ist von den Gemeinden und sonstigen Interessenten kosten- und lastenfrei zur Verfügung gestellt worden.

Der Güterumschlag wird in der bayerischen Anschlußstation Dillingen für Wagenladungen nach den Stationen Neresheim-Zöchlingsweiler mittels Rollschemels, im übrigen durch Umladen bewirkt.

Die Betriebsergebnisse der 15∙24 km langen, auf bayerischem Gebiet liegenden Teilstrecke sind nicht besonders berechnet, weshalb in der unten folgenden statistischen Nachweisung nähere Angaben fehlen.

Der Sitz der Betriebsleitung befindet sich in Neresheim.


10. Chiemseebahn (Prien-Stock).


Die 1887 eröffnete schmalspurige Lokalbahn steht im Eigentum der Chiemseebahngesellschaft Feßler & Co. in Prien.

Die Bahn vermittelt den Verkehr zwischen der Station Prien und der Dampfschiffahrt auf dem Chiemsee.

Der Betrieb beschränkt sich auf die Zeit von Mitte April bis Mitte Oktober. Das Anlagekapital der 1∙70 km langen Bahn beträgt 225.000 M.

Im Jahre 1910 betrugen die Betriebseinnahmen 33.445 M., die Betriebsausgaben 21.537 M., sohin 64∙40 vom Hundert der Betriebseinnahmen.


11. Augsburger Lokalbahn.


a) Augsburger Lokalbahn (Ringbahn), eröffnet 1892 (einschließlich der Anschlußgleise 31∙44 km).

b) Lokalbahn von Augsburg nach Göggingen und Pfersee, eröffnet 1895 (einschließlich der Anschlußgleise 7∙96 km).

c) Lokalbahn von Augsburg nach Haunstetten, eröffnet 1899 (einschließlich der Anschlußgleise 10∙58 km).

Diese drei normalspurigen Bahnen, die im Eigentum der Aktiengesellschaft »Augsburger Lokalbahn« stehen, dienen nicht dem öffentlichen, sondern nur dem Güterverkehr der Anschlußgleisinhaber (Fabriken, Schlachthof u.s.w.).

In Haunstetten besteht zwar seit 20. November 1900 eine öffentliche Verfrachtungsstation, doch ist diese in keinen öffentlichen Tarif einbezogen und die Frachten vom und zum Staatsbahnhof Augsburg werden in gleicher Weise berechnet und erhoben wie die der Anschlußgleisbesitzer.

Bau und Betrieb werden von der Staatseisenbahnverwaltung auf Rechnung der Aktiengesellschaft besorgt.

Auf der 6∙02 km langen Strecke von Augsburg nach Haunstetten hat die Staatseisenbahnverwaltung seit 1. Mai 1901 auf ihre Rechnung den Personenverkehr eingerichtet.

Für die Mitbenützung der Strecke entrichtet die Staatseisenbahnverwaltung an die Aktiengesellschaft eine feste Vergütung von jährlich 2000 M. und beteiligt sich außerdem an den Kosten der Bahnunterhaltung im Verhältnis der von den Personen- und Güterwagen gefahrenen Achskilometer.

Die Gesamtanlagekosten der drei Bahnen haben sich im Jahre 1910 mit 5∙2% verzinst.[68]


Statistische Angaben über bayerische Privatbahnen im Jahre 1910.


Bayerische Eisenbahnen

Literatur über das Eisenbahnwesen Bayerns: Kosmas Lutz, Der Bau der bayerischen Eisenbahnen rechts des Rheins. München und Leipzig 1883. – Hugo Marggraff, Die kgl. bayerischen Staatseisenbahnen in geschichtlicher und statistischer Beziehung. Gedenkschrift, München 1894. – Gustav v. Schlör, Die Entwicklung der bayerischen Ostbahnen auf Grundlage des Gesetzes vom 29. April 1869. München 1873. – Dr. Rudolf Hagen, Die erste deutsche Eisenbahn mit Dampfbetrieb zwischen Nürnberg und Fürth. Gedenkschrift zum 50jährigen Jubiläum vom 7. Dezember 1885. Nürnberg 1885. – Johannes Scharrer, Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfkraft oder Verhandlungen der Ludwigsbahngesellschaft. Nürnberg 1836. – K. M. Bauernfeind, Beschreibung der kgl. bayerischen Staatseisenbahnen, u. zw.: Heft 1: Ludwigs-Südnordbahn München-Hof. Nürnberg 1845; Heft 2: desgleichen Bodensee-Donau. Nürnberg 1846. – Pernwerth v. Bärnstein, Die vormalige Privateisenbahn von München nach Augsburg, ihr Entstehen, Bau, Betrieb und Übergang an den Staat. Augsburg 1890. – Jahresberichte der kgl. bayerischen Staatseisenbahnverwaltung (ab 1851). – Albert Jäger, Die bayerischen Weichen- und Signalzentralanlagen. Frankfurt a. M. 1886. – Gustav v. Ebermayer, Über Bau und Betrieb von Sekundärbahnen. Zeitschrift für Baukunde 1882, Sp. 45–56. – Fr. Förderreuther, Derzeitiger Stand der Weichen- und Signalzentralisierung auf den kgl. bayerischen Staatseisenbahnen und der damit regelmäßig verknüpften Stationsumbauten. Vereinszeitung 1893, S. 493. – W. Heberlein, Lokomotiv-, Tender- und Wagenschnellbremse (Patent Heberlein, Organ 1874, S. 68). – Alois Röckl, Vorschriften über Ersparungen im Eisenbahnbau. Zeitschrift des bayer. Arch.- u. Ing.-Vereins 1875, S. 119. – Karl Schnorr v. Carolsfeld, Die unterirdischen Perronverbindungen an den Wechselbahnhöfen der bayerischen Staatseisenbahnen. Zeitschrift des bayer. Arch.- u. Ing.-Vereins 1876, S.96. – C. A. Steinheil, Der (erste) galvanische Telegraph auf der Eisenbahn München-Nanhofen (Kontrolltelegraph). Kunst- und Gewerbeblatt 1846, S.483. – Franz Weikard und Ernst Ebert, Vereinfachung des Bahnüberwachungsdienstes und Herstellung von Weg-, Unter- und Überführungen bei den bayerischen Staatseisenbahnen. Organ 1903, S. 118, 141, 209, 231, 243. – Denkschrift über die Neuordnung der Verkehrsverwaltung vom 20. März 1906. Beil. Bd. II zu den Verhandlungen der bayerischen Kammer der Abgeordneten 1906. Beilage 232.

v. Schacky und v. Völcker.

Tafel I.
Tafel I.
1

Siegelsdorf-Langenzenn, Georgensgmünd-Spalt, Schwaben-Erding, Steinach-Rothenburg v. T., Immenstadt-Sonthofen, Holzkirchen-Tölz, Sinzing-Alling, Dombühl-Feuchtwangen, Biessenhofen-Oberdorf, Neustadt a. d. Aisch-Windsheim, Prien-Aschau, Senden-Weißenhorn, Feucht-Altdorf und Weilheim-Murnau.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 43-69.
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