Fleischbrühe oder Bouillon

[148] Fleischbrühe oder Bouillon, die dem Fleische durch Kochen entzogene Brühe, die Grundlage vieler Gerichte, der naturgemäßeste, flüssige Stoff, den uns die Kochkunst bietet. Zu Erlangung guter Fleischbrühe bediene man sich hoher töpferner, statt der metallnen, flachen Gefäße. In flachen Gefäßen wird sich das Fleisch bei abnehmender Flüssigkeit zeitig bloßlegen, daher oberhalb ausdorren, oder auch an den Seiten anbrennen. Am besten sind hohe cylindrische Dampfkessel, in welchen man Suppe, Gemüse und Fleisch zugleich zubereiten kann. Man hat Dampfkessel von deutschem Gußeisen, aber auch von geschlagenem Blech; sie sind kleinen Haushaltungen sehr zu empfehlen. Jede Fleischbrühe gewinnt durch Vermischung mehrerer Fleischarten an Wohlgeschmack und Kraft, welches durch Hinzuthun von gewürzhaften Kräutern noch erhöht wird. Die Franzosen lassen in der Regel ein Stückchen Kalb- oder Rindsleber mit dem Fleische verkochen; sie unterscheiden Bouillon [148] maigre von B. gras, und nennen eine kräftige, zur Stärkung schwacher Personen und besonders der Wöchnerinnen und Ammen bereitete Fleischbrühe B. de prime. Ihr unvollkommenes Vorbild ist der Fleshtea der Engländer. Es besteht aus zerschnittenem Rind-, Kalb- und Hühnerfleisch, welches 1–2 Stunden in kaltem Wasser eingeweicht wird (so viel als man zur Brühe braucht), worauf das Geschirr mit allem darin Enthaltenen an ein lebhaftes Feuer gesetzt und mit Kräutern, Wurzeln und Salz vermischt wird. In einer halben Stunde ist die Brühe gut, sehr kräftig, und wird abgegossen. Das Rindfleisch ist unter allen Umständen das beste zu Brühen. Bouillontafeln bestehen aus einem Extract von Fleischbrühe, welcher zu einem Leim gekocht, getrocknet und in Tafeln zerschnitten wird. Als Nahrungsstoff schätzt man 4 ½ Loth derselben einem Pfunde knochenlosen Fleisches gleich. In gut verschlossenen Gefäßen lassen sie sich Jahre lang unverdorben erhalten. Sie sind in neuerer Zeit ein Handelsartikel geworden und man verkauft sie auch gepulvert in Gläsern. Spanien bezog sie sonst in Menge aus Chile, wo sie von dem Fleisch, der, bloß um die Häute zu gewinnen, zu Tausenden erlegten Büffel bereitet wurden.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 148-149.
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