[401] Thee (der) besteht aus den eigenthümlich zubereiteten Blättern des in China und Japan heimischen Theestrauchs (lat. Thea chinensis).
Derselbe erreicht gewöhnlich nur eine Höhe von 5–6 F., wird jedoch in seltenen Fällen auch gegen 30 F hoch. Er wächst sehr langsam, hat ein hartes, [401] eigenthümlich riechendes Holz und treibt von der Wurzel bis zur Spitze Äste. Der Stamm ist graulichbraun, die Stengel sind kastanienbraun. An den Stengeln stehen in abwechselnder Reihenfolge die kurzgestielten, eirund-lanzettförmigen oder länglich elliptischen, steifen, glatten und glänzend dunkelgrünen Blätter mit sägeförmigem Rande. Sie werden zwei bis drei Zoll lang und einen Zoll breit. Aus den Blattwinkeln kommen die weißen, rosenförmigen, kurzgestielten Blüten hervor. Der kurze Kelch derselben besteht aus fünf oder sechs Blättern von rundlicher Form und spitz zulaufend. Die Anzahl der Blumenblätter ist verschieden, 3, 5, 6 oder 9. Auf dem Blumenboden stehen eine Menge fadenförmiger Staubgefäße mit zweifächerigen gelben Staubbeuteln. Die Frucht besteht aus drei rundlichen, zweisamigen Kapseln mit rundlichen, glatten, dürren, braunhäutigen Samen, welche höchstens so groß wie eine Haselnuß werden und einen öligen, bitterlichen Kern enthalten. Obgleich es nur eine Gattung des Theestrauchs gibt, so liefert derselbe doch je nach der Gegend, in welcher er angebaut wird, nach den klimatischen Verhältnissen und nach der Sorgfalt, die man ihm angedeihen läßt, sehr verschiedene Producte. Man kann ihn in dieser Beziehung mit dem Weine vergleichen. In den südl. Landschaften von Japan pflanzt man den Theestrauch zu Hecken an Wegen und Rainen, sowie an einzelnen zum Ackerbau minder tauglichen Orten an. Doch geben diese Theesträucher nur die geringern Sorten zum täglichen Gebrauch der untern einheimischen Volksclasse. Die bessern Sorten werden mit großer Sorgfalt in eignen Theeanpflanzungen gezogen. Man zieht den Thee aus dem Samen, welcher im Herbst gelegt wird und im Mai und Juni die Pflänzchen heraustreibt. Schon im ersten Jahre schneidet man den Pflanzen die Krone ab, damit sie desto astreichere Stauden bilden. Erst im vierten und fünften Jahre gewinnt man von den jungen Pflanzen den ersten Thee. Auf die Wahl des Ortes zu Theeanpflanzungen verwendet man ebenso große Aufmerksamkeit, wie dieses bei uns in Bezug auf Weinanpflanzungen geschieht. Die Theelese findet im Frühjahre statt. Bei der ersten Ernte nimmt man die jungen Triebe von zwei bis drei Zoll Länge ab, pflückt die Blätter ab und sortirt sie. Aus den obersten Blättchen, den Herzchen des Triebes, bereitet man die feinste und wohlriechendste Theeforte. Beim Einsammeln der Blätter kommt sehr viel auf Reinlichkeit und Sauberkeit an. Es wird erzählt, daß die Arbeiter, welche den feinsten Thee in Japan einsammeln, einige Wochen vorher keine groben Nahrungsmittel genießen dürften, damit nicht ihre Ausdünstung das Aroma des Thees verderbe, daß sie beim Einsammeln selbst seine Handschuhe tragen und während der Erntezeit sich täglich zwei bis drei Mal baden müßten. Die weitere Zubereitung des Thees geschieht theils auf trockenem, theils auf nassem Wege. Bei jenem werden die sortirten Blätter in eiserne Pfannen gebracht, welche über einem mäßigen Kohlenfeuer stehen. Während sie in der Hitze welken, wendet man sie fortwährend mit den Händen um. Hierauf schüttet man sie auf eine Matte und rollt sie noch heiß mit den Flächen der Hände zusammen. Nachdem die Blätter erkaltet sind, werden sie noch einmal und so wol fünf bis sechs Mal der ersten Behandlung unterworfen. Der Thee gilt für um so ausgezeichneter, je vollkommener er gerollt ist. Bei der Bereitung auf nassem Wege werden die frisch gelesenen Blätter in einem eignen Behälter über dem Dampf von kochendem Wasser zum Welken gebracht, gerollt und dann wie gewöhnlich in eisernen Pfannen getrocknet. In China ist die Bereitung auf nassem Wege die gewöhnliche für den täglichen Bedarf im Lande, doch trocknet man den Thee hernach in einer eignen Art von Darrofen. Bei der Bereitung auf trockenem Wege nimmt der Thee eine dunkelgrüne, ins Bräunliche gehende Färbung an, wogegen der auf nassem Wege bereitete hellgrün erscheint. Der sogenannte schwarze Thee soll jedoch mit Wasserdämpfen behandelt sein und dadurch die Schärfe und das Adstringirende verloren haben, welches dem grünen Thee eigenthümlich ist. Man glaubte sonst, daß der grüne Thee seine Farbe daher habe, daß er auf kupfernen Platten getrocknet werde; dies ist jedoch keineswegs der Fall. Den eigenthümlichen Wohlgeruch des Thees hat man aus der Beimischung wohlriechender Stoffe erklärt, derselbe ist jedoch dem Thee ebenso eigenthümlich, wie der Wein seine eigenthümliche Blume hat. Im Allgemeinen pflegt man den Karavanenthee für vorzüglicher zu halten, als denjenigen, welcher auf dem Seewege nach Europa kommt, das ist jedoch nur insofern gegründet, als man wegen der Kostbarkeit des Landtransportos natürlich nur die bessern Theesorten zu Land ausführt, weil sich die Ausfuhr der schlechtern nicht lohnen würde. Übrigens kommen ebenso ausgezeichnete Sorten zur See nach Europa. Die feinsten kommen aber gar nicht in den Handel, indem dieselben von den Chinesen und Japanesen gar nicht auf den Markt gebracht werden.
