Messias

[120] Messīas, ein hebräisches Wort, bezeichnet einen Gesalbten oder König und namentlich den Erwarteten, von dem die Juden hofften, daß er sie zu einem mächtigen und glücklichen Volke machen und ihren Gottesdienst auf das Beste einrichten werde. Diese Vorstellungen rühren von den Propheten her, Männern, die an der Freiheit und frommen Denkungsweise ihres Volkes das lebhafteste Interesse nahmen, den Glauben an einen Messias in bedrängten Zeiten verkündigten und die sich der Hoffnung einer bessern Zukunft um so mehr hingaben, da dieselbe ihnen das Unglück der Gegenwart, wo das Volk und die Religion der Väter durch fremde Herrschaft und Abgötterei dem Verderben nahe war, ertragen half. Die darauf hinzielenden Stellen ihrer Schriften, welche als Vorherverkündigungen zukünftiger Ereignisse angesehen werden, heißen daher gewöhnlich messianische Weissagungen. Von der Person des Messias, dem Orte seiner Geburt und der Zeit seiner Erscheinung lehrten sie, daß er ein Sprößling David's sein, zu Bethlehem geboren und in der Zeit des tiefsten Verfalls auftreten werde; doch war man auch später geneigt, den Messias für ein überirdisches und mit göttlichen Eigenschaften ausgerüstetes Wesen zu halten. Christus knüpfte an die messianischen Erwartungen des Volkes seine Lehre und sie wurden der Grund, auf denen die Kirche erstand, allein er veredelte die davon geltenden Begriffe, indem er erklärte, sein Reich sei nicht von dieser Welt, sondern ein Reich der Wahrheit und Tugend; er sei der den Völkern verheißene Stifter eines moralischen Reiches, d.h. der Kirche. Es hat in der Geschichte aber auch nicht an Solchen gefehlt, die sich für den Messias ausgaben, um die Juden zum Kriege und zur Empörung zu reizen, aber nur Unglück und Verderben über sie brachten, wie zur Zeit Hadrian's, wo der falsche Messias Bar-Chochba einen Aufstand erregte, der einer halben Million Juden das Leben kostete.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 120.
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