Windsor

[738] Windsor, ein Städtchen mit 6500 Einw. westl. von London am rechten Ufer der Themse, über welche eine steinerne Brücke nach dem gegenüberliegenden und durch seine gelehrte Schule berühmten Eton führt, ist von jeher ein Lieblingsaufenthalt der Könige von England gewesen. Schon Wilhelm der Eroberer soll ein Schloß auf der Stelle erbaut haben, wo jetzt das königl. Schloß steht, welches jedoch von Karl II. ganz umgebaut wurde und seine heutige Gestalt in der Hauptsache bekam. Karl II., in der neuesten Zeit Georg III. und Georg IV. wendeten viel auf seine Verschönerung. Weithin übersieht man den geschlängelten Lauf der Themse von der Anhöhe, wo das königl. Schloß (Windsor Castle) liegt, welches ein ehrwürdiges, alterthümliches Ansehen hat und auf dessen Thurme die große engl. Flagge weht, so lange ein Mitglied der königl. Familie dort anwesend ist. Seine zwei Höfe trennt der sogenannte runde Thurm, wo der Commandant wohnt; die Staats- und Audienzgemächer befinden sich an der Nordseite, die der Prinzen an der Morgenseite, die der vornehmsten Kronbedienten an der Mittagseite des obern Hofes, am untern aber liegt die prächtige gothische St.-Georgenkapelle, von deren Chor nebenstehend eine Ansicht gegeben ist. In derselben finden die Capitel des Hosenbandordens und die Aufnahme neuer Ritter in denselben statt, von welchen jeder über den ihm zugewiesenen Chorstuhle sein Banner aufstecken läßt. Kunstreiches Schnitzwerk, auch merkwürdige Glasmalereien und ein Abendmahl als Altargemälde von West zieren die Kapelle, in welcher sich auch die Gruft der königl. Familie befindet. Verweilt diese in W., so bewohnt sie übrigens nicht das Schloß selbst, sondern ein neueres Gebäude gegenüber der südl. Terrasse, welche mit den an der Nord- und Ostseite sich hinziehenden Terrassen eine in ihrer Art einzig zu nennende Anlage bildet und die reizendsten Aussichten auf die Themse und die mit Gärten, Landsitzen und Ortschaften prangende Umgegend und den zehn engl. Meilen im Umfange großen, parkartigen Wald von Windsor gewährt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 738.
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