[1623] MINERVA, æ, Gr. Ἀθηνᾶ, ᾶς, Poët. Ἀθήνη, ης, (⇒ Tab. X.)
1 §. Namen. Diesen hat sie nach einigen von minuo, Cicer. de N.D. l. II. c. 24. p. 1183. b. & l. III. c. 24. ich verringere, weil durch die Kriege, deren Göttinn sie mit ist, der Menschen weniger gemacht, und ihre Zahl also verringert wird; nach andern aber von [1623] memini, quasi Meminerva; Arnob. ap. Voss. Etymol. in Minerval. p. 373. nach den dritten von munus, ars und varia, quasi Dea & munus artium variarum, Isidor. l. VIII. c. 7. nach den vierten von minor; Cic. l. c. nach den fünften von dem alten Worte Menervo für moneo, quia bene moneat, Voss. ipse l. c. und nach den sechsten von μένος, mens; Becmann. Orig. L. L. in Minuo, p. 693. Von dem Griechischen sehe man Athena. Sonst heißt sie auch Pallas. Hesiod. O. & D. v. 76. Jedoch machen auch einige zweene besondere Personen aus der Minerva und Pallas, und wollen, daß Pallas der Minerva Tochter gewesen, und von dieser ihrer Mutter, als sie ungefähr uneins geworden, hingerichtet sey. Apollod. l. III. c. 11. §. 3.
2 §. Aeltern. Da fünf Personen diesen Namen geführet haben, so sind nothwendig auch die Aeltern derselben fünferley. Man geht aber in Bestimmung derselben sehr von einander ab. Nach einigen sind der ersten ihre unbekannt; die zweyte aber soll des Nilus Tochter gewesen; die dritte aus Jupiters Gehirne entsprungen; die vierte eben desselben und der Koryphe Tochter, und die fünfte sodann des Pallas, eines Riesen, Tochter gewesen seyn. Cic. de N.D. l. III. c. 23. p. 1199. b. Andere halten die erste für eine Athenienserinn und Vulcans Tochter; die zweyte für eine Aegypterinn und des Nils Tochter; die dritte soll den Saturn zum Vater gehabt und die Kriegeskunst erfunden haben; die vierte war Jupiters Tochter und die fünfte des Pallas und der Titanis Tochter, welche ihren Vater, der sie schänden wollte, umbrachte, ihm die Haut abzog und sich damit bedeckete. Clem. Alex. adm. ad gent. p. 13. Cf. Luc. Ampel. c. 9. p. 377. & Firmic. op. Muncker. ad Albric. c. 9. Einige machen auch den Sol zu dem Vater der einen, Luc. Ampel. l. c. und andere den Neptun, und zur Mutter die Tritonis, eine Seenymphe. Herodot. Mel. pom. IV. c. 181. & Paus. Att. c. 14. p. 26. Jedoch ist unter allen die berühmteste, welche aus Jupiters Kopfe hervor gekommen, und ihr werden aller übrigen [1624] Merkwürdigkeiten zugeschrieben. Es gebahr aber solche Jupiter, als er seine erste Gemahlinn, die Metis, welche mit ihr eben schwanger gieng, verschlungen hatte. Hesiod. Theog. v. 888. Er empfand einen grausamen Schmerz von ihr im Haupte, daher er sich denn den Vulcan den Kopf mit einer scharfen Art von einander hauen ließ. So bald solches geschehen war, sprang sie aus demselben freudigst heraus, tanzete, schwang ihren Spieß, schlug damit auf ihren Schild, und erwies sich nicht anders, als ob sie sogleich ihren Feind angreifen wollte. Lucian. Dial. Deor. 3. Indessen regnete es, da sie geboren wurde, den ganzen Tag über Gold in der Insel Rhodus. Pindarus ap. Strabon. l. XIV. p. 655. Bey allem dem machen sie auch einige zu des Itonius Tochter, die ihrer Kriegestapferkeit halber mit unter die Götter genommen worden. Tzetz. ap. Nat. Com. l. IV. c. 5. Noch andere machen sie zu einer Tochter des Cekrops, Königs zu Athen, oder auch erst des Kranaus, ebenfalls Königs der Athenienser, aus dessen Gehirne sie denn entsprungen zu seyn vorgegeben wird, weil κράνιον so viel, als den Kopf bedeutet. Banier Entret. VI. ou P. I. p. 163. Ban. Erl. der Götterl. III B. 244 S. Außer diesen aber soll es noch eine ältere Minerva gegeben haben, die lange vor dem Cekrops in Aegypten zu Sais verehret worden und eigentlich Neith oder Ogga, Onka geheißen. Ebend. 245 S.
