[572] Verbrennung wird mit Beziehung auf den lebenden thierischen oder menschlichen Körper eine Entzündung eigenthümlicher Art genannt, die durch irgend einen Körper erzeugt worden ist, dessen Temperatur eine höhere war, als die des verbrannten Theiles. Indeß kann die Verbrennung sehr verschieden sein, je nach der Natur des brennenden Körpers, nach dem Grade seiner Erhitzung, nach der Dauer seiner Einwirkung und nach der Beschaffenheit des Theiles, auf den er brennend wirkt. So bringt entzündetes Schießpulver eine Verbrennung besonderer Art hervor und glühende Metalle wirken anders als siedende Flüssigkeiten und selbst diese unterscheiden sich hierin, insofern z.B. siedendes Öl eindringender wirkt als heiße Fleischbrühe oder Lauge, diese stärker als Milch und letztere wieder stärker als siedendes Wasser. Im Allgemeinen gilt in dieser Beziehung der Grundsatz, daß, je dichter der brennende Körper ist, je mehr er also freien Wärmestoff in sich aufzunehmen vermag, desto höher auch der Grad von Verbrennung sein wird, den er erzeugt. Hinsichtlich der Verschiedenheit des Grades der Verbrennung, welche von der Dauer der Einwirkung des brennenden Körpers abhängt, so leuchtet wohl ein, daß eine augenblickliche Berührung des thierischen oder menschlichen Körpers durch brennende Stoffe eine ganz andere Verbrennung zur Folge haben muß, als eine lange anhaltende Einwirkung letzterer. Endlich wird der Grad der Verbrennung noch von der Beschaffenheit des Theiles, auf den die brennenden Stoffe einwirken, abhängig und es wird nur eine durch Arbeit gehärtete Haut von demselben brennenden Körper und bei derselben Dauer der Einwirkung doch weniger heftig verbrannt werden als eine zarte und weiche Haut. Hinsichtlich der äußern Erscheinung nun lassen sich im Ganzen vier Grade von Verbrennung annehmen, die sich deutlich voneinander unterscheiden und eine verschiedene ärztliche Behandlung erfodern. Der erste Grad bringt nur eine leichte Hautentzündung hervor, die sich durch eine mäßige Röthung der Haut und einen brennenden Schmerz zu erkennen gibt, ohne daß dabei beträchtliche Anschwellung stattfindet oder Blasen entstehen. Bei dem zweiten Grade sind nicht nur die Röthung der Haut dunkler und die Schmerzen heftiger, sondern erstere schwillt auch an und die Oberhaut erhebt sich in Blasen, welche sich mit einer klaren, gelblichen Flüssigkeit füllen, dann vertrocknen und sich abblättern oder, wenn sie geöffnet werden, mit einer Borke sich bedecken, unter der sich eine neue Oberhaut erzeugt. Sind nervenreiche Organe von der Verbrennung betroffen worden, so gesellen sich wol auch, wenigstens bei reizbaren Personen, Fieberbewegungen hinzu. Bei dem dritten Grade ergreift die Entzündung nicht nur die Haut, sondern auch das unter ihr befindliche Zellgewebe, die Röthung der verbrannten Stellen ist noch dunkler, die Hitze und Geschwulst sind beträchtlich, der Schmerz ist brennend, klopfend, es bilden sich größere Blasen, die in Eiterung übergehen und nicht selten bei der Heilung entstellende Narben hinterlassen; gleichzeitig hat heftiges Fieber statt, zu dem oft noch nervöse Zufälle hinzukommen. Bei dem vierten Grade hört sogleich alles Leben in der betroffenen Stelle auf, diese erscheint schwarzbrandig, todt. Von dem Orte, der Heftigkeit und dem Umfange der Verbrennung, dem Alter und der Körperconstitution des Verbrannten ist die Gefährlichkeit des Unfalls abhängig. Die Verbrennung großer Hautflächen ist allemal gefährlicher als eine weit stärkere Verletzung einer kleinern Stelle, und Verbrennungen von großen Umfange enden in der Regel mit dem Tode. Ebenso muß eine ausgedehnte Verbrennung der Brust oder des Bauches wegen möglicher Entzündung der in diesen Höhlen gelegenen Eingeweide und wegen des heftigen damit verbundenen Fiebers größere Besorgnisse einflößen, als eine ähnliche Verbrennung der Gliedmaßen. Kräftige, im mittlern Lebensalter stehende Personen werden eine gleiche Verbrennung eher ertragen als Kinder und Greise oder sehr reizbare, schwächliche und zu Nervenzufällen geneigte Personen. Was die Behandlung der verschiedenen Arten von Verbrennungen anlangt, so muß sie sich vorzugs. weise nach dem Grade der Verbrennung richten. In dieser Beziehung gilt nun, so weit sich im Allgemeinen Regeln aufstellen lassen, als Grundsatz: daß für den ersten und zweiten Grad von Verbrennung nichts besser ist als kaltes Wasser, wenn es die Jahreszeit erlaubt, auch wol Schnee [572] oder Eis, da natürlich der vermehrte Wärmestoff sich am sichersten wieder durch Kälte entziehen läßt, sowie daß die etwa entstehenden Blasen nicht geöffnet werden dürfen. So zweckmäßig nun aber bei den beiden ersten Verbrennungsgraden der Gebrauch des kalten Wassers ist, so nachtheilig erweist er sich bei dem dritten Grade, besonders wenn die Oberhaut verloren gegangen ist und die Nervenwärzchen der Haut bloß liegen. Hier wird durch das kalte Wasser der Schmerz zuweilen bis zu Convulsionen gesteigert. Die Behandlung des vierten Grades begreift gewissermaßen, insoweit es sich um die Umgebung der vollkommen verbrannten Theile handelt, die der drei ersten Grade in sich, doch muß darnach getrachtet werden, das völlig Abgestorbene möglichst bald zu entfernen. Bei Verbrennungen mit Schießpulver ist es durchaus nöthig, die Pulverkörner sorgfältig wegzuschaffen.