Fénélon

[100] Fénélon, François de Salignac de la Motte, der Verfasser der berühmten »Aventures de Télémaque,« stammte aus einem alten angesehenen Geschlechte und ward 1652 in Périgord geboren. Schon als Knabe entwickelte er die glänzendsten Anlagen und zeigte einen unermüdlichen Fleiß, verbunden mit der einnehmendsten Liebenswürdigkeit und Sanftmuth des Charakters. Er trat in den geistlichen Stand, ward Prior von Carenac und schrieb 1681 sein erstes Werk über weibliche Erziehung. Dasselbe erwarb ihm so reichen Beifall, daß der König ihn zum Erzieher seiner Enkel ernannte. Durch den Télémaque, worin Ludwig XIV. eine Satyre auf die Regierung und den Hof fand, mehr aber noch durch einen theologischen Kampf, den Fénélon, welcher inzwischen zum Bischof von Cambray erhoben worden war, mit Bossuet zu bestehen hatte, zog er sich die Ungnade des Königs zu und ward in seinen Sprengel verwiesen, wo er 1715 starb. Der Télémaque, erst nach des Verfassers Tode vollständig erschienen, gilt noch jetzt für das Meisterwerk einer Erziehungsschrift, welches die trefflichste Moral für einen Fürsten enthält, und dabei in das gefälligste Gewand des Romans eingekleidet ist: er ist unendlich oft gedruckt und fast in alle Sprachen übersetzt worden.

T.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 100.
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