Die namentlich nach Europa kommenden Theesorten sind folgende. Zu den braunen oder schwarzen Theesorten gehört der Thee Bohe, Thee Bou bei den Chinesen, auch Theebout genannt, welcher aus mittelmäßig großen Blättern von angenehmem Geruch besteht; der Congo oder Bongsothee, welcher dem vorigen ähnlich, aber noch angenehmer ist; der Campoe oder Sumlo mit ziemlich großen Blättern von einem der Veilchenwurz ähnlichen Geruch; der Souchong oder Sutschang von etwas heuartigem Geruch und angenehmem Geschmack; der Padre-Souchong, Karavanenthee, welcher einen lieblichen Geruch und seinen Geschmack hat, wenig gerollt ist und große Blätter hat; der Pecco oder Vehu, dessen Blätter mit einem weißlichen Filz überzogen sind und der sehr wohlschmeckend ist. Zu den grünen Theesorten gehören: der Singlo oder Sonlo, welcher große schlecht gerollte, zum Theil gelbliche Blätter hat und von geringer Güte ist; der Tonkay, etwas bräunlich und besser als der vorerwähnte; der Haysan, in China Gobee genannt, mit langgerollten Blättern, von heuähnlichem Geruch und blaßgrauer Farbe, angenehmem, aber etwas hartem Geschmack; der Tchi, Perlthee oder Imperial ist zu erbsengroßen Kugeln gerollt und ist weniger hart als der Haysan; der Atjosar oder Schießpulver thee, welcher in ganz kleine Kügelchen gerollt ist und angenehm und mild riecht und schmeckt; der Soulong mit locker gerollten, hellgrünen Blättern, sehr lieblich; der Kaiserthee, Blumenthee oder Theeblüte, der feinste und beste grüne Thee, mit hellgrünen, nur zusammengedrehten Blättern von angenehm balsamischem Geruch, welcher nur selten echt zu haben ist. Aus den schlechtesten Blättern und den Stengeln, welche mit einer klebrigen Substanz vermischt, in längliche Formen gedrückt und im Ofen[402] getrocknet werden, kommen mehre Theesorten unter dem Namen Backsteinthee in den Handel, den besonders die Mongolen verbrauchen sollen. Versendet wird der Thee in Kisten, die mit Blättern ausgelegt und inwendig wie auswendig mit Papier beklebt sind, die seinen Sorten in Kästchen und Blechdosen. Es werden mit dem Thee mancherlei Verfälschungen vorgenommen. Die Chinesen suchen ihm oft durch Vermischung mit einer Art Eisensand ein größeres Gewicht zu geben, und in England soll man ihn mit Schlehen- und Eschenblättern vermischen, wol auch schon benutzte Theeblätter aufs neue präpariren und verkaufen. – Wann man in China und Japan angefangen, Thee zu trinken, ist nicht zu entscheiden; in Europa lernte man den Thee aber im 16. Jahrh. zuerst kennen; G. Batista Ramusio erhielt 1556 den ersten Thee von einem Perser. Durch die Holländer wurde der Thee im Anfang des 17. Jahrh. allgemeiner bekannt. In Rußland, Holland und England wird gegenwärtig der meiste Thee verbraucht. Man rechnet, daß in Holland jährlich 21/4 Mill. Pfd. Thee verbraucht werden und Rußland soll jährlich über 25 Mill. Pfd. einführen. In England betrug der Theeverbrauch 1828 gegen 28 Mill. Pfd. Man hat in neuerer Zeit, zum Theil veranlaßt durch die Schwierigkeit des Handels mit China, auch in andern Gegenden den Theebau unternommen. So haben namentlich die Holländer auf der Insel Java Theepflanzungen angelegt, und in dem asiat. Reiche Assam haben die Engländer Pflanzungen unternommen. – Als Surrogat für den Thee hat man die frischen Blätter von Pomeranzenbäumen, die Blatter der blauen Brombeeren, der Walderdbeeren und des Bergehrenpreises empfohlen.
Buchempfehlung
Der 1890 erschienene Roman erzählt die Geschichte der Maria Wolfsberg, deren Vater sie nötigt, einen anderen Mann als den, den sie liebt, zu heiraten. Liebe, Schuld und Wahrheit in Wien gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
140 Seiten, 7.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro