Potsdamer

*1. Das ist ein Potsdamer.


*2. Einen für einen Potsdamer halten.Kladderadatsch, 1866, Nr. 1, S. 3; Deutsche Romanzeitung, III, 44, 631.

So heisst in Berlin der Angeführte, Blamirte, Hindurchgefallene, der, welcher die Zeche bezahlen muss. Man bezeichnet mit diesem Ausdrucke aber auch einen arroganten Geldmenschen, bei dem das Portemonnaie die Stelle des Herzens vertritt. (S. Nassauer). Fr. Hasenow schreibt mir: »In der Anwendung bedeutet, um es allgemein und gültig auszudrücken, ›Potsdamer‹ einen, der die Kosten ohne den Genuss, ›Nassauer‹ einen, der den Genuss ohne die Kosten hat. ›Nassauer‹ ist Synonym zu ›Freiberger‹; zurückzuführen wol auf das berlinische ›vor (= für) nass‹, oder ›per nass‹ = umsonst; in letzterem dürfte das auch unverändert gehörte englische for nothing angedeutscht stecken. Die Anlehnung an eine Ortsbezeichnung kann nicht wundernehmen. Ob die potsdamer Gardeoffiziere und Geheimräthe in Berlin für besondere Goldvögel gelten, oder ob die Bedeutung auf ›potsdämlich‹ = dämlich, dumm, zurückzuführen ist, wage ich nicht zu entscheiden. ›Ich bin der Dumme‹, heisst in Berlin übrigens: Ich muss bezahlen, z.B. bei dem in Kneipen häufig vorkommenden Auswürfeln der Zeche oft gehört, ich habe verloren.« »Dies könne«, meint Fr. Hasenow, »die Ansicht bestärken, dass der Hergang folgender sei: das ›dämlich‹ ist mit localem Spott zu ›potsdämlich‹ erweitert und dann die richtige und übliche Herkunftsbeziehung ›Potsdamer‹ zunächst auch in dieser Bedeutung gebraucht.« – Im Kladderadatsch (1866, Nr. 1, S. 3) fragt Müller: »Wenn in Holstein ein Käufer vom Verkäufer übertheuert wird, dann sagt er: Sie halten mich wol für einen Preussen?« Worauf Schulze antwortet: »Das klingt ja fast wie: Sie halten mir wol für einen Potsdamer.« Und Müller schliesst: »Es ist ôch Zeit, dass wir in Holstein nicht bald – für Potsdamer gehalten werden.«

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1378.
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