3 §. Ort ihrer Geburt und Auferziehung. Nach einigen wurde sie am See Triton, in Afrika, geboren, Apollod. l. III. c. 11. §. 2. nach andern aber zu Alliphäris, in Arkadien, woselbst sie auch soll seyn auferzogen worden. Pausan. Arcad. c. 26. p. 497. Zu ihrem Pflegevater machen einige den Alalkomenes, Id. Bœot. c. 33. und andere zu ihrer Erzieherinn die Dädale, welche eine sehr kluge Frau gewesen seyn und die Minerva in allen Wissenschaften und Künsten, die einem Frauenzimmer nöthig sind, unterwiesen haben soll. Posidonius ap. Nat. Com. l. IV. c. 5. p. 297. Wie es aber sonst zween Seen oder Flusse [1625] in Griechenland gab, welche Triton hießen; also wollen einige in dieser Absicht ihre Geburt ungern in Afrika, lieber aber in Böotien suchen, und machen dabey zu ihrer Erzieherinn die Alalkomenia, eine Tochter des Ogyges. Paus. l. c. Cf. Voss. Theol. gent. l. I. c. 17.
4 §. Wesen. Sie war die Göttinn der Weisheit, der Wissenschaften und Klugheit. Albric. de Imag. Deor. c. 8. Cf. Voss. Theol. gent. l. IX. c. 24. & l. VIII. c. 12. Daher ließ sich auch Jupiter selbst alles gefallen, was sie angab. Callimach. Hymn. in Lauacr. Pallad. v. 131. Nicht weniger war sie die Göttinn gesammter freyen Künste, Ovid. Fast. l. III. v. 816. des Webens, Spinnens und Nähens, Id. ib. v. 819. des Walkens und Färbens, Id. ib. v. 21. der Baukunst, Id. ib. v. 825. der Arzneykunst, Id. ib. v. 827. der Unterweisung, Id. ib. v. 829. der Bildhauerkunst, Id. ib. v. 831. der Poesie; Id. ib. v. 833. und tausend anderer dergleichen Künste, mehr. Id. ib. Allein, auch selbst des Krieges, Virg. Aen. XI. v. 483. in welchem sie nicht weniger ihrer Pferde und Wagen, als andere, nach der alten Weise, sich zu bedienen pflag, Callim. c. v. 2. & Horat. l. I. Od. 15. v. 12. und endlich auch der Stadtthore und der Thüren der Privathäuser. Aeschyl. ap. Spanhem. l. c. v. 53.
5 §. Erfindungen. Dahin rechnet man das Kriegführen, Cic. de N.D. l. III. c. 21. p. 1198. b. die Schilde und mit Eisen beschlagenen Wagen, Homer. Hymn. in Vener. v. 13. die Baukunst, Lucian. ap. Nat. Com. l. IV. c. 5. den Spinnrocken, Theocr. ap. eumd. l. c. die Pfeifen und Musik. Sie warf zwar die erstern wieder hinweg, als sie gewahr wurde, wie sie sich durch Aufblasung der Backen damit verstellete, und Juno und Venus sie auch deshalber auslachten. Phurnut. de N.D. c. 20. Virg. Georg. I. v. 18. & ad eum Serv. l. c. Sie verwünschete dabey denjenigen, der solche wieder aufheben würde, welcher Fluch denn hernach den Marsyas traf. Apollod. l. I. c. 4. §. 2. Sie erfand ferner das Sticken, Wirken und dergleichen weibliche Künste, Ovid. Fast. l. [1626] III. v. 816. die Pflanzung der Oelbäume und Zubereitung des Oels aus derselben Frucht. Phurnut. l. c. & Diod. Sic. l. V. c. 73. p. 235. Dadurch erhielt sie denn auch gegen den Nepkun, nach dem Urtheile der gesammten einwilligenden Götter, daß Athen ihr, und nicht ihrem Gegner, zugesprochen wurde. Apollod. l. III. c. 13. §. 1.
6 §. Thaten. In dem Gefechte der Götter mit den Riesen warf sie die Insel Sicilien auf den Enceladus, erlegete auch den Pallas, dem sie die Haut abzog und sich damit bedeckete. Apollod. l. I. c. 6. §. 2. Sieh Pallas. Sie rieth auch dem Jupiter in erwähntem Kriege einen sterblichen Menschen mit zu Hülfe zu nehmen, weil sie ohne dergleichen den Riesen nichts anhaben würden, da denn das Loos den Herkules traf Als steh dieser hernach auch die längste Weile vergebens mit dem Halcyoneus herum balgete, so schleppete er ihn auf ihren Rath, außerhalb der Stadt Pallene, und wurde also dessen völlig Meister. Apollod. l. c. Sie bedienete sich in diesem Gefechte ihrer Pferde und Wagen, welche auch nebst lhren Waffen von ihren Feinden ganz blutig wurden. Callimach. Hymn. in Lauacr. Pallad. v. 7. & ad eum Fabra & Spanh. l. c. Dabey erhielt sie die ἀριστεῖα, oder den Preis, weil sie am meisten zur Behauptung des Sieges beygetragen. Phurnut. de N.D. c. 20. p. 189. Als sich die Titanen hernach wider den Jupiter auflegeten, und ihn vom Throne stoßen wollten, so hielt sie nicht minder dessen Partey, und half ihm sich behaupten. Hygin. Fab. 150. Das ungeheure Wunderthier, die Aegis, welches ein schreckliches Feuer aus seinem Rachen spie, und damit Phrygien, den Libanus, Aegypten und andere Länder mehr in Brand steckete, erlegete sie endlich auch, Diod. Sic. l. III. c. 70. p. 142. und als Prometheus den ersten Menschen gebildet, blies sie demselben die lebendige Seele ein. Lucian. ap. Muncker. ad Hygin. Fab. 142. Dergleichen that sie auch der Pandora, als Vulcan dieselbige verfertiget hatte. Hygin. l. c. Sie bauete hiernächst die Stadt Athen, Id. Fab. [1627] 275. & Fulgent. Mythol. l. II. c. 2. das erste doppeltschnäblichte Schiff, (navem biproram,) gab die Argo oder das Schiff an, worauf die Argonauten nach Kolchis fuhren, Hygin. Fab. 272. und versetzte nach vollbrachter Fahrt selbiges mit unter die Sterne; Id. Fab. 14. nicht minder gab sie das trojanische Pferd an. Id. Fab. 108. Sie richtete dem Kadmus seine Residenz zu; Apollod. l. III. c. 4. §. 2. stund in dem trojanischen Kriege den Griechen getreulich wider die Trojaner bey, insonderheit aber dem Diomedes, Hom. Il. Ε. v. 290. & 825. und Achilles. Id. ib. Τ. v. 343. & x. v. 270. Sie schlug den Mars, Id. ib. Φ. v. 406. und die Venus im Gefechte zu Boden. Id. ib. v. 425. So erwies sie sich auch als eine sonderliche Freundinn gegen den Ulysses, Id. Od. A. v. 44. und gegen dessen Sohn, den Telemach, welchem sie unter der Gestatt des Mentes, Id. ib. v. 18. wie auch des Mentors, Id. ib. Β. v. 267. erschien. Unter dieser Gestalt brachte sie gleichfalls den Ulysses und die Ithacenser aus einander, als diese der hingerichteten Freyer der Penelope Tod rächen wollten. Id. ib. Ω v. ult. Die Arachnen, welche sich mit ihr in einen Kampf im Weben einließ, verwandelte sie in eine Spinne, Ovid. Met. VI. v. 136. die Meropis aber in eine Eule, Ant. Liberal. c. 15. und, da sie Tiresias von ungefähr nackend im Bade erblickte, machte sie ihn dafür blind, schenkete ihm aber dargegen die Kunst zu wahrsagen. Callimach. Hymn. in Lavacr. Pallad. v. 75. Daher soll es, nach einigen, ein unrechtes Vorgeben seyn, daß sie sich mit der Juno und der Venus dem Paris nackend gezeiget, als solcher den Ausspruch thun sollte, welche unter ihnen dreyen die schönste sey, und daher den Apfel der Eris haben sollte. Nummus Antonii Pii ap. Lud. Smids Scena Troica n. 25. Gleichwohl behaupten andere, daß sie sich ihm so, wie jene, bloß dargestellet. Ovid. Epist. Oenon ad Parid. v. 36. & Spanh. ad Callim. l. c. v. 53. Sie mußte aber auch leiden, daß der Wollüstler dennoch ihr und der Juno die Venus vorzog, ungeachet sie ihm die [1628] Tapferkeit und alle Künste für ein ihr günstiges Urtheil versprochen. Hygin. Fab. 92. & ad eum Muncker. l. c. Sie wurde aber darüber hernach aller Trojaner Feindinn, und machte, unter vielen andern Wirkungen ihrer Rache, nicht nur, daß Laokoon mit seinen beyden Söhnen elendiglich umkam. Virg. Aen. II. v. 225. & ad eum Donat. l. c. cf. Troic. num. 31. Sieh Laocoon; sondern sie veranlassete auch, daß Hektor so gleich von dem Achilles erleget wurde. Sieh Hector 3. §. Der Medusa Haare, weil sie mit denselben den Neptun zu ihrer Liebe gereizet, und hernach mit solchen in ihrem, der Minerva, Tempel ihre Händel ausübete, verwandelte sie in Schlangen, und machte, daß wer sie ansah, in einen Stein verwandelt wurde, Nat. Com. l. VII. c. 11. und was dergleichen alles mehr war.
7 §. Jungfrauenstand. Es verlangete sie zwar Vulcan alsofort von dem Jupiter zur Gemahlinn, als sie nur aus dessen Kopfe hervor gekommen war, und Jupiter stund sie ihm auch zu, wenn er sie darzu bringen könnte: Lucian. Dial. Deor. 3. allein, es war solches sowohl damals vergebens, als auch hernach, da sie sich einige Waffen bey ihm bestellete, und er sie mit Gewalt zu seinem Willen zwingen wollte. Jedoch erängele sich dabey ein Zufall, welcher die Erzeugung des Erichthonius veranlassete. Apollod. l. III. c. 13. §. 6. Sieh dessen Artikel. Sie richtete auch nach einigen ihren eigenen Vater Pallas hin, als er ihr Gewalt anthun wollte. Tzetz. ap. Nat. Com. l. IV. c. 5. Indessen wollen doch einige, daß sie mit dem Vulcan den Lychnus gezeuget. Epigramma vetus ap. Spanhem. ad Callim. Hymn. in Lavacr. Pallad. v. 134. Wenn auch Apollo ihr Sohn, Cic. de Nat. Deor. l. III. c. 22. p. 1199. b. und Pallas ihre Tochter gewesen seyn soll, Apollod. l. III. c. 11. §. 3. so kann sie keine Jungfer geblieben seyn. Jedoch, wie dieß eigentlich nur von der Minerva gesaget wird, die aus Jupiters Kopfe entsprungen, so kann man es leicht annehmen, Phurnut. de N.D. c. 20. dahingegen die andern Minerven wohl ihre Männer und Kinder gehabt haben können.
[1629] 8 §. Bildung. Sie wird als eine ansehnliche und schöne Jungfrau vorgestellet, die aber doch etwas grausam und kriegerisch aussieht, Voss. Theol. gent l. IX. c. 24. glänzende, Albric. de Imag. Deor. c. 8. und himmelblaue Augen, Cic. de N.D. l. I. c. 30. p. 1173. auf dem Haupte aber einen Helm mit seinem Federbusche, Albric. l. c. und zum jetzo sogenannten Kleinode auf selbigen bald eine Nachteule; Aristoph. ap. Voss. l. c. bald eine Sphinx mit zween Greifen an der Seite, Paus. Att. c. 24. p. 43. bald einen Hahn hat. Id. Eliac. post. c. ult. p. 394. Dieser Helm ist außerdem mit noch vielen andern Zierrathen mehr ausgeschmückt, wie man aus ihren verschiedenen Köpfen auf geschnittenen Steinen wahrnehmen kann. Maffei gem. ant. T. II. t. 64–69. Mus. Flor. T. I. t. 60–63. Ein ganz besonderer aber ist es, wo derselbe aus den beyden mit Lorbeer bekränzten Köpfen des Sokrates und Plato besteht. Maffei l. c. t. 63. Am Leibe trägt sie einen Panzer, und auf der Brust die Aegis, oder der Medusa Kopf, mit heraus gereckter Zunge, und Schlangen an statt der Haare. Phurnut. de N.D. c. 20. cf. Ovid. Met. VI. v. 79. In der rechten Hand hält sie einen langen Spieß, und in der linken einen krystallenen Schild, worauf sich, nach einigen, erst der Medusa Kopf befindet. Sonst hat sie ein bis auf die Füße gehendes Kleid von Golde, Purpur und Himmelblau. Albric. l. c. Unten beym Spieße steht bald eine Nachteule, bald ein Drache, Voss. l. c. neben sich aber hat sie auch wohl einen Oelbaum, und eine darüber fliegende Nachteule. Albric. l. c. So befand sich auf ihrer Brust auch wohl mit der Medusa Kopfe annoch die Victoria, Paus. l. c. in ihrer Hand ein Donnerstrahl, Liv. l. XXII. c. 1. & Voss. l. c. oder auch eine Krähe, Paus. Messen. c. 34. und auf ihrem Mantel erschien nicht nur bemeldeter Kopf der Medusa, sondern auch der Kampf mit den Riesen und insonderheit der von ihr erlegte Pallas, oder auch Typho. Virg. in Ciri v. 29. cf. Voss. l. c. & Chartar. Imag. 57. Bey den Hetruriern hatte sie nicht nur Flügel an den Schultern, [1630] sondern auch an den Füßen. Winkelm. Gesch. der Kunst 87 S. Ihre Bildsäulen waren bey den Alten meist sitzend und so sah man sie in Phocäa, Massilien, Rom, Chios und an andern Orten. Strabo l. XIII. p. 601. Dergleichen findet man noch jetzt eine zu Rom, die nur an dem Schilde mit dem Medusenkopfe kenntlich ist; den sie in der rechten Hand trägt. In der linken erhobenen Hand aber, deren Arm entblößet ist, hält sie einen Stab. Statt des Helmes trägt sie einen runden Hut oder eine Pickelhaube, Galerus, und ist ohne Brustharnisch sonst mit einem langen Matronenkleide angethan. Maffei raccolta di Statuet. 143. Man sieht sie zuweilen auch noch sitzend auf einigen Münzen, als auf des Lysimachus seinen, wo sie die Victorie in der rechten Hand hält, den Spieß in dem linken Arm liegen und den Schild neben sich stehen hat: sonst aber mit dem Helme bedecket und auch ohne Brustharnisch in einem Frauenkleide ist. Beger. Thes. Brand. T. I. p. 244. Gemeiniglich steht sie auf solchen und ist mit dem Helme, Schilde und Spieße versehen. Zuweilen aber hat sie statt der gewöhnlichen Lanze einen Wurfspieß, und zwar in der Stel lung, als ob sie solchen werfen wollte, wie auf einigen thessalonichischen und domitianischen Münzen. Beger. l. c. p. 480. & Croy. Reg. & Imp. num. t. 32. Statt desselben ist sie auch vielfältig mit einem Donnerkeile in eben der Stellung bewehret oder trägt solchen ganz ruhig, wobey sie nicht selten auf einem Schiffe steht. Croyac. numism. l. c. & Beg. l. c. p. 247. Anderer Vorstellungen zu geschweigen. Sieh Montfauc. Ant. expl. T. I. pl 78–84. & Supplem. T. I. pl. 38–40. Es finden sich ein Paar sehr sonderbare darunter. In der einen steht sie mit ganz bloßer Brust und dergleichen Schultern und Armen auf einer Kugel. In der andern dagegen ist sie recht mit Kleidungen gleichsam überladen; und in noch einer ist sie in einem völligen Kriegeskleide mit einem Panzer angethan, einem Wehrgehenke über die Schulter und einem daran hängenden Säbel, [1631] wie auch Halbstiefeln an den Füßen; so daß sie eher einer Amazone, als einer Minerva, gleicht. Es scheintsolche daher aus ziemlich neuern oder wenigstens den letztern Zeiten des Heidenthums zu seyn. Montf. Suppl. l. c. p. 106. Jedoch haben schon andere vorgegeben, daß sie so gebildet worden. Alberic. l. c. Auch war es etwas sonderbares, daß sie zu Teuthis vormalsmit einer Wunde im Schenkel abgebildet worden, worüber sie eine purpurfarbene Binde hatte. Zu dieser Vorstellung aber hatte eine besondere Begebenheit Anlaß gegeben, da sie von einem Teuthis oder Ornytus sollte seyn verwundet, und ihr zur Versöhnung diese Bildsäule errichtet worden. Pausan. Arcad. c. 28. p. 502. Andere Abbildungen wird man bey einigen ihrer Beynamen angezeiget finden.
9 §. Beynamen. Diesen nach hieß sie
Ajantis, Alalcomenëis, Alea,
Alipheræa, Alcimache, Ambulia,
Anemótis, Apaturia, Aracinthis,
Budea, Cæsia, Capta,
Chalcidica, Chalciœca, Chalinitis,
Equestris, Ergane, Gigantophontis,
Narcæa, Nedusia, Oleria,
Pæonia, Pallas, Palleois,
Polias, Poliucha, Promachorma,
Pronoea, Pylætis, Saitis,
Diese Beynamen sind an ihren besondern Orten nachzusehen, weil sie noch einige Nachrichten geben, die hier der Weitläuftigkeit halber nicht können beygebracht werden.
10 §. Verehrung. Die Aegypter verehreten sie insonderheit zu Sais, woselbst sie einen berühmten Tempel hatte, vor welchem ein Vorhof mit ungeheuren Säulen und großen Kolossen war. [1632] Herodot. Eut. II. c. 175. In demselben las man diese Ueberschrift: Ich bin alles, was gewesen, ist und seyn wird; und meine Hülle hat noch kein Sterblicher aufgedecket. Plutarch. de Is. & Osir. c. 10. p. 354. T. II. Opp. Bey den Griechen war ihr die ganze Stadt Athen gewidmet, die daher auch von ihr den Namen führete. Strabo l. IV. p. 397. Insonderheit hatte sie ihren schönen und herrlichen Tempel daselbst auf dem Schlosse, der παρθενὼν hieß, und worinnen ihr Bild von Golde und Elfenbeine war. Pausan. Att. c. 24. p. 43. Sieh Parthenos. So behielt sie auch ihr Recht an der Stadt Trözene, als sie mit dem Neptun deshalber zusammen kam; und siewurde daher auch daselbst gar höchlich, als die Patroninn der Stadt, verehret. Id. Cor. c. 30. p. 141. Zu Lacedämon hatte sie ihren ganz ehernen Tempel. Nepos in Paus. c. 5. & ad eum Courtin. l. c. Ueberhaupt war fast kein Ort in Griechenland, wo sie nicht auch ihre Verehrung genoß. Zu Rom aber hatte sie insonderheit ihre Kapelle neben Jupiters prächtigem Tempel auf dem Capitolio. Dionys. Halic. Livius & alii ap. Al. Donat. l. II. v. 4. Hiernächst hatte sie noch ihre besondern Tempel in der I, II, III, V, VI, VIII, IX, X und XIII Region der Stadt. Onuphr. Panvin. ap Rosin. l. I. c. 13. Darunter waren die, welche ihr Pompejus, Plin. H. N. l. VII. c. 26. und Augustus erbauet hatten, Dion. ap. Donat. l. III. c. 16. Nardin. l. VI. c. 9. die bekanntesten. Es wurden ihr aber hiernächst insonderheit zu Athen die Panathenäen gefeyret, welche zweyerley waren, nämlich die kleinen, welche alle Jahre begangen wurden, und die großen, die nur alle fünf Jahre wieder kamen. Erichthonius stiftete solche zuerst: Theseus aber brachte sie vollends in ihre Ordnung, nachdem er die Athenienser in eine Stadt versammlet hatte. Suidas in παναθήναια, s. T. III. p. 16. & Pausan. Arcad. c. 2. p. 456. Dieses Fest daurete anfangs nicht länger, als einen Tag: mit der Zeit aber wiedmete man verschiedene Tage hinter einander dazu. Die kleinen Panathenäen wurden [1633] nach unserm Kalender im Monate April, die großen aber im Junius begangen. Die Spiele bey diesem Feste bestunden in einem Wettlaufe zu Fuße mit angebrannten Fackeln oder flammenden Feuerbränden, woraus nach der Zeit ein Wettrennen zu Pferde wurde. Das zweyte war der Kampf der Ringer; worauf drittens ein Wettstreit in der Musik folgete. Nach diesen stritten die Poeten um den Preis, welche vier Stücke von ihrer Arbeit hersagen mußten, die man Tetralogien nannte. Hierzu kam noch ein Tanz von jungen Leuten, und zwar vornehmlich der pyrrhonische, weil solchen Minerva selbst, nach Erlegung der Titanen, sollte getanzet haben. Mit der Zeit fügeten die Römer noch die Fechterspiele hinzu. Der Siegespreis war ein Kranz von Oelzweigen und ein mit Oele angefülltes Gefäß, welches der Sieger aber nicht mit nach Hause nehmen durfte, wiewohl er sonst damit machen konnte, was ihm beliebete. Er mußte auch denen, die mit ihm gestritten hatten, ein Mahl geben. Auf diese Spiele folgeten die Opfer, wozu ein jeder Flecken in ganz Attika einen Ochsen liefern mußte. Von demjenigen, was übrig blieb, wurde ein öffentlliches Gastmahl angestellet. Bey den großen Panathenäen, die mit mehr Feyerlichkeit begangen wurden, kam noch ein festlicher Umgang, worinnen man das Peplum der Minerva herum trug. Dieses war ein weißer Ueberhang oder Rock ohne Aermel, reich mit Golde durchwirket, auf welchem die Thaten derselben abgebildet waren. Es hieng wie ein Segel an einem Schiffe, welches mit Maschinen fortgetrieben wurde. Diesem Umgange wohneten alle Leute aus allen Ständen beyderley Geschlechtes, jung und alt, bey; nur daß die jungen zuletzt giengen. Die Alten trugen einen Oelzweig in Händen, die jungen Mägdchen aber Körbe mit Bluhmen; und die Jünglinge waren mit Hirsenähren bekränzet, und fangen Päanen. Der Aufzug gieng von dem Ceramikum aus bis zu dem Tempel der eleusinischen Ceres. [1634] Meurs, Panathen. in Gronov. Thes. T. VII. p. 77 sqq. Außerdem war ihr allemal der dritte Tag eines jeden Monats gewidmet, weil sie an demselben sollte seyn geboren worden. Pausan. ap. Gyrald. ad Calendar. Græc. T. II. p. 826. Die Chalcea waren Anfangs auch ein Fest derselben, welche den 22sten October einfielen, nachher aber von den Schmieden und dergleichen Handwerksleuten nur dem Vulcan gefeyert wurden, jedoch so, daß man der Minerva dabey noch allemal einen neuen Mantel (Peplum) verfertigte. Gyrald. l. c. p. 843. & Suid. in Χαλκεία, T. III. p. 650. Bey den Römern wurden ihr die Quinquatrus oder Quinquatria gefeyret, die den 20sten März angiengen, als an welchem Tage sie geboren seyn sollte, Ovid. Fast. III. v. 812. oder doch ihr der Tempel auf dem Aventino war gewidmet worden. Fest. l. XV. p. 412. Sie währeten fünf Tage zusammen, und den ersten brachte man ohne Blutvergießen, die übrigen aber auch mit Fechterspielen und dergleichen zu. Ovid. l. c. v. 811. & ad eum Paul. Mars. & Neapol. l. c. Von Thieren wurden ihr Ochsen und Lämmer geopfert, Homer. ap. Voss. Theol. gent. l. IX. c. 24. wie auch andere Rinder, die aber unter kein Joch gekommen seyn durften. Festus & Fulgent. ap. eumd. l. c. Sonst waren ihr die Krähen, Nachteulen, Geyer, Hähne, Schwalben, Schlangen, die Oelbäume und die Schlösser heilig Voss. l. c. In diese wurde ihre Bildsäule insgemein gestellet. Phurnut. de N.D. c. 10. Ihr waren auch die Thore der Städte und die Thüren der Privathäuser gewiedmet, da denn insonderheit ihre Bildsäulen vor solche gesetzet, oder doch ihre Bilder daran gemalet wurden. Spanhem. ad Callim. Hymn. in Lavacr. Pallad. v. 53. Man wiedmete ihr auch zum Theile die von Feinden erbeuteten Waffen, Livius l. XXXXI. c. 33. wie die Künstler ihre Werkzeuge, wenn sie solche nicht mehr braucheten, und die Jungfern ihr ein Theil ihrer Haare opferten, wenn sie heurathen wollten. Schævius Mythol. in Minerva, p. 519.
11 §. Eigentliche Historie. Nach [1635] einigen war sieeine wahrhafte Frauensperson, welche sich an dem tritonischen See zuerst sehen ließ. Euseb. Chron. ad A.M. 3410. und durch ihre künstliche Arbeit sich in große Hochachtung setzete. Andere halten sie, anberegter maßen, für eine Tochter des Kranaus; und, da dieser Namen so viel, als ein Kopf heißt, so will man das Gedicht daher leiten, als ob sie aus Jupiters Kopfe entsprungen. Banier Entret. VI. ou P. I. p. 163. Allein, die meisten halten sie doch für eine Tochter des ersten atheniensischen Königs, Cekrops, die Athene geheißen, und, weil sie in den Studien wohl geübet gewesen, dabey aber auch im Kriege eine gute Tapferkeit spüren lassen, nach ihrem Tode endlich göttlich verehret worden. Cæsius ap. Banier. l. c. Indessen verstehen gleichwohl ihrer viele die Naema, Jubals, Jabals und Thubalkains Schwester unter ihr; und, wie diese viele Dinge erfunden, so wird der eine davon für den Apollo, der andere für den Mercurius, und der dritte für den Vulcan gehalten. Sie selbst soll eben deswegen vom Mose mit erwähnet werden, weil sie auch was besonderes ausgedacht, welches man für das Nehen, Spinnen, Weben und dergleichen Arbeiten hält. Voss. Theol. gent. l. I. c. 17. Dieß kömmt einigen um so viel wahrscheinlicher vor, weil die Aegypter die Minerva Nemanun nennen, welches mit dem Namen der Naema ziemlich überein kömmt. Abel Hist. Monarch. l. I. c. 2. §. 4. & Huet. Dem. Evang. Propos. IV. c. 10. §. 6.
12 §. Anderweitige Deutung. Die Erdichtung von ihrer Geburt ist den Gelehrten allezeit geheimnißvoll vorgekommen. Man hat geglaubet, daß sie die erhabensten Wahrheiten der Philosophie enthalte; ja wohl gar das Wort andeuten solle, durch welches alle Dinge geschaffen worden. Sie soll das ewige Ideal alles dessen abbilden, was das unendliche Wesen hervorgebracht hat. Dieses Vorgeben aber stützet sich nicht auf genugsame Wahrscheinlichkeit. Ban. Erl. der Götterl. III B. 241 S. Manche halten sie für Jupiters Verstand, oder die göttliche [1636] Providenz, welche Jupiter geboren, als er die Metis verschlungen, weil er durch reisen Rath den Vorzug in der Weisheit und im Verstande erhalten. Ihre Jungfrauschaft soll die Reinigkeit der Tugend bemerken, ihre Waffen, daß die Klugheit sich vor keiner Gefahr scheue. Sie führet der Medusa Kopf mit ausgereckter Zunge auf der Brust, weil die Beredtsamkeit gar fähig ist, andere zu verändern. Sie hat ihren Sitz in den Schlössern, weil die Klugheit schwerlich bezwungen werden kann. Sie that das meiste bey Ueberwindung der Riesen, weil sie die ersten ungeschlachteten Menschen, vermöge der Beredtsamkeit, gezähmet hat. Phurnut. de N.D. c. 20. Sie hat Schlangen bey sich, weil die Klugheit sehr scharfsichtig ist, imgleichen eine Nachteule, weil die Klugheit auch bey Nacht, oder in dunkeln Geschäfften sieht, was zu thun sey, und einen Hahn, weil die Klugheit wachsam ist, und auch zukünftige Dinge vorher merket. Sie sitzt dem Jupiter zunächst, weil ein Weiser Gotte am gleichesten und nächsten kömmt. Sie hat das Oel erfunden, weil dasselbe fast alle Künstler zu ihrer Arbeit, und die Gelehrten zu ihren Nachtstudien haben müssen. Tiresias wurde blind, da er sie sah, weil wir allerdings erblinden, wenn wir die göttliche Weisheit betrachten. Nat. Com. l. IV. c. 5. Sie hat die Sphinx auf dem Helme, weil ein Kluger nicht allemal deutlich saget, was er meynet. Also bedeutet ferner die Spitze ihrer Lanze die Scharfsinnigkeit des Verstandes, die drey Farben ihres Kleides die Physik, Mathematik und Theologie, ihre Verbergung des Erichthonius, daß ein Kluger des andern Fehler verhehle, und was der Dinge mehr sind, die ein jeder selbst aus dem heraus klauben kann, was von ihr gesaget worden. Musen. Spec. ver. occ. c. XXIV. n. 9. 10. 11.
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