Gläubiger

1. Dem Gläubiger ist der Schuldner immer willkommen, wenn er Geld bringt.

Die Russen: Der Schuldner darf die Rubel einer nackten Gläubigerin in den Schos zählen. (Altmann VI, 470.)


2. Dem Gläubiger wird der Schuldner an die Halfter gegeben.Pistor., V, 81; Simrock, 3678.


3. Der Gleubiger ist mit dem Schuldiger zu hauss.Petri, II, 90.


4. Die Gläubiger haben ein besser Gedächtniss als die Schuldner.Schlechta, 222.

Diesen scheint es oft ganz zu fehlen. Graf d'Orsay sagte sogar: »Wenn man mich fragt, wen ich am liebsten befriedigen möchte, meinen Gaumen oder meine Gläubiger, so werde ich unbedenklich sagen: meinen Gaumen, denn dieser geht mich sehr viel, die Gläubiger gehen mich gar nichts an.«

Frz.: Au crediteur mieulx souvient, que au debteur de son argent. (Bovill, III, 47.) – Le créancier a meilleure mémoire que le débiteur. (Cahier, 510.)

Lat.: Apud creditorem maior quam apud debitorem debiti memoria. (Bovill, III, 47.)


5. Eines Gläubigers Vorlauf soll dem andern nicht schaden.Pistor., III, 42.


6. Gläubiger gehen vor den nächsten Freunden in den Kauf.Graf, 115, 279.

»De Borger gaen vor den negesten fründen in den koep.« (von Wicht, Ostfries. Landrecht, Aurich 1746, II, 261.) Die Ansprüche des Pfandgläubigers gehen denen der nächsten Freunde und Verwandten vor. Liegende Güter durften in der Regel nicht in fremde Hände kommen. War aber im Drange der Noth ein Gut all Pfand gegeben, so ging der Gläubiger den Erben vor. Das sächsische Landrecht bestimmte anders. (S. Eigen 9.)


7. Gläubiger sind Tagewähler.


8. Wer sich seine Gläubiger dienen lässt, nimmt ungerechte Zinsen.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867, Sp. 1711.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: