Theer

[403] Theer (der) ist eine braune, dickflüssige, zähe Substanz von starkem, durchdringendem, doch nicht unangenehmem Geruch, welche durch trockene Destillation harzhaltiger Stoffe, namentlich der Wurzelstöcke von Nadelhölzern, gewonnen wird in den sogenannten Theerschwelereien. Die Holztheile werden in kleine Stücke zerhauen, eine Zeit lang zum Austrocknen hingestellt und dann in einen eigenthümlichen kegelförmigen Ofen gebracht und angezündet. Der Ofen ist so eingerichtet, daß die Verbrennung langsam von statten geht, weshalb das Harz mit Öl und Rauch vermischt herausbratet, auf dem Boden des Ofens sichsammelt und von hier in einer Rinne in den Behälter fließt, welcher bestimmt ist, es aufzufangen. Anfänglich bildet sich bei diesem Processe Essigsäure, welche mit brandigem Öle vermischt als Sauerwasser oder Theergalle abfließt, dann folgt brauner Theer (empyreumatisches oder brandiges Öl), auf welchem reiner gelber Theer (reines Harz) schwimmt, und zuletzt kommt dicker schwarzer Theer. In Schweden schwehlt man das Holz zur Theerbereitung in Erdgruben, wobei jedoch die Ausbeute geringer ausfällt. Man bereitet auch aus Steinkohlen einen Theer, den Steinkohlentheer (s. Kohle), und in Rußland gewinnt man einen Theer aus Birkenrinde, welcher Dachert oder Daggut, Birkenöl, genannt und zum Gerben des Justen gebraucht wird. Aus Schweden werden jährlich über 70,000 Tonnen Theer ausgeführt und auch in Norwegen, Rußland und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika wird viel Theer bereitet. In Deutschland bereitet man ihn vorzüglich in Thüringen und im Schwarzwalde. Man bedient sich des Theers besonders zum Tränken (Theeren) der Schiffe und des Takelwerks, sowie auch andern Holzwerks, um dasselbe gegen den zerstörenden Einfluß der atmosphärischen Luft und der Feuchtigkeit zu schützen. Man bereitet aus dem Theer auch Wagenschmiere und benutzt ihn in neuerer Zeit zur Bereitung der sogenannten Dorn'schen Dächer. Die Theergalle dient als Essigsäure, und die beim Theerschwehlen zurückbleibende Kohle oder Pechgriebe wird in verschlossenen Ofen mit langen hölzernen Schornsteinen zu Ruß gebrannt. In offenen Kesseln über freiem Feuer gesotten, gibt der Theer Pech (s.d.) und zwar gewinnt man auf diese Weise von dem gelben und braunen Theer das helle Pichpech, von dem schwarzen, wenn er jenem zugesetzt wird, das schwarze Schiffspech.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 403.
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