Erben

1. Erben ist leicht erwerben.


2. Erben macht keine Blattern.Kirchhofer, 240.


3. Es erbet wol einer dess andern Geld, aber nicht sein Glück.Petri, II, 244.


4. Es erbt das Erbe allweg vor sich auf den Nächsten.Graf, 193, 57; Ortloff, Rechtsb. nach Distinctionen (Jena 1836), I, 4.

Nach dem Erbgange fällt das Gut an den nächsten Nachkommen.


5. Es erbt das nächste Blut.Graf, 200, 106; Schildener, Gutalaph, altgothländisches Rechtsbuch (Greifswald 1818), 21, 21.

Zur Bestimmung der Gradesnähe im Erbgange.


6. Es erbt nichts aus des Mannes Fletz.Graf, 154, 86.

Handelt vom ehelichen Güterrecht und zwar von dem Falle, wenn die ehelichen Güter eng verbunden waren, sodass sie gemeinschaftlich nach des Mannes Tode der Frau verblieben. Ueber das Wort Fletz, das im Althochdeutschen flachen Grund und Boden, Tenne, Haus, Halle, Wohnung, Stube, Kammer, Lager, Bett u.s.w. bedeutet, und in der neuhochdeutschen Schriftsprache wol nur mit der Schreibung Flötz und der Bedeutung Gang im Bergbau vorkommt, vgl. Grimm, III, 1771. Im obigen Sprichwort bezeichnet es die Verwandtschaft des Mannes, sein Haus.


7. Man erbt niemand bei lebendem Leib.Graf, 184, 18; v. Kreittmayr, Rechtsregeln und Sprüche (München 1848), 53.

Niemand ist berechtigt sein Erbgut zu fordern, während der Besitzer desselben lebt. Was in solchem Fall gegeben wird, kann nur als Geschenk betrachtet werden.


8. Man erbt niederwärts und nicht aufwärts. Graf, 193, 50.

Nach dem allgemeinen Erbgange fallen die nachgelassenen Güter der Nachkommenschaft zu, wenn eine solche vorhanden ist.


9. Man muss nicht auf Erben hausen.Kirchhofer, 357.


10. Wer auf Erben baut, baut auf Sand.Kirchhofer, 357.


11. Wer erben thut, kommt leicht zu Gut.

Span.: Quien no hereda, no medra.


12. Wer erben will, soll auch gelten.Graf, 221, 259.

Er soll auch die Schulden des Erblassers bezahlen.


13. Wer erbt, muss bezahlen. (S. Schulden.) Reyscher, V, 206; Eisenhart, 311.

Der Erbe haftet für die Schulden des Erblassers, wenn er die Erbschaft bedingungslos antritt.

Dän.: Hvo som tager ved arv, tager ved gield. (Prov. dan., 37 u. 38.)


[830] 14. Wer erbt, soll helfen erhalten.Graf, 216, 221; Kothing, Die Rechtsquellen der Bezirke des Cantons Schwyz (Basel 1835), 106.

Beim alten Erbrecht stand die Erhaltung der Einheit und des Fortbestandes des heimatlichen Herdes obenan, der an einen (den ältesten Sohn) überging, die übrigen Geschwister oder andern Erben wurden abgefunden, doch übernahm der Erbe mit dem väterlichen Gute auch die Pflicht, den abgefundenen Geschwistern für alle Wechselfälle des Lebens eine Heimstätte zu sichern.


15. Wer mit will erben, muss nicht mit sterben.


16. Wer nicht erben kann, soll auch nicht steuern.Graf, 221, 262; Blumer, Staats- und Rechtsgeschichte der schweizerischen Demokratien (St.-Gallen 1850-59), III, 198.

Wer nicht erbt, braucht auch für die Schulden des Erblassers nicht einzustehen.


17. Wer si of Erba spitzt, wird nebet ufi glitzt. (Appenzell.) – Tobler.


18. Wer si of Erba tröst, ist zum Betla1 gröst2.(Appenzell.)

1) Betteln.

2) Gerüstet.


19. Wer sich aufs Erben verlässt, der ist verlassen.

Lat.: In morte alterius spem tu tibi ponere noli. (Cato.) (Binder II, 1451.)


20. Wer sich aufs Erben verlot, kommt entweder zu früh oder zu spot.Steiger, 189; Körte, 1149; Kirchhofer, 250.


21. Wer sich verlässt aufs Erben, verlässt sich aufs Verderben.Kirchhofer, 249.

Engl.: He that waits for dead men's shoes, may go barefoot.


22. Wer sick verlett up't Arben, mag as ein Narr verdarben. (Mecklenburg.) – Hochdeutsch bei Simrock, 2085.

It.: Chi spera sul ben altrui, è sempre povero. (Pazzaglia, 340, 2.)


23. Wer will erben, der muss werben.

Holl.: Die eene erfenis wil halen, moet het testament lezen. (Harrebomée, I, 185.)


[Zusätze und Ergänzungen]

*24. Er versteht das Erben, und wenn ein Vogel über sein Dach fliegt, so muss er Federn lassen.Horn, Spinnstube, 1849, S. 96.


*25. Ich hoa nî g'erbt, woas m'r aim Âghe schont. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 444.


*26. Ich hoa in 'n blös m'rivan Nâr g'erbt. Peter, I, 444.

Ich habe nicht so viel geerbt, als man vom Nagel bläst.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1233.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Reigen

Reigen

Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.

62 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon