[141] Auferstehung der Todten ward schon in sehr frühen Zeiten angenommen. Die Sehnsucht nämlich nach Fortdauer, die Ahnung von etwas Höherm und Unvergänglicherm, als das Erdenleben bietet, ist tief in der menschlichen Brust eingegraben, auch fehlt es der Vernunft nicht an Gründen dafür. Gleichwol ist es dem Menschen, wenn der Geist von dem Körper scheidet, unmöglich, anzugeben, wie dieser Übergang stattfindet. Es findet sich deshalb schon vor Jesu Zeit der Glaube, daß auch der Körper wieder auferstehen und nach seinen edlern Theilen mit der Seele werde vereinigt werden. Die Juden, welche diesen Glauben von den Völkern, unter welchen sie während der Zeit ihrer Gefangenschaft in Babylon lebten, angenommen zu haben scheinen, erwarteten die Auferstehung der Todten bei der Ankunft des ihnen verheißenen Messias, doch waren sie insofern verschiedener Meinung, daß Einige eine allgemeine, Andere nur eine Auferstehung der Frommen erwarteten. Jesus und die Apostel, besonders Paulus, lehrten ebenfalls eine Auferstehung der Todten und es ist an sich keine Frage, daß der irdische Körper wieder auferstehen könne. Indeß gab es von jeher auch viele wahrhaft fromme Christen, welche bei dem Nachdenken über die vielfache Auflösung und Zerstreuung desselben und über die Frage, wo sich der Geist bis zur Auferstehung des Körpers aufhalte, da doch der Zustand der Vergeltung sogleich nach dem Tode beginne und die Seele sogleich eines angemessenen Organs bedürfe, Bedenklichkeiten fanden, die im Neuen Testamente gelehrte Auferstehung der Todten buchstäblich zu verstehen. Einige fanden dadurch blos eine moralische Auferstehung angedeutet, Andere eine bildliche Einkleidung der Lehre von der Unsterblichkeit. Wie dem nun auch sei, unrecht ist es, diese Lehre darum zu verwerfen, weil man sie nicht begreift; aber nicht minder unrecht ist es, Den zu verdammen, der hierüber eine andere Ansicht hat.